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Trendwende bei den Insolvenzen?

Die Risikovorsorge der Banken und Sparkassen bewegte sich in den vergangenen Jahren auf einem minimalen Niveau. Die Zahlungsmoral der Firmen und Privaten ist gut, die Insolvenzen sind seit Jahren rückläufig. Das hat dazu beigetragen, die Ertragslage in der Kreditwirtschaft auf einem noch erträglichen Niveau zu halten - trotz Niedrigzinsumfeld und steigender regulatorischer Anforderungen. In seiner Eigenschaft als Mahner und Warner schlägt nun jedoch der Kreditversicherer Euler Hermes - sicherlich nicht ganz uneigennützig - mit Blick auf die Unternehmenspleiten Alarm. "Die Insolvenzen kehren nach Deutschland zurück", so der erste Satz einer aktuellen Meldung. Zwar sei das noch nicht 2016 zu erwarten, voraussichtlich aber 2017. Im laufenden Jahr zeichne sich in Deutschland bereits eine Trendwende ab: Erstmals seit sieben Jahren sollen die Firmeninsolvenzen auf dem Rekordtief bei etwa 23 100 Fällen stagnieren und nicht weiter zurückgehen. 2017 werden sie dann nach Einschätzungen des Unternehmens zum ersten Mal wieder steigen, wenngleich nur leicht, um 1 Prozent. Weltweit erwartet Euler Hermes einen Zuwachs von 2 Prozent, sowohl 2016 als auch abermals 2017.

Zwar verspricht das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2016 mit einem erwarteten Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt um 1,7 Prozent durchaus noch Gutes, aber als exportstarke Nation leiden deutsche Unternehmen vor allem auch unter den Entwicklungen bei wichtigen Handelspartnern. Dort steigen vielerorts die Insolvenzen. Mit den USA, Großbritannien und China verzeichnen gleich drei der fünf wichtigsten Handelspartner der Deutschen einen Zuwachs bei den Pleiten und Frankreich bewegt sich weiter auf Rekordlevel und damit rund 30 Prozent oberhalb des Vorkrisenniveaus. Einzig die Niederlande verbuchen voraussichtlich einen Rückgang um 5 Prozent.

Besonders beunruhigt ist der Hamburger Versicherer von der im vergangenen Jahr deutlich gestiegenen Zahl der Pleiten bei großen Unternehmen. Denn durch sie gerieten - im Sinne des Dominoeffektes - auch die Lieferanten in Probleme: 2015 gab es weltweit 152 Insolvenzen von Unternehmen mit einem Umsatz größer als 100 Millionen Euro. 2014 waren es nur 94. 25 dieser Firmen (und 14 im Jahr 2014) waren sogar oberhalb der Umsatzmarke von einer Milliarde Euro. Nimmt man ihren Umsatz zusammen, beläuft sich dieser auf 87 Milliarden Euro - im Vergleich zu 28 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. In Deutschland meldeten acht Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro Insolvenz an - mit einem kumulierten Umsatz von insgesamt 2 Milliarden Euro.

Als wichtigen Indikator für die erwartete Trendwende bei der deutschen Insolvenzentwicklung sieht Euler Hermes aber auch die Zahlungsmoral. Nach durchschnittlich 56 Tagen bezahlen börsennotierte deutsche Unternehmen ihre Rechnungen, das ist elf Tage schneller als der weltweite Durchschnitt. Im Niedrigzinsumfeld zahlen die Firmen sogar noch schneller als im Vorjahr und versuchen, wenigstens von Skonti zu profitieren. Zahlungsverzögerungen sind rückläufig. Die Zahlungsausfälle aber sind bereits im vergangenen Jahr trotzdem um 3 Prozent angestiegen. Firmen zahlen also schneller - oder eben gar nicht.

Ein kleiner Trost für Banken und Sparkassen mag es sein, dass Euler Hermes in den vergangenen Jahren mit seinen Prognosen auch schon mehrfach daneben lag. Für 2013 wurde ein Plus bei den Firmenpleiten von 1 Prozent vorausgesagt, letztlich gingen diese dann aber um 8,1 Prozent (auf 25995 Fälle) zurück. Für 2014 stimmte zumindest die Tendenz: Vorhergesagt wurde ein Minus von 6 Prozent bei den Insolvenzen, der Rückgang betrug dann aber immerhin 7,3 Prozent (auf 24 085 Fälle). Im Jahr 2015 war dann wiederum das Vorzeichen falsch prognostiziert: Euler Hermes hatte bei den Unternehmensinsolvenzen eine Zunahme von 2 Prozent errechnet, letztlich hatten 4 Prozent Unternehmen weniger Insolvenz angemeldet als vorhergesagt (23123 Fälle).

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