Verbraucherschutz

Marktwächter Finanzen - nicht neutral genug?

Gefördert vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat im März 2015 die Gemeinschaftsinitiative Marktwächter "Finanzen" und "digitale Welt" der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und der 16 Verbraucherzentralen ihre Arbeit aufgenommen. Mit dem Projekt sollen die Märkte aus Sicht der Verbraucher beobachtet und Fehlentwicklungen frühzeitig aufgedeckt werden. 18 Monate nach dem Start wurde eine erste Bilanz gezogen. Seit Beginn wurden demnach zwei Frühwarnnetzwerke aufgebaut, an die die Verbraucherzentralen insgesamt über 6 800 besondere Beschwerden von Betroffenen meldeten, beispielsweise Fälle mit hohem Schaden für Verbraucher, mit bestimmten Zielgruppen im Fokus, besonders häufige Fälle, Dauerbrenner oder auch ganz neue Themen.

Als Ergebnis dieser Meldungen wurden inzwischen sieben Untersuchungsberichte erstellt und sechs explizite Warnungen ausgesprochen, deren Ziel es ist, Verbraucher auf konkrete Maschen oder Anbieter aufmerksam zu machen. Eines der Themenfelder, die die Marktwächter besonders im Blick haben, sind die Standmitteilungen der Lebensversicherer, die oft zu intransparent seien und teilweise nicht einmal den rechtlichen Anforderungen genügen. Ein weiterer öffentlicher Hinweis betrifft die Warnung vor teuren Dienstleistern im Kontext mit der Rückabwicklung alter Versicherungsverträge.

Zwölf Abmahnverfahren hat die Initiative inzwischen eingeleitet, von denen fünf bereits erfolgreich waren. So wurde die Solvium Capital GmbH, Hamburg, wegen mehrerer Verstöße gegen das Vermögensanlagengesetz erfolgreich abgemahnt. Nach einem Hinweis der Marktwächter Finanzen hat die BaFin der SPS Bank N.V. das unerlaubt betriebene Einlagen- und Kreditgeschäft untersagt und die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte angeordnet. Auch ein Fintech - vermutlich N26 (damals Number 26) - ist bereits in Visier geraten, weil sich Verbraucher darüber beschwerten, dass Bareinzahlungen auf das eigene Konto nur bis 100 Euro im Monat kostenlos waren - obwohl das Unternehmen gleichzeitig mit einem kostenlosen Girokonto warb.

Dass die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) angesichts dieser Zwischenbilanz von einem sinnvollen Ansatz spricht, ist mit Blick auf die genannten Beispiele nicht verwunderlich - schließlich ist es nur im Interesse der Branche, wenn "schwarze Schafe" angeprangert beziehungsweise unseriöse Praktiken unterbunden werden. Ebenso wenig muss es jedoch überraschen, wenn die DK weiteren Verbesserungsbedarf sieht. Da ist zum einen die Forderung, die Marktwächter müssten ihre Aufgaben "im Gebot der Neutralität" ausüben und dürften nicht als Sprachrohr der Verbraucherschützer wahrgenommen werden. Hier wird man sicher fragen dürfen, warum hier so sorgfältig getrennt werden sollte. Eigentlicher Zweck der Marktwächter ist schließlich ein verbesserter Verbraucherschutz. Und aus eben diesem Grund sind sie nicht nur organisatorisch bei den Verbraucherzentralen angesiedelt, sondern setzen auch auf deren Arbeit auf.

Ein anderer Wunsch der Kreditwirtschaft ist sicher berechtigt: Vor Veröffentlichungen sollten alle relevanten Interessengruppen angehört werden. Damit würde man nur dem bereits in der Antike praktizierten Motto der Ausgewogenheit (audiatur et altera pars) gerecht. Und vor möglichen Missverständnissen, die sich auf diese Weise ausräumen lassen, sind sicher auch die Marktwächter nicht gefeit.

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