Commerzbank

Kommt nach dem Boom der "Boomerang"?

Quelle: Commerzbank

Bei den Anfang August 2019 vorgestellten Halbjahreszahlen der Commerzbank sah Firmenkundengeschäft noch halbwegs gut aus. Zwar ging das operative Ergebnis um 54,8 Prozent zurück, doch das lag laut Zwischenbericht in erster Linie an Fair-Value-Bewertungen. In den Bereichen Handelsfinanzierung und Zahlungsverkehr sowie Kapitalmarkt wurde der Ertrag hingegen gesteigert, trotz dunkler Wolken am Konjunkturhorizont. Auch Absicherungsgeschäfte wurden von den Kunden verstärkt nachgefragt. Dieser Bereich hat eine hohe Wichtigkeit für die Commerzbank, die sich als führende deutsche Außenhandelsbank bezeichnet.

Derzeit deutet sich jedoch an, dass der Außenhandel, der die deutsche Wirtschaft im Boom so lange getragen hat, nun zum Bumerang werden könnte. Handelskonflikte bremsen den internationalen Handel und werden zunehmend zum Problem für die Exportwirtschaft. Der ZEW-Indikator zur Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage ist im Juli zum ersten Mal seit Juli 2010 wieder in den negativen Bereich gerutscht. Der gleiche Indikator für die Konjunkturerwartung ist auf dem niedrigsten Niveau seit Januar 2012. Bei den Kollegen des ifo-Instituts sieht es ähnlich aus: Auch hier ist die Einschätzung der aktuellen Lage auf dem tiefsten Stand seit 2010 und auch erstmals seitdem wieder unter 100 Punkten. Das ist neu. In den letzten Monaten zeigte die Konjunkturerwartung der deutschen Unternehmen stets nach unten, doch die aktuelle Lage blieb robust oder zumindest im positiven Bereich. Das zweite Quartal hat nun tatsächlich auch eine Kontraktion gezeigt. Eine wirtschaftspolitisch orientierungslose Bundesregierung trifft auf zunehmende Handelskonflikte in einer sich disruptiv verändernden Wirtschaftswelt. Das könnte zu viel sein für die deutsche Exportwirtschaft.

Ein Einbruch des Exports würde die Commerzbank an einer weiteren Flanke unter Druck setzen. Die starke Stellung der Bank im Außenhandel - laut Commerzbank wickelt sie ein Drittel des deutschen Exportgeschäfts ab - könnte dann zum Bumerang werden. Schwindendes Neugeschäft und höhere Ausfälle wären eine mögliche Folge einer Rezession und eines Einbruchs des Außenhandels. Da die Bank in diesem Segment in Deutschland führend ist, wäre sie auch mit am härtesten betroffen.

In einem Werkstattgespräch mit der Presse hat die Bank darauf hingewiesen, dass gerade in der Begleitung des Mittelstands im Außenhandel individuelle Lösungen gefragt sind. Individuelle Betreuung erfreut den Kunden, heißt aber im Gegenzug auch eine hohe Kostenstruktur. Kosten zu senken wäre ein Ansatzpunkt, die Folgen einer Rezession in Deutschland im Firmenkundengeschäft abzufedern. Die Commerzbank arbeitet auch an einer Effizienzsteigerung. Große Hoffnungen setzt das Institut dabei auf die Distributed-Ledger-Technologie (DLT). So wurde bei der Veranstaltung auch über Fortschritte des Marco-Polo-Netzwerks berichtet. Dabei handelt es sich um ein digitales Ökosystem für die Handelsfinanzierung, das gerade entwickelt wird. Die Technologie klingt nach einem möglichen Ansatz, die Kosten zu straffen. Nur: Die Bank wies auch darauf hin, dass sich das digitale Ökosystem noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase befindet. Schnelle Hilfe muss wohl woanders herkommen.

Im September will der Commerzbank-Chef Martin Zielke dem Aufsichtsrat eine neue Strategie präsentieren. Diese sollte auch Lösungen für ein Rezessionsszenario bereithalten. Ansonsten könnte schneller eine erneute Strategieanpassung nötig sein, als ihm lieb ist.

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