Private Banken

Freudlose Lobbyarbeit

Nicht nur in der Finanzbranche, sondern in der Wirtschaft allgemein gibt es derzeit zwei große Themen der Lobbyarbeit, die den betroffenen Verbänden wenig Freude bereiten dürften. Sowohl bei den drohenden Maßnahmen und Gegenmaßnahmen in der weltweiten Debatte um Protektionismus als auch bei der Umsetzung der praktischen Regelungen für den Brexit werben viele Interessenvertreter in Politik und Gesellschaft für Positionen, die nur das Schlimmste vermeiden helfen, aber selbst bei Umsetzung aller gewünschten Schritte gegenüber dem Status quo nur zu einer Second-Best-Lösung führen. Mit Blick auf den Brexit war dieser Tenor Mitte März beim Verband der Auslandsbanken zu spüren. Und er beherrschte auch die Bestandsaufnahme des Bundesverbandes der deutschen Banken wenige Tage vor der Frühjahrstagung des Europäischen Rates in Sofia.

Egal wie sich die internationalen Banken auf die Fortführung ihrer Geschäfte in der Eurozone nach dem Austritt Großbritanniens einstellen, so hatte VAB-Präsident Stefan Winter betont, bedarf es in vielen Häusern einer Dezentralisierung ihrer bisherigen Hubs in London, einschließlich einer Verlagerung von Risikomanagement, Compliance und IT-Funktionen in andere Länder. Und dieser Aufbau neuer Strukturen kostet schlicht Geld und mindert im Zweifel sogar die bisherige Effizienz der Abläufe.

Ganz ähnlich klang das der Sache nach bei Andreas Krautscheid, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Er und sein Verband plädieren für Maßnahmen zum reibungslosen Vollzug des von den britischen Wählern gewünschten Austritts, den sie eigentlich gegenüber dem heutigen Zustand für alle Beteiligten als eine Verschlechterung einstufen. Das gilt auch, nachdem sich die Chef-Unterhändler kurz vor der EU-Ratssitzung nach zähem Ringen auf eine bis Ende 2020 befristete Übergangszeit für den Brexit geeinigt haben und bis Oktober 2018 ein umfassendes Austrittsauskommen aushandeln wollen.

Unsicherheiten sieht der BdB an dieser Stelle eher in einer Blockadehaltung des Parlamentes in Großbritannien als bei den zuständigen EU-Gremien. Aber gegenüber dem Szenario eines harten Brexits ohne weitere Anschlussregelungen, also im Zweifel einem Rückfall der Handelsbeziehungen der EU-27 mit Großbritannien auf die WTO-Regeln, gegenüber Drittstaaten bedeutet der derzeitige Verhandlungsstand für den BdB ohne Frage eine eindeutige Verbesserung der Ausgangslage. Schließlich gibt es heute anders als noch vor einem Monat zumindest die Vereinbarung einer verlängerten Anpassungszeit.

In den nunmehr anstehenden Verhandlungen über ein Austrittsabkommen nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union mahnt der Verband nun konstruktive Vorschläge für ein Handelsabkommen an, das dann ab 2021 einen möglichst reibungslosen Übergang gewährleisten soll.

Anders als das erstaunlich geschlossene Lager der EU-27-Staaten unter der Federführung des EU-Unterhändlers Michel Barnier es bisher als Verhandlungsgegenstand überhaupt zugelassen hat, kann sich der BdB dabei sehr wohl vorstellen, auch Regelungen zum Finanzdienstleistungssektor explizit in ein Free Trade Agreement der EU-27 mit Großbritannien aufzunehmen. Konkreten Regelungsbedarf sieht man dabei hinsichtlich spezifischer Vorschriften zur Übermittlung personenbezogener Daten gemäß der Datenschutzgrundverordnung, einer möglichst engen Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden nach dem Vorbild der Supervisory Colleges des SSM und nicht zuletzt möglichst klarer Regelungen zur Nutzung der sogenannten Äquivalenzregimes.

Selbst bei bestem Verlauf der Verhandlungen über all diese Anliegen bleibt Andreas Krautscheid in Sachen Brexit bei einem höchst ernüchternden Resümee: "So schön wie heute wird es nie wieder."

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