Immobilien

Vonovia - Wohltäter oder Ungeheuer?

Vonovia
Quelle: Simon Bierwald

Am Pfingstmontag um 22:22 Uhr war die Katze aus dem Sack: Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia will die Nummer zwei auf dem Markt, Deutsche Wohnen, vollständig übernehmen. Was den Bochumern 2015 und 2020 verwehrt geblieben ist, soll nun im dritten Anlauf also doch noch ein Happy End finden. Und tatsächlich sind die Voraussetzungen für ein Gelingen der Elefantenhochzeit diesmal erheblich besser. Dafür spricht insbesondere die Tatsache, dass man, anders als bei den ersten beiden, von der Deutsche Wohnen als feindlich empfundenen Versuche, nun im besten gegenseitigen Einvernehmen agiert.

Deutsche-Wohnen-CEO Michael Zahn zeigte sich auf der tags darauf gemeinsam mit Vonovia-CEO Rolf Buch einberufenen Pressekonferenz denn auch "sehr glücklich" über die erzielte Fusionsvereinbarung. Diese sieht vonseiten der Vonovia ein Übernahmeangebot in Höhe von 53,03 Euro je Aktie für sämtliche ausstehenden Anteilsscheine der Deutsche Wohnen vor, was einer Prämie von 17,9 Prozent auf den Schlusskurs vom 21. Mai 2021 sowie einer Bewertung von rund 18 Milliarden Euro entspricht. Unter dem Strich kämen die beiden Konzerne damit auf eine Marktkapitalisierung von circa 45 Milliarden Euro und rund 550 000 Wohnungen im Wert von fast 90 Milliarden Euro. Es wäre der mit weitem Abstand größte Wohnimmobilienkonzern in Europa. "Das Marktumfeld ist für Vonovia und Deutsche Wohnen in den vergangenen Jahren immer ähnlicher geworden. Jetzt ist der richtige Moment, die erwiesene Leistungsfähigkeit und Stärken beider Unternehmen zu vereinen", so die Begründung von Zahn. Im Oktober 2020 hatte das noch ganz anders geklungen. Sein plötzlicher Sinneswandel ist aber nicht die einzige Überraschung im Kontext der Megafusion. So enthält die Vereinbarung beispielsweise kein Wort zu den beabsichtigten Kostensynergien oder anderen betriebswirtschaftlich relevanten Kennziffern.

Stattdessen wollen Buch und Zahn das Projekt in erster Linie als eine Art Startschuss für einen Neuanfang in der Zusammenarbeit mit Stadtgesellschaft und Politik verstanden wissen. Zu einem Zeitpunkt, in dem die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" bereits weit mehr als die Hälfte der für ein Volksbegehren benötigten 175 000 Unterschriften gesammelt hat, betonte Buch die Notwendigkeit, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Und das ginge nun einmal am besten gemeinsam. Nach eigenen Angaben bedeutet der Zusammenschluss auch den Aufstieg zu Deutschlands größtem Wohnprojektentwickler. Der Konzern wird dadurch laut Zahn in Zukunft "unglaublich viele Angebote" in Richtung der Kommunen machen.

Ein erstes konkretes Beispiel dafür hatten die beiden direkt im Schlepptau. So wurde dem Berliner Senat ein "Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen" angeboten, der für die Hauptstadt den Bau von 13 000 zusätzlichen Wohnungen, die Begrenzung der Mieterhöhungen in den nächsten drei Jahren auf höchstens 1 Prozent sowie den Verkauf von 20 000 Einheiten an kommunale Berliner Wohnungsunternehmen vorsieht. Das ist sicher ein ehrbares Unterfangen. Gleichwohl will man irgendwie nicht so recht glauben, dass diese zwei vor Kraft strotzenden Giganten, die ihre wichtigsten operativen Kennziffern selbst in Corona-Zeiten weiter zu steigern vermochten, derartige Wohltaten nicht auf sich allein gestellt realisieren könnten. Auch erscheint es reichlich naiv anzunehmen, damit die Berliner Enteignungsfantasten versöhnen zu können. Die haben dem neuen "Seeungeheuer des Mietmarktes" denn auch prompt den Kampf angesagt.

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