Finanztransaktionssteuer

Steine im Weg

Dem Aktienmarkt drohen schwere Zeiten. Der Ecofin-Rat will am 10. Oktober 2019 (und damit erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) in Luxemburg beim Treffen der Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten eine Finanztransaktionssteuer (FTT) beschließen. Das hat auch die IHK in Frankfurt in einem Pressegespräch angedeutet, denn zehn Länder - neun sind nötig, um einen Beschluss im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" zu fassen - wollen auf der Sitzung eine FTT, oder besser gesagt eine abgespeckte Version davon als reine Aktiensteuer, durchsetzen. Es ist die Rede von 0,30 Prozent auf Aktientransaktionen mit Aktien von Unternehmen, die eine Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde Euro aufweisen.

Die IHK warnt vor den Folgen einer reinen Aktiensteuer - für Kleinanleger, Banken und die Volkswirtschaft insgesamt. In der Tat scheint da mal wieder ein politischer Schildbürgerstreich im Anmarsch zu sein. Über die Grundidee einer Finanztransaktionssteuer kann man durchaus kontrovers diskutieren. Doch was davon übrig bleibt - sollte sie tatsächlich in dieser Form kommen - ist wenig mehr als eine Konsenssuppe. Hauptkritikpunkt: Warum sollen nur Aktientransaktionen besteuert werden? Ursprünglich hieß das Projekt Finanztransaktionssteuer! In Zeiten von Null- bis Negativzinsen ist es für die Menschen sehr schwierig geworden, selbst erfolgreich die Altersvorsorge zu gestalten. Aber genau das sollen die Bürger vor dem Hintergrund einer immer stärker alternden Gesellschaft eigentlich tun - nach dem Willen der Politik. Der derzeit sinnvollste Ausweg aus der Zinsfalle ist neben Immobilien, die nicht für jedermann eine Option sind, der Weg über Aktien. Mit einer reinen Aktientransaktionssteuer hingegen werden den Bürgern damit neue, unnötige Steine in den Weg gelegt. Will man so die Leute animieren, mehr vorzusorgen?

Den Banken wurde von der Bundesbank nahegelegt, das Provisionsgeschäft zu stärken, um die erodierenden Zinserträge auszugleichen. Ist das unter diesen Voraussetzungen aber nicht ungleich schwieriger? Natürlich werden die Kunden wegen 0,30 Prozent Steuer nicht dazu übergehen, keine Aktien mehr zu kaufen. Doch die Erfahrungen in Frankreich zeigen, dass es Auswirkungen haben wird. Im Jahr 2012 wurde dort eine solche Steuer eingeführt. Laut IHK sind damals die Handelsumsätze um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. Das führt dann auch zu sinkenden Erträgen in der Provisionsbilanz der Kreditinstitute.

Zudem wird es zu Ausweichreaktionen kommen. Bei auch in anderen Ländern notierten Werten werden vor allem die professionellen Händler auf andere Handelsplätze ausweichen. Eine beliebte Variante, die auch in Frankreich zu beobachten war, ist der Umweg, die Transaktion über Derivate nachzubilden. So schaut der Fiskus in die Röhre. Da nur Unternehmen mit mindestens einer Milliarde Euro Marktkapitalisierung betroffen sind, wird es darüber hinaus vor allem bei Privatanlegern zu Ausweichreaktionen kommen, die dann vermehrt zu Small- und Midcaps greifen werden. Diese Werte haben jedoch in der Regel eine höhere Volatilität, was auch höhere Risiken bedeuten und somit suboptimal für den langfristigen Vermögensaufbau zur Alterssicherung sein kann.

Die avisierte Form der FTT kann zudem die Qualität des Handels beeinflussen. Wenn die Liquidity Provider und Market Maker nicht von der Steuer ausgenommen werden, müssen diese ihre Spreads ausweiten und somit würde sich die Preisbildung verschlechtern. Da vor allem die kleineren Intermediäre dann auch in Schwierigkeiten kommen können, wird tendenziell die Liquidität an den Märkten verschlechtert.

Alles in allem ist das eine politische Entscheidung mit fragwürdiger Lenkungswirkung und mit ungewünschten Nebenwirkungen, die mehr Schaden anrichten, als am Ende dabei an Nutzen rauskommt. Doch es bleibt noch eine Hoffnung: Dass die EU am Ende doch erneut zu uneinig war und dieses sinnlose Projekt sozialdemokratischer Verteilungssymbolik mal wieder scheiterte.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X