Investmentbanking

Quo vadis?

Im Sommer des vorvergangenen Jahres kündigte Christian Sewing unter dem Beifall der großen - traditionell eher Kapitalmarktskeptischen - Medien in Deutschland an, dass sich die Deutsche Bank weg von der globalen Investmentbank zurück zu ihren Wurzeln als Unternehmensbank entwickeln wolle. Doch zumindest der Bericht zum dritten Quartal 2020 sprach eine andere Sprache. Unter den Ertragsposten Unternehmensbank, Investmentbank, Privatkundenbank und Asset Management erzielte die Sparte Investmentbanking mit 2,4 Milliarden Euro nicht nur den absolut höchsten Ertrag, sondern mit einem Zuwachs um 43 Prozent auch die mit Abstand dynamischste Steigerung. Unter dem Strich erzielte die Deutsche Bank in diesem Quartal einen Vorsteuergewinn von 482 Millionen Euro. Die Investmentbank trug dazu 957 Millionen Euro bei und konnte somit auch Verluste aus anderen Segmenten ausgleichen. Da stellt man sich doch die Frage: Warum will die Bank eigentlich raus aus dem Investmentbanking?

Denn trotz Corona oder teilweise auch gerade wegen der Krise gab es auch im Jahr 2020 im Investmentbanking ordentlich zu verdienen. Die Deutsche Bank hat vor allem im Handel Geld verdient. Dieser Bereich dürfte von den enormen Volatilitätsspitzen profitiert haben. Diese haben Bewegung in die Kapitalmärkte gebracht, die nicht nur die Börsen, sondern auch den Handel mit Anleihen angeschoben haben. In diesem Segment gehören die Frankfurter immer noch zur Weltspitze. Laut Daten von Refinitiv rangierte das Institut 2020 hier gemessen an den verdienten Gebühren auf Rang 8 mit 1,23 Milliarden US-Dollar. Branchenführer in dem von amerikanischen Investmentbanken dominierten Markt ist JP Morgan.

Aber auch im Bereich Mergers & Akquisitions (M&A) war es den Umständen entsprechend ein gutes Jahr. Laut der Investmentbanking Scorecard von Dealogic sank das globale M&A-Volumen zwar um fünf Prozent, bot mit fast 3,5 Billionen US-Dollar dennoch reichlich Basis für Gebühren für die betreuenden Investmentbanken. Zudem schrumpfte das Volumen nicht überall. Gerade in Europa stieg es um 17 Prozent auf 886 Milliarden Euro an, auch Asien legte zu. Mit Blick auf das gerade begonnene Jahr ist ein weiterer Zuwachs gut vorstellbar. Die Unternehmen haben sich mit Liquidität - die nun noch intensiver als auch schon zuvor von den Zentralbanken in die Märkte gepumpt wird - vollgesaugt, sind auf der Suche nach Diversifikation und Überlebensmasse. Zudem dürfte es einige angeschlagene und damit leichter zu verdauende "Appetithäppchen" durch die Krise geben.

Auch das Segment der IPO-Begleitung bleibt lukrativ. Das IPO-Geschäft lief - außer im in absoluten Zahlen international sowieso nicht relevanten deutschen Markt - sehr gut, wie auch schon in der ZfgK-Ausgabe 22/2020 an dieser Stelle ausführlicher zu lesen stand. Unter anderem die dort genannten irrwitzigen Zahlen zum geplanten Ant-IPO zeigen, dass das Potenzial gigantisch ist. Auch der durch die Krise gestiegene Kapitalbedarf der unter vielen Einschränkungen und Lockdowns leidenden Unternehmen und das gleichzeitig große Angebot an Kapital sollten für die nötige Aktivität in diesem Segment sorgen.

Das Jahr 2021 könnte also ein gutes Jahr für die Investmentbanken werden. Entgegen der landläufigen Meinung in den wirtschaftsfremden Medien besteht das Segment ja nicht nur aus der "Zockerei" im Eigenhandel. Es könnte daher für die Deutsche Bank bei dem Sanierungskraftakt von Vorteil sein, sich mit dem weiteren Rückzug aus dem Investmentbanking ein bisschen mehr Zeit zu lassen, vielleicht sogar dort wieder mehr Gas zu geben.

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