Großbanken I

Ein Marathonlauf

Quelle: Deutsche Bank

Wer es mit der Deutschen Bank noch gut meint, nach all den schwierigen Jahren, der braucht wahrlich einen langen Atem. Denn auf jede kleine Erfolgsmeldung, auf jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer, dass die Dinge sich endlich zum Besseren wenden mögen, folgt immer gleich das berüchtigte "Aber ...". Der neue Vorstandschef Christian Sewing konnte auf seiner allerersten Bilanz-PK in dieser Funktion zwar die Übererfüllung aller angekündigten Ziele verkünden. Aber die Börse glaubte noch nicht so recht an den Wandel, der Kurs der Deutschen Bank brach nach Verkündung der Zahlen erst einmal ordentlich ein. Und heizte damit Übernahme-Spekulationen weiter an, denn mittlerweile ist die stolze Frankfurter Großbank an der Börse keine 15 Milliarden Euro mehr wert, was rund einem Viertel der Assets und knapp der Hälfte des Jahresgewinns des US-Konkurrenten J. P. Morgan entspricht.

Die neue Kostendisziplin: Die Kosten sollten auf 23 Milliarden Euro sinken, am Ende wurde die Vorgabe mit 22,8 Milliarden Euro übererfüllt. Aber diesem Rückgang von 4,5 Prozent steht auch ein Rückgang der Erträge um 4,3 Prozent gegenüber. Absolut übersteigt das Minus bei den Erträgen (25,32 nach 26,45 Milliarden Euro, also 1,13 Milliarden Euro) das bei den Kosten (1,08 Milliarden Euro) sogar noch. Der ersehnte Gewinn: Mit 341 Millionen Euro hat die Bank nach drei Jahren mit teils happigen Verlusten diesmal einen Gewinn ausgewiesen - ebenfalls wie versprochen. Aber in erster Linie resultiert dieser Erfolg aus einer anhaltend niedrigen Risikovorsorge im Kreditgeschäft, aus einem Rückgang des Aufwands für Rechtsstreitigkeiten um rund 125 Millionen Euro und einem um 87 Millionen geringer ausfallenden Restrukturierungsaufwand. Und die IT-Kosten sind ebenfalls gesunken, obwohl Sewings Vorgänger John Cryan vor nicht allzu langer Zeit noch gut ein Drittel der IT als veraltet bezeichnete und obwohl die Deutsche wie alle anderen Banken erheblich in den Aufbau moderner Strukturen investieren muss. "Unsere IT ist stabil und effektiv, aber sie ist noch nicht effizient. Während in Geschäftsfeldern mit ausgemachten Wachstumspotenzialen investiert wird, haben wir Investitionen in Randgeschäftsfeldern bewusst zurückgefahren", so Sewing.

Der Ertragsmix: "Wir sehen uns auf dem Weg zu der richtigen Mischung unserer Ertragsquellen. Mehr als 60 Prozent unseres Geschäfts machen die stabileren Sparten aus - also die Privat- und Firmenkundenbank, der Vermögensverwalter DWS sowie die Transaktionsbank", so der Deutsche-Bank-Chef. Aber gerade die ehedem für den Glanz (natürlich auch die vielen Negativschlagzeilen) der Deutschen Bank verantwortliche Investmentbanking-Sparte läuft der Konkurrenz mittlerweile mit wenigen Ausnahmen in ausgewählten Geschäftsfeldern meilenweit hinterher. Diese Erträge braucht der Konzern aber. Denn die vor kurzem an die Börse gebrachte Asset-Management-Tochter DWS ist weit von einer Rolle als Ertragsperle entfernt. (siehe auch Großbanken III in diesem Heft). Und das Privat- und Firmenkundengeschäft? Können die Volumina weiter so anwachsen? Was ist mit dem Risiko? Die Stimmung in Industrie und Mittelstand kühlt sich immer weiter ab, es drohen spürbar höhere Wertberichtigungen. Ein Zinsanstieg würde zwar auch das stabile Geschäft mit privaten und Unternehmenskunden beflügeln, irgendwann mal, aber zunächst würden sich die Refinanzierungskosten schneller verteuern als die Kreditkonditionen nachziehen.

Das Investorenversprechen: Sewing kündigte an, die Eigenkapitalrendite von 0,5 Prozent per Ende 2018 im laufenden Jahr auf rund 4 Prozent zu verachtfachen. Das klingt enorm, eigentlich unmöglich. Eine Normalisierung der mit über 70 Prozent aufgrund eines Sondereffektes enorm hohen Steuerquote würde den Gewinn des Jahres 2018 zwar verdoppeln, aber das reicht lange nicht zur Erreichung der 4 Prozent. Rund 2,5 Prozentpunkte an höherer EK-Quote erhofft sich Sewing aus geringeren Kosten, einer Normalisierung der Steuerquote und weiterem Wachstum in den stabilen Geschäftsfeldern. Den Rest soll die Investmentbank zusteuern. Hoffentlich spielen die Märkte da mit.

Das leidige Fusionsthema verfolgt die Deutsche Bank weiter, obwohl es Chrisitan Sewing und Kollegen während der gesamten PK gelungen ist, nicht ein einziges Mal das Wort Fusion oder Commerzbank zu sagen. Ein Zusammenschluss der Frankfurter Großbanken würde sie größer werden lassen. Er würde sie auch als Übernahmeziel für einen ausländischen Wettbewerber unattraktiver machen. Er würde auch die im Konjunkturabschwung drohenden steigenden Wertberichtigungen auf eine breitere Basis verteilen. Aber er würde auch lähmen.

Manch einer erinnert sich noch an eine große und stolze Münchner Bank, die aus Angst vor einer Übernahme durch einen Frankfurter Konkurrenten, damals war die Deutsche Bank noch stark, lieber die Fusion mit einer zweiten Münchner Bank anstrebte. Heute ist vom Glanz nichts mehr übrig, das Institut ist kaum mehr mehr als die Hauptniederlassung einer italienischen Großbank in Deutschland. Und die Verteilung von Risiken lässt diese nicht verschwinden - siehe Bremer Landesbank und Nord-LB. Und möchten die Politiker, die diesen Zusammenschluss angeblich forcieren, am Ende des Tages tatsächlich für die Entlassung von sicherlich mindestens 30 000 Bankmitarbeitern verantwortlich gemacht werden. Hier gibt es endlich mal einige "Aber", die für Sewing und die Deutsche Bank sprechen. Also lasst ihn mal machen. Auch wenn es ein Marathonlauf wird, der viel Geduld und Kondition erfordert.

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