Commerzbank

Ein schlechtes Zeichen

Quelle: Commerzbank

Wie viel muss passieren, dass der Aufsichtsratschef und der Vorstandschef einer der bedeutendsten deutschen Privatbanken gleichzeitig ihren Hut nehmen müssen? Gar nicht so viel offensichtlich. Es langt der Unmut eines 5-Prozent-Aktionärs aus den USA über die wirtschaftliche Entwicklung und ein stures Management, das seine tollen Vorschläge einfach nicht beachten will. Dies reicht offensichtlich trotz einer Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an diesem mittlerweile 150 Jahre alten deutschen Unternehmen von mehr als 15 Prozent aus. Also werden Stefan Schmittmann am 3. August dieses Jahres und Martin Zielke spätestens zum Jahresende mehr oder weniger freiwillig aufgeben.

Für den Finanzplatz Deutschland im Allgemeinen und die Commerzbank im Besonderen ist das ein schlechtes Zeichen. Natürlich hat das Institut in den vergangenen Monaten keine allzu glückliche Figur abgegeben. Zu sehr hat man die Strategie der vergangenen Jahre auf eine Zinserhöhung Mitte bis Ende 2019 ausgerichtet, sozusagen als Abschiedsgeschenk des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi. Es ist anders gekommen. Davon wurde das Management ganz offensichtlich überrascht. Denn die schnell vorgelegte Strategie 5.0 war wenig plausibel und fand auch kaum Anerkennung am Markt oder bei Mitarbeitern. Spätestens als der dringend erforderliche Verkauf der polnischen Tochter m-Bank abgebrochen wurde, musste der Neuanfang unter den verschärften Bedingungen als gescheitert betrachtet werden. Die hohen Investitionen in die wachsenden Kundenbestände zahlten sich bislang ebenso wenig aus, wie sich das enorme Wachstum bei Mittelstands- und Unternehmenskrediten angesichts der sich verschärfenden Rezessionsängste zum Mühlstein entwickeln wird. Allein im ersten Quartal fielen Corona-bedingt Verluste bei Fair-Value-Bewertungen in Höhe von 295 Millionen Euro und zusätzliche Risiken in Höhe von 185 Millionen Euro an. Das ist aber bestimmt kein Einzelfall und kein Commerzbank-spezifisches Problem. Aber den Aktionären und der Öffentlichkeit in dieser Phase keine glaubwürdige Vision für eine auskömmliche und eigenständige Zukunft geliefert zu haben, das muss sich das Management ankreiden lassen.

Nun steht die Bank erst einmal vor einem Scherbenhaufen. Ein neuer Aufsichtsratschef dürfte vielleicht noch zu finden sein. Aber ob dieser dann schnell einen neuen Vorstandschef präsentieren kann - extern oder aus den eigenen Reihen, in denen sich mit Bettina Orlopp und Roland Boekhout zwei geeignete Kandidaten befinden - ist mehr als fraglich. Wer will sich einen solchen Posten schon antun: keine Perspektive, einen Haufen Grausamkeiten zu erledigen, unzufriedene Hauptaktionäre, verunsicherte Mitarbeiter und ein ausgesprochen widriges Umfeld sind jedenfalls keine überzeugenden Argumente.

Bleibt die Frage nach der strategischen Perspektive und damit der Zukunft, die sicherlich auch eng mit den Interessen der Bundesregierung verknüpft ist. Diese hat vor gar nicht allzu langer Zeit schon einmal den Anstoß gegeben, die beiden verbliebenen deutschen Großbanken zusammenzuführen. Damals wurde noch auf Augenhöhe verhandelt. Seitdem haben sich die Gewichte stark zugunsten der Deutschen Bank verschoben. Neuerliche Gespräche würde es also nur zu Christian Sewings Konditionen geben. Doch auch hier müssten vorher entscheidende Weichenstellungen wie Stellenabbau und Filialschließungen von einem Commerzbank-Interimschef vorgenommen werden. Oder greift doch ein Ausländer zu, der sich für rund 5 Milliarden Euro Kaufpreis Assets im Wert von knapp 30 Milliarden sichern könnte. Ausgeschlossen ist auch das nicht mehr. Nur eine eigenständige Zukunft der Commerzbank über ihr 150-jähriges Bestehen ist in den derzeitigen Planspielen schwer zu erkennen. Das ist traurig.

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