Banken

Mehr Eigengewächse!

Dass die Zahl der Beschäftigten im deutschen Kreditgewerbe seit geraumer Zeit kontinuierlich abnimmt, ist längst zum offenen Geheimnis innerhalb der Branche geworden. Entsprechend setzte sich dieser Negativtrend auch im Jahr 2020 fort, allerdings in etwas abgeschwächter Form: In den beiden Vorjahren hatte sich nämlich die Beschäftigtenzahl noch um 1,8 beziehungsweise 2,5 Prozent verringert, während für das Jahr 2020 ein Rückgang von 1,6 Prozent auf 552 450 (561 450) Beschäftigte registriert wurde. Zu diesen Ergebnissen kommt der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken).

Im privaten Bankgewerbe ist die Beschäftigtenzahl gemäß AGV Banken im vergangenen Jahr um 1,1 Prozent zurückgegangen: Zum Jahresende 2020 waren hier noch rund 151 600 Personen beschäftigt. Vor allem der anhaltende Umbau von Geschäftsmodellen bei fortschreitender Digitalisierung bleibe ursächlich für diesen Rückgang, heißt es. Dies mache sich nicht nur in den größeren Häusern als Folge der laufenden Personalabbauprogramme bemerkbar. Vielmehr sei dieser Zusammenhang insbesondere auch bei Privatbankiers, Spezialinstituten sowie Bausparkassen erkennbar. Weitgehend unverändert sei der Personalbestand in den Regionalbanken geblieben, während die Gruppe der Hypothekenbanken so -gar einen Beschäftigungszuwachs verzeichnen konnte.

Obwohl es also offenbar immer weniger Angestellte in der Bankenwelt gibt und das aufgrund solcher Themen wie der Digitalisierung, scheint es gerade in diesen Arbeitsbereichen nach wie vor an passendem Personal zu mangeln. Aber auch das Stichwort "Fachkräftemangel" gehört eher zu den alten Eisen in der öffentlichen Diskussion und zieht sich durch alle Branchen. Das vermutlich jüngste Beispiel für einen Personalengpass zeichnet sich derzeit in Großbritannien ab. Ein Fünftel der 1,1 Millionen Menschen, die dortzulande im Finanzdienstleistungssektor arbeiten, stammen nämlich aus dem Ausland, ein Großteil aus der Europäischen Union. Nun nach dem Austritt aus der Europäischen Union müssen diese Angestellten das Einwanderungssystem durchlaufen. Für diejenigen, die die Frist im Juni zur Beantragung einer unbegrenzten Aufenthaltserlaubnis verschlafen haben, wird es jetzt ziemlich ungemütlich. Und nicht nur das, für die Arbeitgeber wird es auch noch teuer, schließlich kostet ein Visumverfahren für einen Angestellten, der vielleicht auch eine Familie mit zwei Kindern hat, etwa 21 000 Pfund, also etwas mehr als 24 000 Euro!

Wieso also angesichts dieses "Schnäppchens" nicht lieber versuchen, Fachkräfte aus dem Inland für sich zu gewinnen? Auch das ist keine einfache Aufgabe, vor allem bei dem bereits erwähnten heiß umkämpften IT-Fachpersonal (von dem es eigentlich irgendwie immer zu wenig zu geben scheint). In Deutschland sind daher viele Volks- und Raiffeisenbanken, aber auch Sparkassen und sonstige Finanzinstitute dazu übergegangen, entsprechendes Personal schlichtweg selbst auszubilden.

So haben zum Beispiel gerade zum 1. September 2021 bei der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg zehn neue Lehrlinge ihre Karrierelaufbahn gestartet, drei davon abseits der klassischen Banklehre. Stattdessen sind nun Fachinformatiker für die Bereiche Systemintegration und Daten- und Prozessanalyse ebenso mit dabei wie ein Auszubildender zum Kaufmann für Dialogmarketing. Und dies sind wahrlich keine Ausnahmeerscheinungen mehr. Diverse Sparkassen wie die Sparkasse Hanau oder auch Verbundpartner wie die LBS Südwest haben erst kürzlich Anzeigen online geschaltet, um ganz ähnliche Positionen neu zu besetzen.

Und es ist auch ratsam als Bank, sich mehr Eigengewächse zuzulegen, schließlich bleiben Auszubildende meist nach Absolvierung ihrer Lehre dem Unternehmen erhalten, zumindest für ein paar Jahre. In dieser Phase haben die Banken und Sparkassen also die Chance, fleißig an ihrer Mitarbeiterbindung zu arbeiten und können gleichzeitig beispielsweise in Sachen Digitalisierung vorankommen. Dadurch können sich die Institute auch stärker im Wettbewerb gegenüber Bigtech- und Fintech-Unternehmen positionieren. Denn wenn die Banken sich vermehrt mit IT-Fachpersonal ausstatten, dann signalisieren sie auch nach außen, dass sie den heutigen Ansprüchen ihrer Kunden gerecht werden können. Es könnte sich also auch für Institute, die bislang vornehmlich nur Bankkaufleute ausbilden, lohnen, dieses Vorgehen ein Stück weit abzukupfern.

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