Finanzpolitik I

Staatliche Beteiligungen als Ultima Ratio?

Auch wenn in einer sozialen Marktwirtschaft der Staat bekanntermaßen lediglich dafür verantwortlich ist, die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Freiheit, fairen Wettbewerb und den Wohlstand zu stecken, mag es Ausnahmezustände geben, in welchen er tiefer in das wirtschaftliche Geschehen eingreifen muss. Da die Corona-Pandemie zahlreiche Unternehmen sowie das gesamte wirtschaftliche Gefüge bedroht, muss der Staat handeln und mithilfe von Steuergeldern die Existenzen absichern. Das tat er vor allem über Garantien bei Krediten und Nothilfen. Doch in einige Unternehmen wie beispielsweise der Lufthansa ist der Bund sogar direkt eingestiegen.

Dass sich die staatliche Beteiligung in der Wirtschaft ausweitet, lässt sich allerdings schon vor der Pandemie beobachten. So ist die öffentliche Hand inzwischen an mehr als 18 000 Unternehmen beteiligt, Tendenz steigend. Im Zeitraum zwischen 2006 und 2017 stieg die Anzahl der staatlichen Beteiligungen um etwa 28 Prozent. Ganz extrem Berlin. Hier haben sich die staatlichen Beteiligungen an Unternehmen verdreifacht. Dadurch würden zunehmend private Unternehmen zurückgedrängt, so eine Studie des Deutschen Steuerzahlerinstituts. Steuert Deutschland also gerade in eine Planwirtschaft?

Zunächst: Staatliches Eingreifen ist nicht per se zu verurteilen, mitunter kann dadurch Schlimmeres verhindert werden. Schon bei der Finanzkrise 2007/2008 hat sich die stabilisierende Wirkung solcher Rettungsaktionen gezeigt. Auch wenn die deutschen Banken und Sparkassen sich keineswegs alle blendender Gesundheit erfreuen - dafür sind die Rahmenbedingungen einfach zu widrig - so tragen sie aktuell aufgrund spürbar größerer Widerstandskraft doch erheblich dazu bei, die Folgen der Corona-Pandemie für Wirtschaft und Gesellschaft abzumildern.

Zu hinterfragen ist allerdings immer, wie viel solche Rettungspläne kosten dürfen und wie eine vernünftige Exitstrategie aussieht. Beispiel Commerzbank: Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) hat sich vor über zehn Jahren mit über 18 Milliarden Euro an der Großbank beteiligt. Zwar ist die Beteiligung von ehedem 25 Prozent plus einer Aktie inzwischen auf rund 15 Prozent gesunken, damit ist die Bundesrepublik aber immer noch größter Einzelaktionär des Instituts. Aktuell würde die Trennung von den Anteilen ein enormes Verlustgeschäft bedeuten. Von daher lässt man sich noch etwas Zeit. Aber wie lange? Und ist die schon einmal gescheiterte Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank die einzige Vision, die der Großaktionär hat?

Der Auftritt des Bundes auf dem wirtschaftlichen Parkett ist also zweifelsohne nicht zwingend profitabel oder gar risikolos. Doch wie legitimiert der Staat sein Handeln? Mit den nett klingenden Begriffen "Gemeinwohlauftrag" und "Daseinsvorsorge", doch diese sind eigentlich nicht wirklich klar definiert. Aus diesem Grund fordert der Bund der Deutschen Steuerzahler (BdSt) im aktuell vorgelegten "Schwarzbuch" eine klare Definition der beiden Begriffe sowie klare Regeln und Rechtfertigungen, wann sich der Staat beteiligen können sollte sowie eine Beteiligungsobergrenze und klare Ausstiegsszenarien. Staatsbeteiligungen müssten die Ausnahme bleiben und zeitlich begrenzt werden, heißt es. Das sind durchaus nachvollziehbare Forderungen des Lobbyverbands, denn das Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft braucht vor allem eins: Transparenz. So stellt Deutschland noch lange keine Planwirtschaft dar, aber inwieweit sich der Bund, die Länder sowie Kommunen in der Wirtschaft betätigen und vor allem in welchem Ausmaß, sollte allen Marktteilnehmern offengelegt werden.

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