Zahlungsverkehr

Wie geht es weiter?

Man muss weder Visionär noch Schwarzmaler sein, um in der immer größeren Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen und Kräften eine Gefahr zu wittern und entsprechend europäische Lösungen für Schlüsselbranchen zu fordern. Das ist in der Energieversorgung ebenso wie bei der Informationstechnologie, neuen Handy- und Internetnetzen, modernen Antriebssystemen für Fahrzeuge aller Art, der Genforschung und nicht zuletzt auch dem Zahlungsverkehr zu beobachten. Wer hat die Hoheit über die Daten, wer garantiert die sichere Versorgung? Diese Fragen stellen sich europäische Politiker und Institutionen immer häufiger.

2020 wird an verschiedenen Stellen ein Jahr spannender Entscheidungen. Im Zahlungsverkehr beispielsweise drängen EU-Kommission und EZB gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken auf eine schnelle europäisch getragene Lösung, um im Wettbewerb den großen US-amerikanischen und asiatischen Anbietern etwas entgegensetzen zu können. Denn der Zahlungsverkehr mausert sich in Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung des Bankgeschäfts von einer ehemals grauen Maus mehr und mehr zu einem strategisch bedeutenden Geschäftsfeld. Er steht für den Kontakt zu den Kunden, auch wenn diese am zufriedensten sind, wenn sie davon möglichst wenig merken, denn dann funktioniert alles reibungslos. Und er steht für immer noch sehr stabile Erträge, was angesichts einer fortwährenden Erosion des Zinsüberschusses und der bekanntermaßen nur begrenzt gelingenden Kompensation durch Provisionsüberschüsse wahrlich nicht aufs Spiel gesetzt werden sollte. Hierüber herrscht weitestgehend Einigkeit, auch mit der Kreditwirtschaft.

Allein wo ein Wille ist, gibt es noch keine Lösung. Im Rahmen des Projektes #DK prüft die Deutsche Kreditwirtschaft derzeit, inwieweit durch eine Bündelung der Kräfte und Angebote rund um das Starprodukt Girocard den europäischen Partnern eine auf deutschen Lösungen fußende Gesprächsgrundlage angeboten werden kann. Und auch wenn die Einsicht bei allen Beteiligten sicherlich vorhanden ist und sich betriebswirtschaftlich ausreichend Gründe für einen solchen Schritt finden lassen, liegt der Teufel bekanntlich im Detail. Von daher stehen sicherlich noch spannende Diskussionen an, wenn es um die entscheidenden Fragen von Investments und Desinvestments geht. Sollte sogar das gelingen, bleibt immer noch abzuwarten, inwieweit ein solcher Vorschlag europaweit Unterstützung finden kann, eventuell mit der parallel bereits grenzüberschreitend laufenden PEPS-Initiative zu kombinieren ist oder es doch eher in einer verstärkten Zusammenarbeit mit den Franzosen mündet. Keineswegs vorteilhaft ist dabei sicherlich der hohe Zeitdruck. Bundesbank-Vorstand Burckhard Balz hat seine Erwartungshaltung im Interview in der vergangenen Ausgabe dieser Zeitschrift sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, als er von "zeitnahen" Ergebnissen gesprochen hat.

Eine spannende Frage in diesem Zusammenhang: Wie geht es weiter mit Paydirekt, dem mit vielen Vorschusslorbeeren gestarteten Paypal-Konkurrenten der deutschen Banken und Sparkassen. Ist er Teil einer solchen Lösung? Gibt es Möglichkeiten, auch im Feld des Onlinebezahlens Angebote zu bündeln? Ist eine Europäisierung des Geschäfts jetzt schon möglich? Der schon länger angekündigte und nun vollzogene Abschied der sogenannten Poolbanken aus dem Eigentümerkreis muss für die weitere Entwicklung nicht von Nachteil sein. Zum einen ist die Gesellschafterstruktur mit jeweils 16,67 Prozent Deutsche Bank und Commerzbank und jeweils rund 33 Prozent Sparkassen-Finanzgruppe und genossenschaftliche Finanzgruppe sehr viel homogener als früher, was notwendige Entscheidungen hinsichtlich der künftigen Ausrichtung und weiterer Investitionen entkomplizieren dürfte. Zum anderen ist es bekanntermaßen keineswegs so, dass Vertriebseinheiten immer an jedem Produktlieferanten beteiligt sein müssen. Wenn das Produkt und die Preise stimmen, schafft es Paydirekt auch weiterhin "ins Regal" der Banken, die nun nicht mehr Eigentümer sind. Dieser Wettbewerb sollte Anspruch für eine Fortsetzung der konstanten Weiterentwicklung von Paydirekt sein. Und vielleicht gelingt es nun sogar endlich, sektorspezifische Interessen ein Stück weit hintanzustellen und Paydirekt endlich als echtes Gemeinschaftsunternehmen zu fordern, zu fördern, aber vor allem auch zu führen.

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