Bankenverband

Schwerer Einstand

Martin Zielke, Vorsitzender des Vorstands, Commerzbank AG

Es gibt leichtere Zeiten, in denen man ein neues Mandat in einem so wichtigen Verband antreten darf. Doch Martin Zielke ist als Vorstandsvorsitzender der Commerzbank an große Herausforderungen gewöhnt. Nun folgt er für die nächsten vier Jahre auf Hans-Walter Peters, den Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Privatbank Berenberg, als Präsident des Bundesverbandes der deutschen Banken (BdB). Bei Zielkes virtueller Antrittsrede dankte er zunächst Peters, der zahlreiche Themen angepackt und erfolgreich umgesetzt habe (siehe dazu auch den Beitrag in dieser Ausgabe). Doch dann kam die Rede natürlich gleich auf das alles umspannende Thema derzeit: die Corona-Krise.

Zielke sieht die Politik in dieser historischen Ausnahmesituation in besonderer Verantwortung, findet jedoch auch, dass sie dieser bislang gerecht wurde. Aber auch den Kreditinstituten weist er eine besondere Rolle zu. Wirtschaftlich solide Unternehmen und Selbstständige, die trotz funktionierender Geschäftsmodelle plötzlich und unverschuldet vor dem Aus stehen, dürfe man nicht alleinlassen. Gleichzeitig wendet der neue Bankenpräsident jedoch ein, dass auch weiterhin die Kredite sorgfältig geprüft werden sollten, wie es die Regularien der KfW ja auch vorschreiben. Damit nimmt er zunehmenden Forderungen aus Teilen der Politik den Wind aus den Segeln, die sich eine weitestgehend ungeprüfte Kreditvergabe nach dem Gießkannenprinzip wünschen. Auch wenn die von der KfW durchgeleiteten Kredite zum größten Teil von der Haftung befreit sind, finden sich die Kredite - bei denen es wohl kaum zu vermeiden ist, dass es zu Ausfällen in nicht unerheblichen Maße kommt - in den Bankbilanzen wieder. Daher ist das Beibehalten der Sorgfalt bei der Vergabe alternativlos.

Zielke hielt zudem ein flammendes Plädoyer für Europa. In einer Zeit, wo die Fliehkräfte am Zusammenhalt der Union reißen, ist das ein bemerkenswertes und sehr wichtiges Signal. Der BdB-Präsident ruft zu einem echten europäischen Finanzbinnenmarkt auf. Er eröffne Chancen für Wachstum und Wohlstand in Europa - was nach der Krise dringend benötigt werde. Dem kann man uneingeschränkt zustimmen. Nach der Krise braucht es die Ärmelhochkrempel-Mentalität aller und die richtigen Rahmenbedingungen in Europa, damit der krisenbedingte Wohlstandsverlust schnellstmöglich wieder ausgeglichen werden kann.

Der Commerzbank-Chef hat aber auch schon einen Blick auf die Zeit nach der Krise zu werfen versucht. Dabei berichtet er vom gegenwärtigen Siegeszug der Digitalisierung. Nicht nur im Zuge des Homeoffice, auch im Banking. Die Nachfrage nach Onlinebanking wächst stark. Mittlerweile findet jede zweite Girocard-Zahlung kontaktlos statt - vor der Krise waren es 35 Prozent. Tatsächlich könnte die Corona-Krise eine Art Initialzündung für einen Quantensprung in der schon vorher viel beschworenen Digitalisierung werden.

Klar ist, viele Geschäftsmodelle werden sich wandeln müssen, auch, aber nicht nur, bei den Banken. Der Siegeszug des digitalen Banking, der sich durch die Krise andeutet, dürfte zu einer weiteren Ausdünnung des Filialnetzes führen und ja, auch zu weiterem Personalabbau. Auf Nachfrage dazu antwortete Zielke zwar ausweichend, aber zwischen den Zeilen war zu lesen, dass er das ähnlich sieht. Schließlich weist er am Ende seiner Rede auch noch einmal darauf hin, dass Banken profitabel wirtschaften müssen, um ihre wichtige Aufgabe in der Gesellschaft erfüllen zu können. Dazu gehört selbstverständlich auch Kosteneffizienz.

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