MiFID II

Wertpapierhandel und -beratung in Veränderung

Der rasanten Entwicklung auf den internationalen und europäischen Kapitalmärkten hat die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID aus dem Jahre 2004 nicht standhalten können. Zirka zehn Jahre nach ihrer Verabschiedung entschied sich der europäische Gesetzgeber zu ihrer Reform und hat in diesem Rahmen nicht nur eine neue MiFID- Richtlinie geschaffen, sondern diese auch ergänzt durch die Verordnung MiFIR. Dies betrifft sehr gravierende Inhalte: Wie schon die MiFID aus dem Jahr 2004 sieht nun auch die MiFID II einen umfangreichen Anlegerschutz vor, sie verstärkt ihn noch. So muss gemäß Art. 24 Abs. 4 der Berater den Kunden ausdrücklich darüber informieren, ob seine Beratung unabhängig oder nicht unabhängig erfolgt. Der deutsche Gesetzgeber hat bereits durch das sogenannte Honoraranlageberatungsgesetz diese Anforderung in sein nationales Recht umgesetzt.

Neu ist, dass nach MiFID II ein unabhängig beratendes Institut über eine ausreichend breite Produktpalette verfügen muss und nur Finanzinstrumente anbieten darf, die nicht von ihm selbst oder einem mit ihm in enger wirtschaftlicher Beziehung stehenden Institut herausgegeben wurden. Diesem Institut ist es untersagt, Zuwendungen in jeglicher Form für die Beratung anzunehmen. Institute, die sowohl eine nicht unabhängige als auch eine unabhängige Anlageberatung anbieten, müssen eine organisatorisch ausreichende Kontrolle bereitstellen, um sicherstellen zu können, dass beide Bereiche organisatorisch voneinander getrennt werden (so ESMA: Technical Advice vom 19. Dezember 2014).

Eine inhaltliche Neuerung im bisherigen Wertpapiergeschäft bedienen die sogenannten Produkt-Governance-Plichten. Mit ihnen stellt Art. 16 Abs. 3 MiFID II die Verpflichtung des Anlageproduzenten, aber auch der Anlage-Vertriebsstellen auf, Anlageprodukte einem bestimmten Markt beziehungsweise Anleger zuzuordnen. Gefolgt werden die genannten Verpflichtungen von einem umfangreichen Katalog der Kundeninformation (Art. 24 Abs. 4 S. 1) sowie der Zunahme von Aufzeichnungspflichten (Art. 26 Abs. 6 MiFID II). Problematisch gerade unter Datenschutzgesichtspunkten erscheint die von Art. 16 Abs. 7 MiFID II geforderte Aufzeichnung sämtlicher Telefongespräche und E-Mail-Kontakte zwischen dem Finanzdienstleister und dem Kunden für die Dauer von sieben Jahren. Die Institute müssen zudem eine entsprechende Information dem Kunden geben sowie die Nichtaufzeichnung von Gesprächen sicherstellen, die keine Ausführung einer Wertpapier-Dienstleistung nach sich ziehen.

MiFID II führt nun auch die Handelspflicht für sogenannte Over-the-counter-Geschäfte ein. Eine weitere Verstärkung der Handelstransparenz erfolgt durch die Erweiterung der bislang für Aktien bestehenden Pflichten der vor beziehungsweise nach Handelstransparenz auf Anleihen, strukturierte Produkte und Derivate. Die in den Paragrafen 32 bis 32d WpHG niedergelegten Pflichten für systematische Internalisierung erweitert Art. 14 bis 18 MiFIR nun auf Anleihen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate. Art. 18 MiFIR erfordert darüber hinaus das Stellen von Kursen. Ebenfalls der Absicherung der Transparenz dient die Etablierung einer europaweiten Zulassungspflicht für Hochfrequenzhändler und die Eingrenzung des sogenannten Phantomhandels.

Eins steht jetzt schon fest: Diese Neuregelungen werden die Wertpapiermärkte und ihre Strukturen genauso wie die ursprüngliche Regelung nachhaltig verändern. Im Rahmen der 3. Wertpapier-Compliance-Tagung am 11. September 2015 diskutieren hochrangige Experten in der Universität Paderborn die Neuerungen und Auswirkungen (Tagungsprogramm unter www.hochschule-bundesbank.de).

Prof. Dr. Dieter Krimphove,

Universität Paderborn

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