Retailbanking

Senioren sind finanzaffin

Dass große Krisen oder sogar schon so mancher Stromausfall zu einem Babyboom führen können, hat uns die Historie gelehrt. Ob dieser Effekt auch bei der Corona-Pandemie eintreten wird, kann laut dem Bundesverband für Frauenärzte erst Ende dieses Jahres mit Fakten belegt werden. Der demografische Wandel kann hingegen schon seit einigen Jahren beobachtet werden. So machen heute Senioren ab 60 Jahren mit einem Anteil von über 25 Prozent rein numerisch betrachtet eine bedeutsame Bevölkerungsgruppe aus - Tendenz steigend. Entsprechend wird dieses Kundensegment für Banken noch weiter an Bedeutung zunehmen. Darauf müssen sich die Institute mit ihrem Angebot an Produkten und Vertriebskanälen einstellen. Gar nicht so einfach, wenn der allgemeine Wettbewerb zur Digitalisierung des gesamten Banksystems drängt und man gleichzeitig wichtige Kunden nicht verlieren darf. Wie kommen Senioren mit der zunehmenden Technisierung des Bankgeschäfts klar und wie zufrieden sind sie mit ihrem Institut?

Um diese Fragen zu beantworten, hat der Bankenverband bereits die zweite Seniorenstudie durchgeführt. 58 Prozent der befragten Senioren gaben an, sich gerne um ihre Finanzen zu kümmern. Bei den Erwerbsfähigen im Alter von 18 bis 59 Jahren waren 62 Prozent dieser Ansicht. Das muss aber nicht heißen, dass die ältere Generation weniger finanzaffin wäre, denn 60 Prozent gaben an, sich in Geldangelegenheiten gut auszukennen. Dennoch empfinden mit 63 Prozent Senioren etwas häufiger Geldanlagen und Bankgeschäfte als sehr komplex (56 Prozent).

Für die Jüngeren ist allerdings das Online-Banking deutlich relevanter als bei den Älteren (86 versus 56 Prozent), die nach wie vor einen größeren Wert auf die gute Erreichbarkeit der Bankfiliale und die persönliche Beratung legen (86 versus 77 Prozent; 80 versus 75 Prozent). Und auch wenn nach wie vor jeder zweite Produktabschluss eines Bankproduktes in einer Filiale stattfindet, lässt sich ein Rückgang bei den Filialbesuchen generell feststellen. Im Jahr 2001 besuchten noch über 80 Prozent der Deutschen mindestens einmal im Monat eine Bankfiliale, während dies aktuell nur noch 44 Prozent tun. Eigentlich kaum verwunderlich vor dem Hintergrund, dass während der Corona-Pandemie aus Sicherheitsgründen einige Filialen geschlossen wurden und auch die Konsolidierung der Institute weiter zunimmt. So suchten 58 Prozent der Senioren noch vor der Krise mindestens einmal im Monat eine Filiale auf. Die Krise hat also auch der älteren Kundschaft einen Digitalisierungsschub gegeben, fast die Hälfte der über 60-Jährigen nutzt inzwischen Onlineoder Mobile Banking - die ältere Generation ist also durchaus lernfähig und die Hürde für die Senioren der Zukunft sollte erwartungsgemäß noch niedriger ausfallen.

Was die Kundenzufriedenheit der über 60-Jährigen anbelangt zeigt sich vor allem bei der Bewertung der eigenen Bank ein sehr positives Bild. 90 Prozent sind mit den Leistungen zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Zudem herrscht ein allgemeines Vertrauen darüber, dass ihr Vermögen bei ihrer Bank sicher ist (77 Prozent). Im Hinblick auf Banken und Sparkassen generell sind Senioren etwas kritischer eingestellt, auch im Vergleich zur jüngeren Generation, aber dennoch hegen drei von fünf Senioren eine gute oder sehr gute Meinung zu den Instituten. Mit ihrer eigenen Bank scheinen die Älteren also zufrieden sein, aber am Gesamtimage muss noch etwas gearbeitet werden. Außerdem hat die Krise gezeigt, dass auch die ältere Generation bereit ist, sich mit digitalen Lösungswegen auseinanderzusetzen. Es ist also an der Zeit für die Banken mit ihren Kunden einen weiteren Schritt nach vorn zu gehen.

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