Landesbanken

Überraschende Begründung

Herbert Hans Grüntker, Quelle: Helaba

Es klingt schon recht dramatisch, wie Herbert Hans Grüntker - trotz einer zufriedenen Bewertung des IFRS-Konzernergebnisses von 447 Millionen Euro vor und 256 Millionen Euro nach Steuern den aktuellen strategischen Anpassungsbedarf der Helaba begründet. Denn er stellt die Dringlichkeit einer Neujustierung mit zwei Einschnitten der vergangenen Jahrzehnte in eine Reihe, die nun wirklich jeder in Erinnerung hat. Als erste Marke nennt er den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Jahre 2001, auf die sein Haus mit dem Modell der integrierten Geschäftsbank, der Schaffung des Sparkassen-Verbundkonzeptes sowie dem Einstieg in die GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen reagiert hat und bis heute nicht schlecht gefahren ist. Denn diese Ausrichtung hat die Landesbank zweifellos davor bewahrt, im Jahre 2008 in aller Schärfe von der Finanzkrise, als zweiten wichtigen Einschnitt, getroffen zu werden. Als andere Landesbanken und viele private Kreditinstitute schmerzhafte Restrukturierungen vornehmen mussten, konnte die Helaba das Verbundgeschäft der früheren WestLB übernehmen und damit die Weiterentwicklung des Verbundes wie des Mittelstandsund Auslandsgeschäftes auch auf Nordrhein- Westfalen und Brandenburg ausdehnen.

Den aktuellen strategischen Anpassungsbedarf ohne akutes Krisensignal ähnlich hoch einzustufen und drei zentrale Handlungsfelder auszurufen, mag übereifrig klingen, passt aber zu dem immer wieder betonten Ziel der Helaba, selbst agieren und Marktentwicklungen aktiv gestalten zu wollen. Und der Blick voraus klingt dabei überraschend optimistisch. Die Zuversicht in die Wirkungen der drei beschlossenen strategischen Maßnahmen zur Fortentwicklung des Geschäftsmodells geht jedenfalls so weit, das Konzernergebnis in den kommenden Jahren spürbar steigern zu wollen. Zu den Wachstumsinitiativen zur Umsetzung dieses Ertragsziels gehört einerseits der Ausbau des Provisionsgeschäftes und andererseits organisatorische Maßnahmen. So soll etwa die Bündelung der Produktverantwortung für das Sparkassengeschäft in spezialisierten Einheiten generell das Verbundgeschäft stärken. Als konkrete Geschäftsfelder zur Erhöhung des Provisionsergebnisses nennt die Landesbank das Syndizierungsgeschäft, Corporate Finance, die Absatzfinanzierung, das Vermögensverwaltungsgeschäft der Helaba Invest, das Private Banking der Frankfurter Bankgesellschaft und nicht zuletzt den Zahlungsverkehr. Bei allem Wettbewerb im Geschäftsfeld Payment - auch durch Anbieter aus dem Nichtbankensektor - vertraut die Bank an dieser Stelle nicht zuletzt auf ihre gute Positionierung in der Abwicklung von elektronischen Zahlungen.

Den zweiten strategischen Handlungsstrang für Neuerun gen, die Modernisierung der Infrastruktur mit den Stichworten IT-Organisation und Digitalisierung, kann heute keine Bank vernachlässigen. Auf lange Sicht zählt die Helaba zu diesem Bereich nach wie vor auch die Modernisierung des Kernbankensystems. Eine neue Lösung, die maßgeblich für das Wholesalebanking geeignet ist, möglichst auf Standardlösungen zurückgreifen kann und eine Kostenteilung mit anderen Instituten ermöglicht, bleibt auf der Agenda. Doch auf absehbare Zeit hat die Bank das laufende Projekt abgebrochen. Das setzt gewisse Kapazitäten für die Forcierung der hauseigenen digitalen Agenda frei, angefangen von der Kunden-App über neue Kundenportale für Großkunden aus dem Corporate Finance und dem Immobilienkreditgeschäft bis hin zu digitalen Handelsplätzen. Als Beispiel wurde dieser Tage gerade eine Emissionsplattform für das Schuldscheingeschäft vorgestellt.

Dass es mit der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur zum Dritten ein recht weiches Ziel auf die strategische Agenda geschafft hat, untermauert den wachsenden Stellenwert der Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Kreditwirtschaft. Dieser ist nicht nur in den Blick der Aufsicht gerückt (siehe Beiträge in diesem Heft), sondern hat dieser Tage auch die EU- Kommission zu einem Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum animiert, der gerade in einer Konsultationsphase ist. Insofern kann die systematische Pflege des guten Rufs nach innen wie außen in einer zunehmend vernetzten Welt schon sehr bald von einem exotisch anmutenden Aspekt zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X