Mittelstand

Keine rosigen Aussichten

Sprunghafte Infektionszahlen, neue Virusvariante Omikron, Einschränkungen, Umsatzverluste, Material- und Lieferengpässe, Produktionsstopps, Inflation, Stagnation der Wirtschaft ... Wer möchte da eigentlich noch Unternehmer sein? Jedenfalls müssen sich die Verantwortlichen erneut einem harten (Corona-)Winter stellen. Ein guter Start ins neue Jahr? - Eher Fehlanzeige. Dabei haben wir alle den Sommer über doch schon Hoffnung geschöpft. Laut dem KfW-Mittelstandspanel 2021 kämpften im September zwar immer noch 1,9 Millionen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit den Folgen der Pandemie, was einem Anteil von 49 Prozent entspricht. Allerdings stellte dies im Gegensatz zum Vergleichsmonat Mai 2021 eine Verbesserung um 15 Prozentpunkte dar. Ähnlich verhielt es sich auch bei den Umsatzrückgängen: Im September wurden hier zwar 29 Prozent verzeichnet, im Mai vergangenen Jahres waren es aber noch 40 Prozent. Nun im Corona-Winter angekommen, dürften sich diese Werte wieder ins Negative umkehren.

All das lässt wenig Raum für Hoffnung, weshalb die Unsicherheit der Unternehmer entsprechend wieder zu und die Investitionslaune derselbigen gleichzeitig abnimmt. "Wir sehen eine nach wie vor sehr zurückhaltende Investitionstätigkeit", stellte Michael Kotzbauer, Mitglied des Vorstands der Commerzbank AG, auf einer Veranstaltung des Bankenverbands (BdB) zur Lage der Unternehmensfinanzierung denn auch fest. Auch die Nachfrage nach Krediten wird dementsprechend geringer: Zwischen Juli und September verhandelten nur noch 17,7 Prozent der Mittelständler in Deutschland mit Banken und Sparkassen über Kredite, wie die aktuelle KfW-ifo-Kredithürde zeigt, ein Rekordtief.

Ein direkter Zusammenhang zwischen zurückhaltender Investitionsneigung und geringer Nachfrage nach Krediten besteht aber offensichtlich nicht. Denn die KfW führt als wesentlichen Grund für die auch künftig eher moderate Kreditnachfrage die dank staatlicher Corona-Hilfen und der 2021 erwirtschafteten Überschüsse ordentlichen Liquiditätsvorrat der Unternehmen an, den diese für aufkommende Finanzierungsbedarfe nutzen. Allzu lange sollte die Investitionszurückhaltung aber nicht mehr anhalten. "Ich kann nur dafür werben, die Investitionen wieder hochzufahren und damit die Zukunft zu gestalten", fordert Kotzbauer richtigerweise ein.

Allerdings steht schon der nächste Dämpfer vor der Tür: Laut BdB wird sich das EU-Bankenpaket, sprich die Umsetzung von Basel III in der gegenwärtigen Form, negativ auf die Unternehmensfinanzierung auswirken. Denn die Vorschläge der EU-Kommission - zumindest in ihrer derzeitigen Fassung - sehen vor, ab dem Jahr 2032 höhere Risikogewichte zu veranschlagen, wenn Unternehmen kein externes Rating vorweisen können. Das wäre trotz der langen Übergangsfrist besonders für die vielen kleinen und mittelständische Unternehmen in Deutschland fatal, die sich bislang nahezu ausschließlich über Bankkredite finanzieren.

Weder wird es allen gelingen, sich ein externes Rating zu besorgen, welches auch mit hohen Kosten verbunden ist. Noch ist das System der Kapitalmarktfinanzierung eine echte Alternative. Entsprechend würden die Kosten bankseitig für die Vergabe von Unternehmenskrediten aufgrund erhöhter Eigenkapitalunterlegungen ansteigen, was wiederum die Kreditvergabe als solche einschränken könnte - mit unangenehmen Folgen für Unternehmen, Banken und die gesamte Volkswirtschaft. So die Befürchtungen des BdB, die von Vertretetern der EU auf einer Paneldiskussion nicht wirklich entkräftet werden konnten. Es bleibt zu hoffen, dass die Banklobbyisten in Berlin und Brüssel doch noch Gehör finden.

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