Banken

Schwarzmalerei

Die Wissenschaft hat eine fundierende, eine kritische und eine utopische Funktion. Die fundierende Funktion besteht darin, dass sie die Grundlagen für Aussagen erarbeitet. Ihre kritische Aufgabe erfüllt sie, indem sie Fehler aufdeckt und deren Beseitigung anregt. Ihrer utopischen Funktion wird sie gerecht, wenn sie neue Ziele, Werte und Modelle entwickelt. So kann man es im "Wirtschaftslexikon 24" nachlesen. Das Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat sich nun die Mühe gemacht, die Kennzahlen von mehr als einer halben Million deutscher Unternehmen mit den Bilanzdaten von über 1 000 hiesigen Banken zu verknüpfen und kommt zu dem Schluss: Deutschland steht eine neue Bankenkrise bevor. Die Befürchtung: Bundesweit werden in folge der Corona-Pandemie Tausende Firmen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können und die Kreditausfälle könnten Deutschlands Banken so schwer belasten, dass diese selbst in Existenznot geraten. Im optimistischen Szenario, bei dem sich die deutsche Wirtschaft rasch erholt, wären immerhin sechs Prozent und damit Dutzende hiesige Geldhäuser gefährdet. Hingegen würden im pessimistischen Szenario einer langen Wirtschaftsflaute bis zu 28 Prozent und damit Hunderte Banken in ernste Schwierigkeiten geraten, so die Ergebnisse der IWH-Analyse.

Sicherlich wird es höhere Kreditausfälle geben. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich die dramatischen Schätzungen der Experten bewahrheiten werden. Laut Oliver Wyman beispielsweise müssen sich die Institute in den kommenden drei Jahren auf Kreditausfälle von mehr als 400 Milliarden Euro einstellen. Bei einem zweiten europaweiten Lockdown könnten sich die Ausfälle auf mehr als 800 Milliarden Euro verdoppeln. Die Ratingagentur Moody's schätzt, dass der Anteil fauler Kredite in den Bankbilanzen bis 2022 bei den meisten europäischen Banken um ein bis drei Prozentpunkte steigen werde. Ende Juni galten 8,5 Prozent der Kredite europäischer Banken an kleine und mittlere Unternehmen als ausfallgefährdet, bei Verbraucherdarlehen waren es 5,6 Prozent. Und der Bonner Wirtschaftswissenschaftler Moritz Schularick prognostiziert gemeinsam mit den Volkswirten Sascha Steffen und Tobias Tröger vom Center for Economic Policy Research (CEPR) einen zusätzlichen Eigenkapitalbedarf für europäische Banken aufgrund der Rezession und der Kreditausfälle von bis zu 600 Milliarden Euro in einem negativen Szenario und bei einem moderaten Verlauf von immerhin noch bis zu 143 Milliarden Euro.

Sollte man nun in Panik geraten und die Institute, wie gefordert, vorsorglich zwangsrekapitalisieren und zwangsfusionieren? Denn mehr an kreativen Ideen fällt den Auguren auch nicht ein. Wohl kaum, zumindest mit Blick auf die Bundesrepublik und die heimischen Institute. Per Ende 2019 betrug das harte Kernkapital der deutschen Banken und Sparkassen laut BaFin 511,7 Milliarden Euro, die gesamten Eigenmittel summierten sich auf 573 Milliarden Euro. Hinzu kommen laut Bankenstatistik der deutschen Bundesbank noch einmal rund 117 Milliarden Euro an stillen Reserven aus dem Fonds für allgemeine Bankrisiken. Damit lassen sich vor allem in den beiden Verbünden einige Jahre mit weniger Kundenkreditwachstum und höheren Wertberichtigungen sicherlich aushalten. Und wer doch in ernsthafte Schwierigkeiten kommt, wird über die Institutssicherung der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken wie bisher auch recht geräusch- und effektlos mit dem Nachbarn fusioniert.

PS: Immerhin dürfte von der Bankenaufsicht dieses Mal keine Schelte kommen, sollten die Kapitalpuffer am Ende doch etwas zusammenschmelzen. Schließlich hat diese die Institute doch explizit dazu aufgefordert, ihrer Verpflichtung nachzukommen und die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen. Kapitalpuffer seien dafür da, in Krisenzeiten genutzt zu werden, so Andrea Enria, der Vorsitzende des Single Supervisory Mechanism der EZB.

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