Digitalisierung

Risiken und Nebenwirkungen

Digitalisierung - Panazee eines jeden Wirtschaftszweiges. Möchte man zumindest meinen, so oft wie das Schlagwort dieser Tage in den Mund genommen wird. Selbstredend ist die Digitalisierung ein wichtiger Aspekt, der mittlerweile nahezu jeden Lebensbereich durchdringt und für die Finanzbranche in der Breite einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor darstellt. Kunden wünsche entwickeln sich dahin gehend, Arbeitsabläufe innerhalb eines Instituts werden dadurch vereinfacht und Kosten können gesenkt werden - oder?

Einer Studie der Economist Intelligence Unit zufolge ist das Allheilmittel für Teile der Finanzbranche wohl eher eine bittere Pille. Im Detail dreht sich die Studie um die Anwendung von KI-basierten Lösungen für die Finanzbranche. Es wurden drei verschiedene Typen von Instituten befragt: Investment- und Retailbanken sowie Versicherer. Während sich vor allem Investment- (IB) und Retailbanken (RB) bei der Anwendung von Technologien wie prädikativer Analyse (RB: 71 Prozent; IB: 60 Prozent) oder virtuellen Assistenten (RB: 61 Prozent; IB: 58 Prozent) hervortun, sind Versicherer oft weit abgeschlagen (jeweils 54 und 50 Prozent). Bei maschinellem Lernen liegen Versicherer (57 Prozent) vor den RB (55 Prozent), jedoch hinter IB (63 Prozent). In den Feldern Computerlinguistik, Bildanalyse und robotische Prozessautomatisierung verringert sich die Anwendungsrate allgemein, aber auch hier sind Versicherer oft weit hinter den Banken.

Die Studie führt die Größe sowie die einfachere Produktpalette der Versicherer als Grund an, warum hier wohl der Bedarf an KI-Lösungen niedriger ist. Der Geschäftsbereich sieht wohl weniger Mehrwert in diesen Technologien für sein Angebot und für seine Nutzer. Auf der anderen Seite sind auch Hindernisse und Risiken mit der Einführung verbunden. Hiernach gefragt antworten 39 Prozent aller Teilnehmer, größtes Hindernis seien die Kosten der Technologie. Als großes Risiko sehen vor allem in Europa Befragte behördliche Herausforderungen (32 Prozent). Unter diesen Gesichtspunkten erscheinen KI-Technologien als eine Lösung, die sich nur größere Institute leisten können.

Die Digitalisierung und deren einzelne Ausprägungen, wie KI oder auch die Blockchain, über alle Geschäftsbereiche stülpen zu wollen, führt vielleicht also nicht immer zum Erfolg. Wie auch Daniel Schmand, verantwortlich für das Geschäftsfeld der Handelsfinanzierung bei der Deutschen Bank, im Gespräch im Heft betont, müssen für die Anwendung digitaler Lösungen auch ein entsprechender Beweggrund sowie ein durchdachtes Konzept vorliegen. Das heißt nicht, dass digitale Lösungen nicht in strategischen Diskussionen berücksichtigt werden sollten. Grundsätzlich sollte aber immer hinterfragt werden, ob die Digitalisierung im Unternehmen um der Digitalisierung willen geschieht und nicht andere, grundlegendere Probleme zuerst angegangen werden müssten.

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