Kreditgenossenschaften II

Fusionstempo nimmt wieder zu

Ingmar Rega, Quelle: Genossenschaftsverband

2020 war sicherlich in vielerlei Hinsicht ein Ausnahmejahr. Da wurde aufgrund der Herausforderungen bei der Organisation des eigenen Betriebes ebenso wie bei der Weiterreichung von Hilfsmitteln der Förderbanken und durch zahlreiche Gespräche mit Kunden über Stundungen und Moratorien schon mal das eine oder andere strategische Projekt hintangestellt. Prominentestes Beispiel ist sicherlich die Verschiebung der Gespräche der Sparkassen-Finanzgruppe über die Zusammenführung von mindestens Helaba und Deka zu einem Spitzeninstitut. Doch nicht nur ganz oben wurde das eine oder andere Fusionsprojekt zunächst vertagt. Entsprechend verzeichnete der Genossenschaftsverband - Verband der Regionen im vergangenen Jahr "nur" 11 Zusammenschlüsse in seinem Verbandsgebiet. Deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Läuft sich die Konsolidierungswelle also langsam etwas müde, jetzt, wo sich die Zahl der Volksbanken und Raiffeisenbanken der vor einiger Zeit einmal als Untergrenze festgelegten Marke von 800 Instituten spürbar annähert?

Vermutlich nicht. Denn die Treiber der Strukturveränderung wirken unverändert fort, wie der Vorstandsvorsitzende des mit Abstand größten regionalen Genossenschaftsverbandes, Ingmar Rega, richtigerweise feststellt: "Das sind die stetig voranschreitende, zunehmend international geprägte Regulatorik, die Negativverzinsung mit den wegen Corona fortgeführten Anleihekäufen und die umfangreichen Investitionen in die Digitalisierung." Darauf müssen die Institute reagieren. Sie tun das einerseits mit einer Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells, noch stärker in die digitale Welt hinein, ohne den differenzierten Zuschnitt auf Mitglieder und regionale Merkmale gänzlich aus den Augen zu verlieren. Sie tun das zudem mit der Hebung von Effizienzpotenzialen im eigenen Haus ebenso wie im Verbund. Die Schließung von Filialen verliert dabei offensichtlich ein wenig an Bedeutung, denn wie Rega ausführte, planen nur noch 36 Prozent der Mitgliedsinstitute in den kommenden beiden Jahren eine Zusammenlegung von Filialen. Und sie tun das weiterhin mit Zusammenschlüssen: Für das laufende Geschäftsjahr sind bereits 16 Fusionen im Verbandsgebiet angemeldet. Business as usual also.

Auch ansonsten gleichen die Mühen der Volksbanken und Raiffeisenbanken aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen denen aller anderen Banken in Deutschland auch: 2020 war geprägt von einem kräftigen Einlagenwachstum plus 8,9 Prozent auf 385 Milliarden Euro), wobei vor allem das Parken in täglich fällige Spareinlagen besonders stark zunahm (plus 14,2 Prozent auf 280 Milliarden Euro). Das Wachstum im Kreditgeschäft konnte auch bei den Mitgliedsinstituten des Verbandes da nicht ganz mithalten. Das Kreditvolumen legte zwar um immerhin 6,4 Prozent auf 333 Milliarden Euro zu, der teure Einlagenüberhang wurde aber trotzdem wieder ein bisschen größer.

Das aggregierte Betriebsergebnis nach Bewertung der 349 Kreditgenossenschaften litt weiterhin in allererster Linie unter dem Niedrigzinsumfeld und ging um 600 Millionen Euro auf 3,9 Milliarden zurück. Rund 300 Millionen Euro betrug die Risikovorsorge im Kreditgeschäft, nach Zuschreibungen auf Wertpapiere im Jahr zuvor. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken seien so ertragsstark und robust, dass sie die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gut bewältigen können, fasst Rega zusammen. Die anderen, größeren Herausforderungen hoffentlich auch.

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