Wettbewerb

Paypal greift an

Quelle: PayPal

Seit Juli 2017 verfügt Paypal über eine EU-Banklizenz, ausgestellt von der Luxemburger Bankenaufsicht. Was das Unternehmen mit dieser Lizenz vorhat, wird jetzt mit Macht deutlich. Punkt eins auf dieser Agenda: Paypal begnügt sich im Zahlungsverkehr nicht mehr mit der großen und zudem wachsenden "Nische" des E-Commerce, in der die Banken die Aufholjagd kaum noch gewinnen können, sondern strebt nun auch an den stationären Point of Sale. Unter "Paypal Stories" im Internet wird das in aller Deutlichkeit kommuniziert: "Jetzt auch mit Paypal im Geschäft bezahlen." Möglich macht dies die Partnerschaft mit Google in Sachen Google Pay. Der Nutzer muss lediglich Google Pay auf seinem Handy installieren und sein Paypal-Konto als Zahlungsquelle hinterlegen. Für die Transaktion selbst kommt eine von Paypal selbst emittierte virtuelle Mastercard Debit zum Einsatz. Damit greift Paypal an einer fast ausschließlich von der Kreditwirtschaft besetzten Nische an.

Nur einen Monat später folgte der zweite Schritt - der Einstieg ins Firmenkreditgeschäft und damit gewissermaßen das Allerheiligste des Bankgeschäfts. Der Businesskredit, der seit Mitte November zunächst nur ausgewählten Händlern zur Verfügung steht und Anfang 2019 in voller Breite angeboten werden soll, richtet sich an kleinere und mittlere Online-Händler, die eine Finanzierungslösung brauchen, um ihr Geschäft weiter ausbauen zu können. Der zu leihende Maximalbetrag soll zum Start 24 999 Euro betragen. Wenngleich Paypal hier nahe am eigentlichen Kerngeschäft E- Commerce bleibt, muss diese Nachricht die Branche aufschrecken. Denn dem unkomplizierten Procedere können viele Kreditinstitute nichts entgegensetzen. Beantragt wird der Kredit selbstredend online, die Kreditentscheidung erfolgt innerhalb weniger Minuten.

Für die Auszahlung des Geldes wie auch für die Tilgung wird selbstverständlich das Paypal-Konto genutzt. Und auch die Tilgung erfolgt äußerst Kunden- in diesem Fall Händlerfreundlich, nämlich automatisch über die laufenden Verkaufserlöse. Den Umsatzanteil, der für die Rückzahlung verwendet wird und der zwischen 10 und 30 Prozent betragen kann, legt der Händler im Antragsprozess fest. Dieser Rückzahlungsanteil wird dann beim Empfang von Zahlungen über Paypal automatisch abgezogen und mit der alle 90 Tage verpflichtenden Mindestrückzahlung von maximal 10 Prozent des Gesamtbetrags verrechnet. Einzige Gebühr ist eine einmalige Festgebühr, Zinsen oder weitere Entgelte gibt es nicht.

In dem gerade in Deutschland extrem stark wachsenden E-Commerce-Markt hat sich Paypal damit aufgemacht, den Banken in einer weiteren weitgehend sicher geglaubten Domäne Marktanteile abzunehmen. Dass es dafür durchaus Potenzial gibt, zeigen die gleich mitgelieferten Zahlen. Seit der Einführung der Finanzierungslösung im September 2013 in den USA sowie in Australien und Großbritannien im Oktober 2014 wurden bereits Kredite im Volumen von 6 Milliarden US-Dollar gewährt. Und: 85 Prozent der Händler haben sich nach der Rückzahlung für die Aufnahme einer weiteren Finanzierung entschieden. Mit anderen Worten: Das Konzept überzeugt. Wen die Banken an dieser Stelle einmal verloren haben, den gewinnen sie so schnell nicht wieder.

Das Ende der Fahnenstange ist damit vermutlich noch nicht erreicht - und das nicht nur, weil Paypal bereits angekündigt hat, die Obergrenze für die Kreditaufnahme mittelfristig weiter anzuheben. Wie sich das Paypal-Universum mit Finanzdienstleistungen noch weiter abrunden lässt, dafür fehlt vielen Marktteilnehmern vermutlich noch die Fantasie. Aber: Wenn sich Banken und Versicherer heuten weniger vor Fintechs als vielmehr den Bigtechs fürchten, ist diese Sorge sicher berechtigt.

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