Digitalisierung

KI - Gamechanger oder Risikoquell

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind große Zukunftsthemen, die enorm polarisieren. Die Vorteile sind unübersehbar: Selbstlernende Maschinen können sich wiederholende Aufgaben übernehmen, können bei der Informationsgewinnung durch Datenselektion unterstützen, erkennen sich wiederholende Muster oder Abweichungen von der Norm und vermeiden damit Fehler oder Betrugsfälle, sorgen für Entlastung und erhöhen die Effizienz. Aber es gibt unbestritten auch Risiken im Zusammenhang mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz. Maschinen dürfen selbst bei komplett automatisierten Prozessen nicht die Verantwortung tragen, sondern der Mensch im Allgemeinen und die Geschäftsleitung im Besonderen bleiben in der Pflicht. Doch kann das gut gehen? Oder fragt sich die KI nicht irgendwann, wann denn der Mensch endlich intelligent wird und setzt sich über programmierte Vorgaben hinweg?

All das beschäftigt Unternehmen, Banken und Bankenaufsicht - mit zunehmender Dringlichkeit. Zwar nutzen schon viele Kreditinstitute weltweit einzelne Anwendungen wie Chatbots, Virtual Agents, intelligente 360-Grad-Kundenplattformen oder automatisierte Prozesse im Risikomanagement. Doch kommt eine Analyse von Bain & Company unter 40 führenden Banken in Europa, Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum zu dem Ergebnis, dass noch viele Chancen brach liegen, weil nur die wenigsten Häuser eine einheitliche Strategie verfolgen, über entsprechende Ressourcen verfügen und sämtliche Möglichkeiten des maschinellen Lernens entlang ihrer Wertschöpfungskette nutzen. Es zeigte sich auch, dass viele europäische Banken noch sehr zögerlich agieren und entsprechend der US-amerikanischen und asiatischen Konkurrenz hinterherhinken.

Speziell das Firmenkundengeschäft der europäischen Häuser könnte der Studie zufolge in Gefahr geraten, da hier ein globaler Wettbewerb herrscht und vor allem die US-Banken durch den konsequenten Einsatz künstlicher Intelligenz mehr über die Bedürfnisse der Kundschaft wissen und Angebote rascher und individueller ausgestalten können. Das Fazit der Unternehmensberatung: "Künstliche Intelligenz wird für die Banken in Europa und insbesondere in der DACH-Region zum Katalysator für den tiefgreifenden Wandel, der sich in ihren Geschäftsmodellen vollzieht. Je früher ein Haus tätig wird und sich systematisch mit KI auseinandersetzt, desto eher kann es sich einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung verschaffen."

Für die europäische und deutsche Bankenaufsicht bedeutet das einen Spagat. Einerseits will man den Instituten nicht noch mehr Wettbewerbsnachteile aufbürden, andererseits dürfen die angesprochenen Risiken nicht aus den Augen verloren werden. Banken wie Aufseher tun gut daran, sich nicht euphorisch, sondern mit einer gehörigen Portion Augenmaß und - so widersprüchlich das an dieser Stelle auch klingt - gesundem Menschenverstand dem Abenteuer KI, Cloud Computing und Auslagerung zu nähern. Denn schlimmer als jeder Verlust des einen oder anderen Kunden ist ein großangelegtes Problem durch Cyberkriminalität oder eine unsauber bis falsch arbeitende KI, was sogar den Verlust der Kontrolle nach sich ziehen könnte.

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