Deutsche Bundesbank

Robuste Entscheidungen

Quelle: Deutsche Bundesbank

Dass die Bundesregierung Jens Weidmann für eine zweite Amtszeit als Bundesbankpräsident vorschlagen würde, war schon seit Anfang des Jahres vermutet worden. Ausgerechnet am Tag der Bilanzpressekonferenz der Notenbank ist die Ernennung dann offiziell bestätigt und Anfang März vom Bundesbankvorstand befürwortet worden. Die Terminierung dieser Personalentscheidung durch die Bundesregierung muss kein Zufall sein. Weidmann jedenfalls wirkte nicht sonderlich überrascht, sich bei der Jahrespressekonferenz 2018 auch zu dieser Personalie äußern zu müssen. Er tat dies völlig sachlich und realistisch genug, von sich aus die Ernennung von gleich zwei deutschen Kandidaten für die Präsidentenposten der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank als eher unwahrscheinlich einzustufen.

Einmal mehr hat Jens Weidmann dann angedeutet, dass er sich auch künftig in welcher Position auch immer seinen Blick für eine zeit- und situationsgerechte Anwendung des geldpolitischen Instrumentariums bewahren will. In diesem Sinne hat er die Dringlichkeit einer Wiederbelebung der langfristigen Refinanzierungsgeschäfte (targeted longer-term refinancing operations TLTROs) relativiert, weil er die derzeitige Lage als anders einstuft als jene bei ihrer Einführung. In der Tat spielt die Sorge vor einer Deflation im Moment eine eher untergeordnete Rolle und zudem kann der Bundesbankpräsident auch auf unverändert deutliche Wachstumsraten der Kreditvergabe von 4 Prozent verweisen, gegenüber seinerzeit minus 2 Prozent. Die Sparkassen, um ein Beispiel aus Deutschland zu geben, haben für das Berichtsjahr 2018 gerade ein Plus von 5,5 Prozent bei den Kreditbeständen und plus 6,6 Prozent beim Neugeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen gemeldet. Zumindest in Deutschland ist zudem die Eigenkapitalquote der Unternehmen und insbesondere des Mittelstandes in den vergangenen zehn Jahren deutlich auf über 30 Prozent angestiegen.

Wenn unter solchen Voraussetzungen über eine Wiederbelebung des Instrumentes der langfristigen Refinanzierung von Kreditinstituten nachgedacht wird, will der Bundesbankpräsident nicht nur das Szenario möglicher Crowding-Out-Effekte bei der realen Kapitalmarktfinanzierung betrachtet wissen, sondern auch die Ausgestaltung, beispielsweise die Laufzeit, die Zinskonditionen und die Volumina einschließlich der Klippeneffekte. Die Ratskollegen, so lässt sich im Rückblick festhalten, haben diese Überlegungen des Bundesbankpräsidenten zumindest als Anregung betrachtet und die konkrete Ausgestaltung offengelassen. In der Sache haben sie sich allerdings schon gut acht Tage später in ihrer Sitzung von Anfang März und damit schneller als an den Märkten erwartet intensiv mit diesen Themen befasst und von September 2019 bis März 2021 ein Programm für längerfristige Refinanzierungsgeschäfte auf den Weg gebracht, das die Aufnahme von bis zu 30 Prozent des Bestands an anrechenbaren Krediten (Stand Ende Februar) ermöglicht. Ob das aber den Vorstellungen von Jens Weidmann entspricht? Er hatte in Phasen von Unsicherheit hinreichend robuste Entscheidungen der Geldpolitik angemahnt. (Zur Bundesbankbilanz 2018 siehe Zentralbanken in diesem Heft.)

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