Insolvenzen

Unliebsame Trendwende in Sicht

Während die Unruhe an den Börsen die Ertragsrechnung der deutschen Kreditwirtschaft schon im abgelaufenen Jahr 2018 gestört und ein rückläufiges Provisionsgeschäft in der gerade beginnenden Bilanzsaison deutliche Spuren in der Ertragsrechnung hinterlassen hat, blieb es an anderer Stelle noch gewohnt ruhig. Die Entspannung bei der Risikovorsorge hat nun schon seit neun Jahren angehalten. Für das abgelaufene Jahr weist der Informationsdienstleister Creditreform die Zahl der Insolvenzen in Deutschland als weiter rückläufig aus und registriert mit 19 900 (20 140) Fällen gar den niedrigsten Wert dieses Indikators seit 1994. Ob die damaligen 18 820 Unternehmensinsolvenzen im derzeitigen Abwärtszyklus noch erreicht werden, ist allerdings fraglich. Denn erstmals seit vielen Jahren wird im Ausblick auf das laufende Jahr kein Rückgang, sondern eher ein leichter Anstieg erwartet. Im Handel haben sich die Fallzahlen schon im Jahr 2018 leicht erhöht. Zwar ist mit solchen Prognosen bei Weitem noch nicht der letzte Höchststand von 39 470 Fällen aus dem Jahr 2004 in Sicht. Aber die Zeiten, in denen sich die Risikovorsorge der Banken dank erheblich verbesserter Verfahren teilweise sogar als Ertragsquelle erwiesen hatte, könnten bald enden.

Leicht verringert haben sich den jüngsten Zahlen nach im Berichtsjahr 2018 auch die Insolvenzschäden. So wurden mit 26,0 (28,3) Milliarden Euro weniger an Ausfällen oder drohenden Ausfällen registriert als im Vorjahr. Je Insolvenzfall wird die durchschnittliche Schadenssumme für die privaten Insolvenzgläubiger wie etwa beispielsweise Banken, Lieferanten und sonstige Kreditgeber auf 915 000 Euro beziffert. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer wird auf 198 000 (203 000) veranschlagt. Auf die Branchen bezogen melden das verarbeitende Gewerbe (minus 6,7 Prozent auf 1 390 Fälle) und die Baubranche (minus 2,3 Prozent auf 2 920 Fälle) noch Rückgänge. Zahlenmäßig die meisten Insolvenzen registriert mit 11 310 (11 390) weiterhin das Dienstleistungsgewerbe. Differenziert man nach dem Lebensalter der Unternehmen, weist ein zunehmender Teil der von Insolvenz betroffenen Unternehmen ein Alter von mehr als 20 Jahren auf. Im Jahr 2018 traf dies in gut jedem fünften Fall zu (20,5 nach 18,3 Prozent). Gut die Hälfte aller betroffenen Unternehmen war höchstens zehn Jahre am Markt (52,2 nach 55,8 Prozent). Mit Blick auf die Unternehmensgröße fällt die ganz überwiegende Zahl an Insolvenzen - im Berichtsjahr 83,2 (82,7) Prozent - auf Unternehmen mit höchstens fünf Beschäftigten. Nur 0,6 Prozent der zahlungsunfähigen Unternehmen hatte im Berichtsjahr 2018 eine Beschäftigtenzahl von über 100. Dabei sind Großinsolvenzen in allen Wirtschaftsbereichen seltener geworden.

Die Kreditwirtschaft hat in den vergangenen Jahren zwar immer wieder betont, auch unter dem Druck der regulatorischen Auflagen ihr Risikomanagement deutlich verfeinert zu haben. Aber eine drohende Erhöhung der Insolvenzzahlen wird die Branche mit einer gewissen Unruhe beobachten. Wenn nämlich das Provisionsgeschäft bei unsicheren Märkten beschwerlich bleibt, die Stellschraube der Kosten wegen Investitionsbedarf in die Digitalisierung und/oder der regulatorischen Anforderungen nur begrenzte Spielräume bietet und nun auch noch die Risikovorsorge wieder stärker in den Blick genommen werden muss, belastet das die Ertragsrechnung der Branche. Es wird damit umso wichtiger, dass die Geldpolitik der EZB dem Zinsgeschäft wieder Raum zum Aufschwung gibt. Aber das ist im laufenden Jahr mehr als ungewiss. Viele Institute wären schon sehr froh, wenn sie in absehbarer Zeit wenigstens von Negativzinsen verschont bleiben würden.

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