Sparkassen

Verbund oder Konzern?

Quelle: Sparkassenverlag

Was ist ein Verbund? Was für jeden einigermaßen wirtschaftsinteressierten Deutschen auf den ersten Blick sehr einfach klingt, wird bei genauerem Hinsehen schon ein gutes Stück schwieriger. Denn zumindest die wissenschaftlich korrekte Beantwortung dieser Frage ist gar nicht so leicht. Eine einwandfreie Definition des Verbundes gibt es nicht. Ein Verbund ist die bestimmte Form des Zusammenschlusses beziehungsweise der Zusammenarbeit von Unternehmen, heißt es ganz allgemein. Erweitert man den Begriff Verbund in Richtung Unternehmensnetzwerk wird daraus eine Aufbauorganisation, die sich durch ein hohes Maß an Dezentralisierung auszeichnet. Rechtlich selbst ständige Unternehmen schließen sich in Unternehmensnetzwerken zusammen, um durch mittelfristig stabile, kooperative Beziehungen innerhalb der Organisation, des Netzwerkes, des Verbundes Wettbewerbsvorteile zu er zielen.

Mit diesen Annäherungen an eine Definition kommt man einer verlässlichen Einschätzung der Sparkassen-Finanzgruppe und der genossenschaftlichen Finanzgruppe schon recht nahe. Allerdings lässt die unklare Definitionslage naturgemäß einen mehr oder weniger breiten Interpretationsspielraum. Die Monopolkommission jedenfalls sieht insbesondere die Sparkassenorganisation zunehmend kritischer. In ihrem XXII. Hauptgutachten heißt es: "Die verbundzugehörigen Institute werden bisher zwar als selbstständige Marktteilnehmer behandelt. Allerdings sind beide Kreditverbünde - vor allem aber der Sparkassenverbund - schon seit Jahren dadurch gekennzeichnet, dass die Selbstständigkeit der Verbundmitglieder schrittweise ausgehöhlt wird, während zugleich bedeutende Anreize zu Absprachen bestehen. Wenn es zukünftig zu einer weiteren Verfestigung der Verbundstrukturen kommen sollte, so könnte dies zumindest bei den Sparkassen dazu führen, dass der Verbund oder zumindest Teile davon nicht mehr als Verbund selbstständiger Unternehmen, sondern vielmehr als einheitliches Unternehmen anzusehen wären."

Nun waren schon frühere Hauptgutachten keineswegs sparkassenfreundlich. 2014 etwa hinterfragte die Kommission das Regionalprinzip. Im XX. Hauptgutachten waren es dann die landeseigenen Sparkassengesetze, die schwerwiegende wettbewerbs- und beihilferechtliche Bedenken hervorriefen. Aber die Einstufung der Sparkassen als "Konzern" hat dann doch noch einmal eine andere Qualität, bezweifelt das doch die bewährte Organisationsform einer über zweihundert Jahre alten Bankengruppe in Deutschland. Sicherlich: Für die Aufsichtsbehörden sind Sparkassen in ihrer Gesamtheit selbstverständlich systemrelevant und damit vergleichbar wesentlich größeren, zentral geführten Einheiten. Allerdings fordert ebenjene Aufsicht eine Entlastung auf der Kostenseite durch stärkere Arbeitsteilung in den Verbünden. Und natürlich kann man wettbewerbsrechtlich über ein gesetzlich verankertes Regionalprinzip, das den faktischen Wettbewerb innerhalb zweier benachbarter Institute ausschließt, trefflich streiten. Aber digital werden Kunden längst in Geschäftsgebiete anderer Familienmitglieder hinein begleitet, wenn nicht sogar im einen oder anderen Falle umworben. Und auch die Landesbanken, die ebenfalls Teil des Sparkassenverbundes sind, wildern längst im Kundenstamm der jeweils anderen, gleich ob in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, NRW oder Niedersachsen.

Interessant ist auch, dass die Kreditgenossenschaften in den Augen der Wettbewerbshüter deutlich besser wegkommen. Dabei ist doch der Konzentrationsprozess auf Zentralbank- und Spezialinstitutsebene im genossenschaftlichen Finanzverbund weiter fortgeschritten als in der Sparkassenorganisation. Die Struktur ist heute schon spürbar homogener. Das allerdings ohne eine gesetzliche Verankerung von Wettbewerbsbeschränkungen untereinander. Ändern wird sich für die Sparkassen aber auch nach der erneuten Kritik wohl nichts. Oder?

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