Nachhaltigkeit

Geht es auch konkreter?

Kristina Jeromin, Quelle: Deutsche Börse

Stürme, Dürren, Überschwemmungen und extreme Temperaturen: Der Klimawandel ist real und macht sich bereits deutlich bemerkbar. Der Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft in Richtung Treibhausgasneutralität bleiben daher Themen höchster Priorität auf der politischen Agenda. In der Europäischen Union wurden deswegen in diesem Jahr die Klimaschutzziele sogar noch einmal verschärft. Um bis Mitte des Jahrhunderts allerdings klimaneutral werden zu können, ist ein nachhaltiger Umbau aller Wirtschaftsfaktoren notwendig. Hierfür hat Deutschland mittlerweile eine eigene Sustainable-Finance-Strategie mit dem Anspruch verabschiedet, führender Sustainable-Finance-Standort zu werden.

Doch reichen die bisher getroffenen Maßnahmen schon aus, um die Zukunft für künftige Generationen abzusichern? Und wird Deutschland dem Anspruch einer führenden Position in Sachen Sustainable Finance bislang gerecht? Vermutlich noch nicht. Denn: "Wir machen es uns nach wie vor noch zu bequem", erklärt Kristina Jeromin, Co-Geschäftsführerin des Green and Sustainable Finance Cluster Germany (GSFG), auf dem 5. Sustainable Finance-Gipfel in Frankfurt. Ihrer Auffassung nach gehe es auch schon lange nicht mehr um eine führende Position - einmal ganz davon abgesehen, dass viele EU-Länder gerne mit diesem Status hausieren wollen würden - sondern vielmehr darum "den Anschluss zu behalten".

Als Begründung für diese Aussage nimmt Jeromin konkret Bezug auf die bereits angesprochene Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung. Diese sei wiederum nämlich gar nicht so konkret. Ganz im Gegenteil: Der Sustainable-Finance-Beirat hatte der Bundesregierung 31 umfassende Empfehlungen auf den Tisch gelegt, wovon 26 Maßnahmen - in deutlich abgespeckter Form - in die neue Strategie überführt wurden. 26 von 31 Maßnahmen klingt auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Jedoch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass die Regierung sich an vielen Stellen noch nicht so recht festlegen will. So fallen beispielsweise zeitliche Angaben mit Blick auf die Umsetzung der Maßnahmen gänzlich unter den Tisch. Andere Fragen bleiben ebenfalls offen: Wie soll beispielsweise die nachhaltige Transformation im öffentlichen Sektor oder im Energie- und Verkehrssektor aussehen? Handfeste Antworten hierzu liefert das Papier nicht. "Die 26 Maß nahmen der Bundesregierung sind nicht so wie die 31 Empfehlungen des Sustainable-Finance-Beirats zu lesen und haben an Konkretheit verloren. Es gibt keine Transition-Story mehr", kritisiert Jeromin.

Eines ist durch die Diskussionen aber längst schon gelungen: Das Thema Nachhaltigkeit lässt sich bestens vermarkten. Entsprechend boomt der Markt für grüne Anlageprodukte - mit all den bekannten Risiken und Vorwürfen, wie viel "Grün" wirklich überall enthalten ist, in Zeiten der gerade erst beginnenden Transformation überhaupt schon enthalten sein kann. Das freut die Banken, die wichtige Erträge erwirtschaften können. Das freut die Experten, weil das Thema Aktienanlage und Kapitalmarkt endlich auch bei breiteren Bevölkerungsschichten nachhaltig angekommen ist. Das freut aber auch Staaten und Unternehmen, die sich über grüne Anleihen hervorragend Geld beschaffen können, was dringend benötigt wird. Für die Klimaneutralität sind Schätzungen zufolge bis Mitte des Jahrhunderts Investitionen in Höhe von 5 Billionen Euro notwendig.

Dass Sustainable Finance keinen "Selbstläufer" darstellt, ist bereits zum geflügelten Wort in den Nachhaltigkeitsdebatten geworden. Und genau dieser unbequemen Wahrheit sollte die Politik nun ins Auge blicken, wenn der grüne Wandel von Erfolg geprägt sein soll. Da braucht es nämlich konkrete Maßnahmen mit konkreten Zielen und konkreten Zeitangaben für die Umsetzung - schlichtweg mehr Klarheit!

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