Altersvorsorge

Gute Beispiele en masse

Das Thema Rente treibt der arbeitenden Bevölkerung regelmäßig Angstschweiß auf die Stirn, erst recht mit der aktuell immer stärker zunehmenden Inflation. Eine Rente, die nach derzeitigem Stand 47,3 Prozent des letzten Einkommensniveaus verspricht (netto vor Steuern, Quelle: DRV) und bis 2030 auf 44,3 Prozent sogar noch weiter sinken soll, lässt einen nicht nur angesichts der teilweise dramatisch anziehenden Preise erschaudern. Umso mehr wundert man sich, wenn man Statistiken zu den Rentenniveaus in anderen Ländern in Europa betrachtet. Was machen beispielsweise die Niederlande anders, dass sie rund 80 Prozent des Lohnniveaus - und damit beinahe doppelt so viel wie Deutschland - als Rente bieten können? Eine Frage, die sich auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge gestellt hat.

Wie so oft wird beim politischen Benchmarking zunächst nach Skandinavien geschaut. Doch gleich zu Beginn weist die Expertin, Professorin Tabea Bucher-Koenen vom ZEW Mannheim, darauf hin, dass es nicht das eine skandinavische System gebe, sondern dass diese sich erheblich unterscheiden. Während Norwegens Rentensystem vom größten Staatsfonds der Welt lebt, praktiziert Dänemark das System einer steuerfinanzierten Grundrente mit einer sehr ausgeprägten zweiten Rentensäule, der betrieblichen Altersvorsorge. In Schweden wiederum ist laut Bucher-Koenen vor allem die Kapitaldeckung in der ersten Säule und die große Effizienz des gesamten Systems das Interessante.

Ein Einwand, der gerade in Deutschland in der Diskussion über eine stärker kapitalgedeckte Rente oft angeführt wird, ist die Gefahr von Finanzkrisen und Börsen-Crashs, die eine Altersvorsorge schrumpfen lassen könnten. Doch auch hier sind andere Länder schon weiter. Professionelles Management der Gelder und das Konzept der Lebenszyklusfonds sind die Antwort darauf. In diesen Fonds wird die Aktienquote mit näher rückendem Renteneintrittsalter sukzessive gesenkt. Das Risiko von Verlusten durch solche Schwankungen wird durch den Faktor Zeit eliminiert. So zeigt das Rendite-Dreieck des Deutschen Aktieninstituts, dass die Rendite in einer Anlage im DAX in den vergangenen 50 Jahren bei einem Anlagehorizont von 20 Jahren im schlechtesten Fall 3,3 Prozent pro Jahr betrug. Einigkeit herrschte auch darüber, dass für eine bessere Akzeptanz von stärker kapitalgedeckten Systemen zwei Dinge nötig wären: Eine transparente Kommunikation über die Auswirkungen eines Systemwechsels und was das für den einzelnen am Ende im Geldbeutel bedeuten würde. Viele Länder lösen dieses Problem der Transparenz unter anderem über sogenannte Renten-Cockpits, also Portale, wo sich Bürger jederzeit informieren können, was sie an Rente zum jeweiligen Stand bekommen und wie sich auch Änderungen in der Einzahlung auf die finanzielle Lebensqualität im Alter auswirken würden. Zudem wäre auch ein mehr an Finanzbildung nötig. Das ist wiederum keine neue Erkenntnis und betrifft nicht nur die Rentenpolitik in Deutschland.

Es sind also eine Menge guter Ansatzpunkte, die alle für sich sehr sinnvoll klingen und von denen Deutschland viel lernen kann. Allerdings ist auch eines klar: Die Systeme in den skandinavischen, aber auch anderen Ländern wie den Niederlanden, sind sehr unterschiedlich. Aber eines eint sie: Sie sind durchdacht und in sich schlüssig. Für Deutschland muss es nun heißen, die einzelnen Möglichkeiten, die sich in anderen Ländern bewährt haben, zu eruieren und bewerten und dann eine Reform aus einem Guss hinbekommen. Gute Beispiele gibt es en masse.

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