Sparkassen

Die Ruhe vor dem Sturm?

Quelle: pixabay.com

Schon bei der Vorstellung des konsolidierten Jahresabschlusses der genossenschaftlichen Finanzgruppe wurde deutlich, dass die Corona-Pandemie und der Lockdown bislang noch keine nennenswerten Spuren in den Gewinn- und-Verlust-Rechnungen der Institute hinterlassen haben. Das gleiche Bild zeigte sich in Stuttgart, als Verbandspräsident Peter Schneider die Bilanz des ersten Halbjahres seiner 51 Mitgliedssparkassen vorstellte. Von Krise - noch - keine Spur. Die Kundeneinlagen stiegen auf den stolzen Rekordwert von 150,7 Milliarden Euro, das gesamte Kundenkreditvolumen um 4,4 Prozent auf 139,3 Milliarden Euro. Davon entfielen 65,5 Milliarden Euro auf Ausleihungen an Privatpersonen und 66,4 Milliarden auf Firmenkundenkredite. Allein die Zusagen für neue Kredite erreichten in den ersten sechs Monaten den neuen Höchststand von 15,1 Milliarden Euro.

"Ziel der Sparkassen ist es, ihren Kunden in der Corona-Krise schnell zu helfen", unterstrich Schneider die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Institute bei der Bewältigung der aktuellen Krise, der er unabhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie ein wesentliches höheres Gefährdungspotenzial als dem der Finanz-Krise bescheinigte. Entsprechend baute der Verbandspräsident denn auch vor. Schon für 2020 erwarten die Sparkassen ein deutliches niedrigeres Ergebnis als im Vorjahr. Der Zinsüberschuss wird im laufenden Jahr Schätzungen der Institute zufolge um rund 130 Millionen auf gut 3 Milliarden Euro sinken. Gleichzeitig erhöht sich der ordentliche Aufwand durch regulatorische Belastungen, Investitionen beispielsweise in die IT und steigenden Personalaufwand um rund 100 Millionen auf knapp 3 Milliarden Euro. Belastungen kommen aber vor allem über die Risikovorsorge, die sich auf rund 400 Millionen Euro mehr als verdreifachen wird.

Dabei gibt es im laufenden Jahr in Baden-Württemberg bisher weniger Insolvenzen als im Vorjahr. Allerdings verzerrt hier natürlich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Darüber hinaus stundeten die Sparkassen rund 51000 Privat und Firmenkunden die Kreditraten, insgesamt eine Summe von 1,14 Milliarden Euro. Die Wahrheit, so Schneider, werde sich also erst 2021 und 2022 zeigen, wenn klar wird, welche Kunden wie lange durchhalten können. Dabei sei es ein Hoffen und Bangen, denn während Gastronomie und Maschinenbau beispielsweise stark zu kämpfen hätten, floriere das Geschäft bei Handwerkern und Gartenbauunternehmen. Kommt das dicke Ende also erst noch? Ist es da klug, im Kreditneugeschäft dermaßen auf das Gas zu treten? Schneider rechnet auch in den kommenden beiden Jahren mit spürbaren Belastungen aus der weiter ansteigenden Risikovorsorge. Angst und bange ist ihm aber nicht. Die Institute hätten in den vergangenen zehn Jahren genug Möglichkeiten gehabt, Speck anzusetzen. Die Eigenkapitalsituation sei verdoppelt worden, inklusive der 340f-Reserven liege die Quote bei über 15 Prozent. Damit sei sichergestellt, dass die vorhersehbaren Belastungen verdaut und die Kunden weiterhin mit Kredit versorgt werden können.

Mehr Sorge bereiten dem Präsidenten da schon gewisse aufsichtliche Tendenzen. Da ist zum einen das von der EZB ausgesprochene Dividendenverbot. Hier möchte er die Sparkassen-Finanzgruppe unbedingt ausgeklammert wissen. Schließlich verbleibe das ausgeschüttete Geld ganz überwiegend innerhalb der Familie und gehe nicht an Finanzinvestoren. Die Sparkassen brauchten die Verzinsung ihres beispielsweise in der LBBW angelegten Kapitals, um auch weiterhin ihren Aufgaben nachkommen zu können. Denn dieses sei seinerzeit am Kapitalmarkt aufgenommen worden und ohne Dividendenzahlung müssten die Zinsen hierfür aus den Gewinnen des Jahres 2020 gezahlt werden. Auch die angekündigte Rückkehr der Aufseher zur Normalität wertet Schneider kontraproduktiv. Denn dies verunsichere die Vorstände, die entsprechend vorsichtig agierten und sehr zurückhaltend beim Nutzen der Erleichterungen seien, um hinterher "nicht am Fliegenfänger der Aufsicht zu hängen". Die Diskussionen um das Institutssicherungssystem sieht Schneider sportlich, ist aber guter Dinge, dass Lösungen gefunden werden können, auch wenn das in dem einen oder anderen Punkt schwierig sei. Es könnte also alles viel schlimmer sein - aber halt auch besser.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X