Commerzbank

(Noch) kein Befreiungsschlag

Quelle: Commerzbank AG

Mit wie viel Spannung war dieser Auftritt erwartet worden. Der neue Commerzbank-Chef Manfred Knof stellte gerade einmal 42 Tage nach seinem Amtsantritt seine Ideen vor, wie er die Eigenständigkeit von Deutschlands zweitgrößter Großbank in Zukunft sichern will. Er tat dies bestimmt und klar, wirkte aber auch ein wenig nüchtern und unnahbar. Sofern dies über die Kameras bei der digitalen Pressekonferenz zu erkennen war. "Ich bin hierhergekommen, um die Commerzbank nachhaltig zukunftsfähig zu machen", so der Auftrag und die Botschaft Knofs. Dabei wollte er sich mit dem Blick zurück überhaupt nicht beschäftigen. Und das obwohl ihm mit einigen Entscheidungen, die er mitbeeinflusst hat und die auch schon in seiner Amtszeit erfolgt sind, eine gute Basis für diesen sicherlich langen und steinigen Weg gelegt wurde. So endete 2020, für das noch Martin Zielke verantwortlich zeichnete, mit dem enormen Verlust von fast 3 Milliarden Euro. Den ersten roten Zahlen nach neun Gewinnjahren in Folge und der höchste Verlust seit 2009.

"Wir haben unsere Bilanz aufgeräumt und Vorsorge für ein weiter unsicheres wirtschaftliches Umfeld getroffen", fasst Finanzvorständin Bettina Orlopp die Maßnahmen zusammen. Da sind 841 Millionen der insgesamt geplanten Restrukturierungsaufwendungen von 1,8 Milliarden, die im abgelaufenen Geschäftsjahr verbucht wurden. Da sind die kürzlich angekündigten Abschreibungen auf den Unternehmenswert und auf andere immaterielle Vermögenswerte in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Da sind 505 Millionen Euro an zusätzlicher, vermutlich pauschal gebildeter Risikovorsorge für zu erwartende Corona-Effekte. Und da sind Rückstellungen für Rechtsrisiken bei Fremdwährungskrediten der mBank in Höhe von 229 Millionen. Zusätzlich hat sich die Commerzbank über den dritten TLTRO Liquidität in Höhe von 32 Milliarden Euro geholt. Da stecken also sehr viele Puffer für den neuen Vorstandschef drin.

Die wird er auch brauchen, denn die Ziele sind ehrgeizig. In den kommenden drei Jahren soll aus der Commerzbank die digitale Beratungsbank für Deutschland werden, mit einer "attraktiven Kombination aus leistungsstarker Direktbank und erstklassigem Beratungsangebot" für Privat- und Unternehmerkunden, den deutschen Mittelstand und ausgewählte Großkunden sowie Auslandskunden mit einem starken Deutschlandbezug. Dafür dreht Knof jeden Stein um und lässt von den Ideen seiner Vorgänger so gut wie nichts übrig. Kern der "Strategie 2024" sind Effizienzgewinne. Die Kosten sollen bis Ende 2024 um ein Fünftel oder insgesamt 1,4 Milliarden Euro sinken. Dafür werden netto 7 500 Stellen gestrichen, denn zum geplanten Abbau von 10 000 Mitarbeitern kommt der Aufbau von 2 500 Stellen. Und das Zweigstellennetz soll von 790 auf 450 Filialen gestutzt werden. Das Segment Privat und Unternehmerkunden soll bis 2024 eine Vorsteuerrendite von 25 Prozent sowie eine Aufwand-Ertrag-Relation von 59 Prozent erreichen, die Firmenkundensparte eine Vorsteuerrendite von 9 Prozent und eine Aufwand-Ertrag-Relation von 62 Prozent. Und die Zeit drängt: Die Bank brauche in den kommenden Jahren eine Cost Income Ratio von etwa 60 Prozent, um nicht in die Verlustzone zu rutschen, erklärte Orlopp.

Bei alldem geht Profitabilität vor Wachstum, wie Knof klar bestimmt hat. Das kostenlose Girokonto gehört der Vergangenheit an, es werde neue Preismodelle geben. An Verwahrentgelten führe kein Weg vorbei. Die neuen Produkt- und Beratungsangebote, die im Wesentlichen von der Comdirect und der mBank als Nukleus der digitalen Transformation getragen werden, sollen die Provisionserlöse spürbar ansteigen lassen. Schon 2021 rechnet Knof mit operativ schwarzen Zahlen, wobei diese in Höhe von 500 Millionen Euro ausschließlich von der polnischen Tochter mBank kommen werden.

Es werden zweifelsohne schwierige und spannende Jahre für die mittlerweile 151 Jahre alte Commerzbank. Da bleiben einige Fragen offen, auch weil noch viele Details zur "Strategie 2024" fehlen. Wie vertragen sich Tradition und ein radikaler Neuanfang? Wie können Mitarbeiter motiviert werden, mitzuziehen, wenn diese gleichzeitig um ihre Jobs fürchten? Ist das Konzerngefüge der Commerzbank nicht zu eng für die kreativ erfolgreiche Comdirect? Wollen die Kunden und Mitarbeiter der Comdirect überhaupt in diesen neuen Konzern? Wo soll das Ertragswachstum herkommen, wenn so viele Geschäftsbereiche zusammengestutzt werden? Vieles muss sich in den kommenden Monaten konkretisieren. Ein Befreiungsschlag für die Commerzbank war das bislang noch nicht.

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