Regulierung

Ein Mühlstein namens Basel IV

"Es kommt selten so gut wie erhofft, aber auch selten so schlimm wie befürchtet." An dieses Zitat des ehemaligen Thyssen-Chef Gerhard Cromme mag sich manch ein Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft erinnert haben, als sich die internationalen Bankenaufseher Ende 2017 endlich auf eine Vereinbarung zur Finalisierung der Basel-III-Regelungen durchgerungen hatten. Zwar wurde diese sowohl von den Europäern als auch den Amerikanern als Erfolg verkauft, was sicherlich als Anzeichen für einen ordentlichen Kompromiss gewertet werden kann. Aber gerade mit Blick auf den Output Floor von 72,5 Prozent sprach BaFin-Präsident Felix Hufeld damals schon von "keinem Wunschergebnis". Doch noch beschwichtigten die deutschen Bankenaufseher die besorgten Kreditinstitute, die durch diesen Floor einen massiven Anstieg der RWA und damit der Eigenkapitalanforderungen befürchteten. Es wurde angeführt, dass Untersuchungen der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA einen moderaten Anstieg der Mindestkapitalanforderungen für die europäischen Banken von im Schnitt 12,9 Prozent ergeben hätten. Hierbei seien international tätige Großbanken mit 15,1 Prozent deutlich stärker betroffen als die mittleren und kleineren Banken der Säule zwei, die rund 3,9 Prozent mehr Eigenkapital vorhalten müssten.

Nun, zwei Jahre später, zeigt sich, dass es doch erheblich schlimmer kommt, und zwar ähnlich wie damals schon befürchtet. Laut einer Auswirkungsstudie des Bundesverbandes deutscher Banken führt eine 1:1-Umsetzung von Basel IV zu einer Erhöhung der Mindestkapitalanforderungen bei europäischen Banken um 19,1 Prozent und bei deutschen Banken sogar von 23,6 Prozent. Wesentlicher Treiber ist der Output Floor, der in Deutschland allein für einen Anstieg der Anforderungen um 17,8 Prozent steht. Grund sind die in der Regel deutlich unter 72,5 Prozent liegenden ermittelten Eigenkapitalanforderungen, die mit internen Modellen errechnet wurden und die nun mit dem Wert des Output Floor gewichtet werden müssen. Allein in dem sehr risikoarmen Geschäft der privaten Baufinanzierung würde sich das durchschnittliche Risikogewicht mehr als verdoppeln (plus 125 Prozent). Im gewerblichen Immobiliengeschäft wäre ein Anstieg um 78 Prozent die Folge, bei der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen immerhin noch um 56 Prozent. Untersucht wurden jeweils vier ausgewählte Kreditportfolios von sechs großen deutschen privaten Banken, die unter Aufsicht des SSM stehen, und drei kleinere Institute, sogenannte LSI.

"Das ist keine smarte Regulierung", schimpft BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig denn auch. Er fürchtet sogar eine komplette Fehlsteuerung, würden die Vorgaben zum 1.1.2022 genau so umgesetzt. Kreditinstitute, die bislang deutlich unter 72,5 Prozent lägen, aber 72,5 Prozent anrechnen müssten, würden doch geradezu dazu motiviert, mehr riskante Geschäfte in die Bücher zu nehmen, um die Grenze des Floors auch tatsächlich auszureizen. Zudem wird natürlich eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für KMU in Deutschland befürchtet. Von daher plädiert der Vertreter der privaten Banken zwar für die Umsetzung der Regeln, aber für die Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden Spielräume. Beispielsweise sollten die in Europa verhängten SREP-Zuschläge bei der Berechnung des Floor mitberücksichtigt werden. Hierfür will man sich nun bei den politischen Vertretern verstärkt einsetzen, denn "Ansprechpartner sei nun nicht mehr die Bankenaufsicht, sondern die Politik".

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