Zahlungsverkehr

Von Spatzen und Tauben

"Ich zahle mit Karte." "Dann bitte hier reinstecken oder auflegen." Biieep! "Das geht ja einfacher als das Einkaufen." "Mit Karte heißt jetzt Girocard." Mit diesem Radioslogan feiert die deutsche Kreditwirtschaft aktuell eines ihrer Erfolgsprodukte und stellt die Wandel- und Zukunftsfähigkeit der alten EC-Karte heraus. Denn egal ob zum Geldabheben, ob kontaktlos oder mobil, die Girocard kann alles. Ansonsten ist von deutscher, kreditwirtschaftlicher Herrlichkeit aber nicht mehr viel geblieben. Die Zeiten einer GZS, die jahrelang den kartengestützten Zahlungsverkehr als Gemeinschaftsunternehmen betreut, gefördert und entwickelt hat, sind lange vorbei, viel länger schon als mit dem endgültigen Verkauf der traurigen Überreste an Firstdata im Jahr 2005 besiegelt wurde. Auch ihren beiden legitimen Kindern ist es nicht viel besser ergangen. Die Euro Kartensysteme mag zwar noch für viele Lizenzen und ähnliche Kontrollaufgaben wichtig sein, ihre machtpolitische Stärke für die deutschen Banken und Sparkassen hat sie mit dem Verkauf der Mastercard-Anteile aber längst eingebüßt. Auch mit Blick auf Visa hatte die deutsche Kreditwirtschaft eine starke Position, sicherte die Visa Europe doch zumindest die wichtigsten länderübergreifenden Interessen gegenüber der Konzernzentrale in den USA. Ob es richtig war, sich von den Anteilen an Visa Europe zu trennen?

Dann Concardis: 2003 aus der Euro Kartensysteme ausgegliedert, dominierten die Eschborner für die deutschen Banken und Sparkassen das Acquiring, sprich den Vertragsabschluss über die Kreditkartenakzeptanz und den Netzbetrieb mit seinen direkten Vertragsbeziehungen zum Händlerkunden hin. Je mehr diese Beziehungen zu den Händlern von den Instituten aber als wettbewerbspolitisch relevant eingestuft wurden ("Das kann unser Firmenkundengeschäft doch viel besser und wir verdienen dann auch mehr!"), desto mehr sank die Akzeptanz für Gemeinschaftsunternehmen wie die Concardis, die einerseits Geld kosteten und andererseits auch noch einen Teil der doch ohnehin so mageren Erträge abschöpften. Also weg damit: Anfang 2017 wurde stolz der Verkauf der Concardis an die Private-Equity-Unternehmen Bain Capital Private Equity und Advent International verkündet, der mit gut 700 Millionen Euro viel Geld in die Kassen der Eigentümer spülte. Heute zeigt sich, was damals schon viele vermutet haben, strategische Interessen können den neuen Eigentümern nicht unterstellt werden. Aktuell läuft die Übernahme der Concardis durch den dänischen Konkurrenten Nets. Wird das Acquiring der deutschen Banken und Sparkassen davon profitieren?

"Im dritten Quartal 2017 erfolgt der Zusammenschluss des bundesweit mitführenden Acquirers und Dienstleisters für bargeldloses Bezahlen am Point of Sale, B+S, mit Payone, das zu den 50 am stärksten wachsenden deutschen Technologieunternehmen zählt. Die BS Payone GmbH bündelt als Zahlungsinstitut einzigartig die Payment-Expertise aus stationärem Handel und E-Commerce in Europa." So verkündete es der Deutsche Sparkassenverlag stolz vor noch nicht einmal einem Jahr. Schon damals war klar, dass ein Investor gesucht wurde, aber die Mehrheit sollte doch bitte schön bei den Öffentlich-Rechtlichen verbleiben. So der Plan. Einigermaßen überraschend verkündete nun Ingenico, 52 Prozent der Anteile von BS Payone zu übernehmen und die Tochter der Sparkassen-Finanzgruppe mit der eigenen Tochter Easycash zu fusionieren. Der DSV schob schnell hinterher, sich auch als Minderheitseigentümer in Zukunft weitreichende Mitspracherechte gesichert zu haben.

All das unterstreicht: Mit einer gebündelten Interessenlage der deutschen Banken und Sparkassen im Zahlungsverkehr ist es (lange schon) vorbei. Es überwiegen Wettbewerbsgedanken und - natürlich den Umständen mit hohen Investitionen in neue Technologien und sinkenden Einnahmen durch Wegfall der Interchange beispielsweise geschuldet - die Sorge vor zu großen Belastungen. Da ist vielen der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach, soll heißen, lieber ein paar Millionen mehr auf dem Konto statt strategischen Einfluss auf die Zukunft des Zahlungsverkehrs. Dass man sich damit ausländischen Konzernen ausliefert und die Kontrolle über Kundenbeziehungen und Daten aus der Hand gibt, spielt eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Da regt man sich lieber über eine PSD II auf und betont, Paydirekt zum Erfolg zu bringen, um hintenrum dem jeweils anderen aber jeden kleinen Fortschritt zu neiden und so die Zukunft des Gemeinschaftsunternehmens immer wieder zu torpedieren. Verstehen mag das, wer will.

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