Geldpolitik

Noch mehr Elefant im Porzellanladen: CSPP

Seit dem 8. Juni kauft die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Geldpolitik nun also auch Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen (ohne Banken) der Eurozone. Auf den ersten Blick mag das sogenannte CSPP nur eine weitere Facette einer unverändert außergewöhnlichen Geldpolitik sein. Immerhin beläuft sich das Volumen monatlicher Anleihekäufe schon seit April 2016 auf 80 Milliarden Euro Bei genauerer Betrachtung wird jedoch schnell deutlich, dass Verwerfungen auf den Fixed-Income-Märkten zementiert und weitere Fehlanreize gesetzt werden. Es stimmt bedenklich, dass Nicht-MFIs der Eurozone, gerade jene Unternehmen, die von dem CSPP doch eigentlich profitieren sollten, sich skeptisch äußern. Doch kann, neben dem Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB in Höhe von 0,00 Prozent, eine weitere, spürbare Reduzierung der Refinanzierungskosten der Unternehmen an den Kapitalmärkten leicht in Fehlanreizen wie zum Beispiel Überinvestitionen gipfeln.

Weit gravierender jedoch ist, dass diese neuerliche Intervention der EZB die freie Preisbildung auf den Rentenmärkten verhindert. Damit wird den Marktteilnehmern eine der elementaren Funktionen des Marktes genommen. Ist die Preisbildung aufgrund einer anhaltenden Überschussnachfrage verzerrt, so ist ein Rückschluss auf die Qualität der Wertpapiere bestenfalls noch Makulatur. Die Preise der infrage kommenden Unternehmensanleihen werden auf breiter Front steigen, das heißt, nach Staatsanleihen, Covered Bonds und ABS werden nun die Renditen einer weiteren Assetklasse insgesamt sinken. Investoren werden sich genötigt sehen, ihre Anlagestrategien anzupassen und - geradezu zwangsläufig - risikofreudiger zu agieren. Doch höhere Renditen finden sich nur in riskanteren Investments. Wohin eine solche Entwicklung führen kann, ist hinlänglich bekannt. Schon heute warnt der Internationale Währungsfonds (IMF) davor, dass das (erzwungene) Herdenverhalten der Investoren eine der Ursachen der nächsten Finanzkrise sein dürfte.

Ist ein Preis kein verlässlicher Indikator mehr für die Qualität eines Wertpapiers, wird das mit diesen Papieren einhergehende Ausfallrisiko im jetzigen Marktumfeld systematisch unterschätzt. Anders ausgedrückt: Fundamentaldaten vermögen den Renditeunterschied von kaum 140 Basispunkten zwischen zehnjährigen Bundesanleihen und spanischen Staatsanleihen kaum zu rechtfertigen. Zudem hinterlassen Buy-to-hold-Käufe eines einzigen Marktteilnehmers in derartigem Umfang tiefe Spuren in der Liquidität des Marktes. Dies ist schon seit Längerem auf dem Markt für Covered Bonds zu beobachten. Nachdem die EZB im September 2014 ihr mittlerweile drittes (!) Covered Bond Purchase Programme (CBPP3) ankündigte und per Ende Mai 2016 Papiere im Umfang von 178 Milliarden Euro hielt, ist die Liquidität auf dem Markt geradezu eingebrochen.

Die Lehren aus den bisherigen Ankaufprogrammen verheißen also nichts Gutes. Wirklich überraschend kommt das nicht: Die Bank of Japan (BoJ) versucht sich seit geraumer Zeit an ähnlichen geldpolitischen Maßnahmen. Bisher mit sehr verhaltendem Erfolg: Die die Volkswirtschaft überschattenden deflationären Tendenzen erweisen sich auch nach Jahrzehnten des Laborierens als hartnäckig. Nach dem jetzigen Stand der Dinge ist nicht davon auszugehen, dass dieser neue Pfeil im Köcher der geldpolitischen Instrumente der EZB den Kreislauf aus historisch niedrigen Zinsen, deflationären Tendenzen und verhaltenem Wirtschaftswachstum zu durchbrechen vermag. Vielmehr scheint es so, als würde der Elefant im Porzellanladen von Woche zu Woche größer.

Prof. Dr. Leef H. Dierks, Professur für Finanzierung und Internationale Kapitalmärkte, Fachhochschule Lübeck

Leef H. Dierks , Professur für Finanzierung und Internationale Kapitalmärkte , Fachhochschule Lübeck
Noch keine Bewertungen vorhanden


X