Immobiliengesellschaften

Häuserkampf

Endlich ist mal wieder richtig was los in Deutschlands Unternehmenslandschaft. Und zwar nicht im Sinne von Krise, Kürzungen, Stellenabbau und Skandalen - davon haben wir weiß Gott genug -, sondern mit dem fokussierten Blick nach vorne auf mehr Wachstum, mehr Bedeutung und mehr Marktmacht. So eine Übernahmeschlacht im deutschen Wohnungsmarkt hat schon was. Da will die Nummer zwei der Branche, die Deutsche Wohnen, einvernehmlich die an Nummer drei rangierende LEG übernehmen. So wäre der Schwerpunkt auch auf Wohnungen in NRW ausgeweitet worden und der Abstand zum Marktführer Vonovia, ehemals Deutsche Annington/Gagfah, hätte sich spürbar verringert. Das konnte sich dieser natürlich nicht bieten lassen, auch angesichts der immer weniger werdenden Möglichkeiten externen Wachstums in großen Schritten. Folglich war das feindliche Übernahmeangebot an die Aktionäre der Deutsche Wohnen folgerichtig. Diese blies daraufhin die eigentlich schon verhandelte Übernahme der LEG wieder ab, will sich nun nach anderen Akquisitionsobjekten umschauen und schimpft: Mit Blick auf das Angebot der mittlerweile im Dax angekommenen Vonovia sprach der Deutsche-Wohnen-Chef von einer feindlichen und äußerst opportunistischen Übernahme mit dem Ziel, sich sein Unternehmen zum Schnäppchenpreis einzuverleiben. Das Angebot gehe von unrealistischen Synergieeffekten aus und die steuerlichen Konsequenzen für die Aktionäre seien nicht berücksichtigt. Zudem wären die bisherigen DW-Aktionäre den weit höheren Geschäftsrisiken der Vonovia ausgesetzt, da die Anteile zu einem großen Teil mit Vonovia-Aktien bezahlt werden sollen, so kämpft Michael Zahn.

Der Deal wird mit rund 14 Milliarden Euro bewertet. Der Marktführer hat eine gemischte Aktien- und Bar-Offerte abgegeben: für elf Deutsche-Wohnen-Titel soll es sieben Vonovia-Papiere und 83,14 Euro in bar geben. Das entspricht beim aktuell stagnierenden Vonovia-Kurs 24,63 Euro je Deutsche-Wohnen-Papier. Noch im Juli waren je Anteilsschein lediglich rund 21 Euro fällig. Für die Aktionäre klingt das zumindest vom Preis her vernünftig. Allerdings ist es für Zahn schon die zweite herbe Niederlage in diesem Jahr, nachdem die Deutsche Wohnen bereits im Frühjahr an der geplanten ebenfalls feindlichen Übernahme der österreichischen Conwert Immobilien Invest SE gescheitert ist.

Auch ansonsten sind die deutlichen Worte eigentlich nur mit einer gehörigen Portion Frust und der Angst um die eigene Zukunft zu erklären, denn noch im Sommer sprach Zahn selbst davon, dass eine Fusion mit dem Marktführer Deutsche Annington grundsätzlich sinnvoll sei: "Zumindest aus Kapitalmarktsicht könnte ein Zusammengehen sinnstiftend sein." Denn dadurch entstünde einer der größten Immobilienwerte Europas. Bislang seien die deutschen Wohnungsgesellschaften im internationalen Vergleich zu klein. Vonovia und Deutsche Wohnen kämen gemeinsam auf einen Bestand von rund einer halben Million Wohnungen in Deutschland, Platz zwei. Der niederländischfranzösische Konzern Unibail-Rodamco verfügt aktuell über eine Marktkapitalisierung von gut 33 Milliarden Euro. Nun liegt es an den Aktionären der Vonovia, die erforderlichen Mittel zu genehmigen. Interessanterweise ist der amerikanische Fonds Blackrock sowohl an der Vonovia, als auch der Deutsche Wohnen und der LEG ordentlich beteiligt.

Dass es ausgerechnet die Immobilienaktiengesellschaften sind, die für diese Abwechslung zum Krisensumpf sorgen, kann nicht wirklich verwundern. Denn die Branche brummt, auch wenn sich die Vorhersagen ein wenig eintrüben. Das billige Geld der EZB wirkt wie ein permanenter "Boost": Die Refinanzierungskosten sind in den vergangenen Jahren konstant gesunken und liegen teilweise bei "nur" noch 2,5 Prozent im Schnitt. Die Nachfrage nach Immobilien und Wohnungen ist ungebrochen hoch, was einerseits wiederum viel Geld in den Markt fließen lässt, andererseits natürlich die Preise steigen und die Renditen fallen lässt. Das erhöht den Druck auf die Ergebnisse, auch weil sich Investoren gegen höhere Risiken und Mieter gegen höhere Mieten sträuben. Zudem wird trotz steigender Neubauzahlen immer noch zu wenig gebaut, um die enorme Nachfrage zu befriedigen. Wo also soll das von den verwöhnten Aktionären erwartete Wachstum der Immobiliengesellschaften herkommen? Es geht nur mit externen Übernahmen. Vonovia-Chef Rolf Buch sagte auf der Bilanzpressekonferenz in diesem Jahr, er kenne jedes Portfolio in Deutschland mit mehr als 1 000 Wohnungen. Denn man müsse schnell zuschlagen können, wenn so etwas auf den Markt komme.

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