Rechtsprechung

Richtiger Freispruch

Angesichts des makellosen und schon lange vorhersehbaren Freispruchs der von der Staatsanwaltschaft München in geradezu irrationaler Manier und Intensität vor dem Landgericht München "strafverfolgten" amtierenden und früheren Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank lohnt sich ein Blick auf die zivilrechtliche Vorgeschichte dieses Strafprozesses. Dabei stellt sich die Frage, ob die Bank nicht besser beraten gewesen wäre, damals auf die "Gerechtigkeit" des Bundesgerichtshofs zu vertrauen und sich nicht durch das ungewöhnlich emotional "aufgeheizte" und daher juristisch von vorn herein disqualifizierte Urteil des OLG München im Zivilprozess zwischen Bank und den Kirch-Erben "den Schneid abkaufen" zu lassen. Das hatte schließlich unnötiger Weise zur Folge, dass sich die Bank mit fast einer Milliarde Euro Vergleichssumme "freigekauft" und darauf verzichtet hat, das Erfolg versprechende Revisionsverfahren vor dem BGH durchzuziehen.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte der BGH die Fehlerhaftigkeit des Urteils des OLG München erkannt und festgestellt, wie gegen den Bankvorstand voreingenommen es damals über die Kernfrage des Prozesses entschieden hat. Das Gericht hatte die Auffassung vertreten, dass der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Rolf Breuer, mit seiner nur das, "was man hören und lesen kann" referierenden Antwort auf eine für ihn nachgewiesen unerwartete Reporterfrage nach der Bonität der Kirch-Gruppe deren Pleite im Rechtssinne verursacht habe und mit seiner Bemerkung auch noch diese Pleite selbst in der Erwartung habe bewusst herbeiführen wollen, ein Mandat für die Bank zu akquirieren.

Bereits in den Heften 8-2013 (Seite 377) und 14-2013 (Seite 708) dieser Zeitschrift wurde der Fall unter den Überschriften "Keine Kausalität zwischen Breuer-Interview und Kirch-Pleite" und "Spekulative Schuldzuweisung an Breuer im Kirch-Prozess" unter dem Eindruck eines fulminanten Aufsatzes des Jura-Professors Heinrich Honsell unter dem Titel "Haftung für wahre Äußerungen?" (ZIP 2013 Seiten 444 ff.) aufgegriffen. Seinerzeit wurde die Meinung vertreten, dass längst vor dem wohl etwas ungeschickten Interview die Ursachenkette für die Pleite von der Kirch-Gruppe selbst in Gang gesetzt war und sie auch ohne die Bemerkung Breuers zwangsläufig eingetreten wäre. Honsell bezeichnete das damals zu Recht (juristisch) als einen Fall "überholender Kausalität": Wenn bereits die erste Ursache (das ist die im Finanzsektor bekannte tatsächliche Überschuldung der Kirch-Gruppe mit 6,5 Milliarden Euro) den Kausalverlauf hin zum Zusammenbruch in Gang gesetzt hatte, bleibe eine etwaige "Zweitursache" (das ist das Breuer-Interview, wenn man es denn überhaupt als "ursächlich" werten könnte) daneben irrelevant.

Es lohnt sich für die Gesamtschau, diese beiden Beiträge und den Aufsatz von Honsell noch einmal nachzulesen. Vielleicht hätte die Deutsche Bank, wenn sie auf die anklingende Skepsis gegenüber der Bestandsfähigkeit des Münchner OLG-Urteils gehört und ein wenig vertraut sowie dann den Zivilprozess mit Kirch zu Ende geführt hätte, ihr derzeitiges Bilanzbild um die ohne zwingende Not hingeblätterte "Fast-Milliarde" ein wenig verbessern können. Aber ob es dann für eine Dividende für 2015 gereicht hätte, muss angesichts der vielen anderen "Baustellen" gleichwohl offen bleiben.

Rechtsanwalt Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
Noch keine Bewertungen vorhanden


X