Großbanken

Keine leichte Aufgabe

Quelle: Commerzbank

Die Commerzbank hat in den vergangenen Wochen vor allem durch einen aufbegehrenden kleinen Großinvestor und der dadurch ausgelösten Führungskrise für Schlagzeilen gesorgt. Zumindest an der einen Stelle wurde nun aber wieder für klare Verhältnisse gesorgt. Trotz aller Heckenschüsse des amerikanischen Finanzinvestors Cerberus wurde Hans-Jörg Vetter, der sich vor allem durch die Sanierung der LBBW und der Bankgesellschaft Berlin einen Namen gemacht hat, zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Commerzbank gewählt. Und das ist auch gut so! Es wäre schwer vermittelbar gewesen, warum ein Investor, der gerade einmal fünf Prozent hält, alle anderen vor sich hertreiben kann. Da muss man dem Commerzbank-Aufsichtsrat ein Lob aussprechen, dass er sich von den unverhohlenen Drohungen nicht hat verunsichern lassen! Vetter wird in den kommenden Wochen und Monaten sein Übriges beitragen, denn im Umgang mit nicht immer ganz einfachen Eigentümern und Eigentümerinteressen hat er wahrlich viel Erfahrung.

In all diesem Tohuwabohu mussten die Gelben nun über das zweite Quartal berichten, das allein schon Corona-bedingt unter keinem guten Stern stand - für keine Bank, doch das hilft der Commerzbank wahrlich nicht. Finanzvorständin Bettina Orlopp konzentrierte sich dabei ganz auf ihren Part der Zahlen und blockte alle Fragen zu Führungsfragen ab. Noch-CEO Martin Zielke war bei der Präsentation der Zahlen gar nicht anwesend, obwohl er die Bank noch bis zur Präsentation eines Nachfolgers weiterführen muss.

Das reine Zahlenwerk kann man kurz und salopp so zusammenfassen: Unter den gegebenen Umständen gar nicht mal so schlecht. Die Konzern-GuV weist im zweiten Quartal inklusive Sondereffekten Erträge von 2,273 Milliarden Euro aus. Das entspricht einer Steigerung von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Besonders erfreulich: Sowohl Provisionsüberschuss (plus 7,2 Prozent) als auch Zinsüberschuss konnten im Vergleich zum Vorjahres quar tal gesteigert werden, wenngleich letzterer auch nur marginal um 5 Millionen Euro. Dass das operative Ergebnis im Vergleich zu 2019 dennoch von 309 Millionen Euro auf 205 Millionen Euro zusammenschrumpfte, lag nicht an mangelnder Kostendisziplin - die Verwaltungsaufwendungen wurden um 53 Millionen Euro auf 1,526 Milliarden Euro gesenkt -, sondern vielmehr an einem gestiegenen Risikoaufwand, der sich von 178 Millionen Euro im zweiten Quartal 2019 auf 469 Millionen Euro im Berichtsquartal erhöhte. Neben Corona-bedingten Top Level Adjustments für weitere erwartete Ausfälle in Q3 und Q4 wurde der Anstieg vor allem durch einen Einzelfall verursacht, für den allein 175 Millionen Euro gebucht werden mussten, wohl für den Wirecard-Kredit.

Die Melange aus Corona-bedingten Ausfällen, Wirecard-Desaster und den nach wie vor anfallenden Umstrukturierungskosten werden dazu führen, dass trotz einigermaßen guter Entwicklung der Erträge im Gesamtjahr 2020 erstmals seit 2009 wieder ein Jahresverlust anfallen wird. Diese Mischung schafft auch eine enorm schwierige Ausgangslage für den neuen Vorstandschef, sei es jetzt Orlopp selbst, Firmenkundenvorstand Boekhout oder doch jemand von außen. Mitten in diesem alles andere als günstigen Umfeld muss dieser der Bank eine glaubhafte und auskömmliche Strategie geben, eine klare Philosophie entwickeln, die Mitarbeiter überzeugen und antreiben, die Aktionärsinteressen austarieren und gleichzeitig mit harter Hand sanieren. Es gibt derzeit wahrlich leichtere Aufgaben im deutschen Kreditwesen - aber auch langweiligere!

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