Bundesgerichtshof

Rechtsstellung von Bürgen gefestigt

Bundesgerichtshof

In der bisherigen Rechtsprechung der Instanzgerichte war strittig, ob eine kreditgebende Bank, der zur Sicherung ihrer Darlehensforderung gegen den (Haupt-)Schuldner die selbstschuldnerische Bürgschaft eines Dritten gestellt wurde, diesen Bürgen auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn sie später mit dem in Zahlungsverzug geratenen Hauptschuldner ohne Beteiligung des Bürgen ein Stillhalteabkommen vereinbart, sich darin aber die Rechte aus der Bürgschaft vorbehält.

Dazu vertraten die Gerichte bisher zwei gegenteilige Meinungen: Nach der einen sollte der durch richterliche Auslegung festzustellende Wille der Parteien des Stillhalteabkommens ergeben, ob dem Bürgen eine Einrede gegen seine Verpflichtung nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen solle oder nicht. Die andere, in der Praxis vorherrschende Meinung folgte dagegen der Linie, dem Bürgen aufgrund der Akzessorietät seiner Verpflichtung mit der Hauptschuld in diesem Falle stets diese Einrede zu geben.

Der BGH hat nun in einem Urteil vom 28. November 2017 (AZ. XI ZR 211/16 - abgedruckt in ZIP 2018 S. 67) die Rechtslage klargestellt und sich dieser herrschenden Meinung angeschlossen. Ein Bürge könne sich auf das zum Bei - spiel in einem Stillhalteabkommen vereinbarte Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners auch dann berufen, wenn der Gläubiger, also in der Regel die Bank, sich in diesem Abkommen die Ansprüche gegen den Bürgen aus der Bürgschaft vorbehalten habe. Die Bürgschaft als akzessorisches, das heißt vom Bestand der Hauptschuld abhängiges Sicherungsmittel dürfe dem Gläubiger gegen den Bürgen keine besseren Rechte gewähren als gegen den (durch die Abrede mit dem Gläubiger entlasteten) Hauptschuldner selbst. Gläubiger und Hauptschuldner könnten über den Schutz des Bürgen nicht ohne dessen eigene Mitwirkung verfügen. Eine dem Bürgen nachteilige Abrede zwischen diesen sei als "Vertrag zu Lasten Dritter (des Bürgen)" diesem gegenüber unwirksam.

Diesen Grundsatz formulierte der BGH in seinem dem Urteil vorangestellten Leitsatz wie folgt: "Der Bürge kann sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem zwischen diesem und dem Gläubiger geschlossenen Stillhalteabkommen auch dann berufen, wenn sich der Gläubiger in dem Stillhalteabkommen die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft ausdrücklich vorbehalten hat".

Diese Entscheidung verdient aus rechtlicher Sicht volle Zustimmung. Sie betrifft nur die Fallkonstellationen, in denen "über den Kopf des Bürgen hinweg" und ohne dessen Mitwirkung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner eine Vereinbarung über die verbürgte Schuld getroffen wurde, die dem Hauptschuldner eine prozessuale Einrede gegen seine Inanspruchnahme gibt.

Für die Praxis der Kreditbanken wird es daher zwingend sein, Stillhalteabkommen und andere die Verpflichtungen des Hauptschuldners einschränkende Absprachen künftig nicht ohne Mitwirkung des Bürgen zu dem Punkt zu führen, ob dieser hinsichtlich der Zugeständnisse der Bank gegenüber dem Hauptschuldner auf die ihm nun vom BGH bestätigte Einrede gemäß § 768 Abs.1 S. 1 BGB zu verzichten bereit ist oder nicht.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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