Börsen

Wien: Wachstum in fast allen Dimensionen

Quelle: Wiener Börse

Die Bilanzpressekonferenz der Wiener Börse fand auf einem hybriden Weg statt: sowohl als Präsenzveranstaltung als auch als Livestream. Ein Modell der Zukunft? Zunächst wurde jedoch erstmal über die Vergangenheit berichtet, das Jahr 2019. Dort verzeichnete die Wiener Börse im klassischen Handelsgeschäft einen starken Dämpfer: Die Aktienumsätze sanken um 12 Prozent auf 62 Milliarden Euro. Bei der Tochtergesellschaft in Prag sank das Handelsvolumen 2019 sogar um 24 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. CEO Christoph Boschan führt das vor allem auf drei Gründe zurück: So waren 2019 erhebliche Kapitalabflüsse aus Europa vor allem in die Vereinigten Staaten festzustellen. Der anhaltende Handelskonflikt zwischen China und den USA habe auch seinen Beitrag dazu geleistet und die Kauflaune an den Börsen gebremst. Doch der Hauptgrund lag wohl in den Unsicherheiten rund um den Brexit. Boschan wies darauf hin, dass die Wiener Börse gut 86 Prozent ihrer Handelsaufträge aus dem Ausland bekommt, wovon wiederum der Löwenanteil aus England stammt.

Allerdings gelang es der Wiener Börse durch neue Initiativen und ein straffes Kostenmanagement den Großteil der dadurch verursachten Umsatzrückgänge zu kompensieren. Aber auch die breite Aufstellung der Segmente half: So hat das klassische Handelsgeschäft nur einen Anteil von 36,4 Prozent gemessen am Umsatz. Zweitwichtigstes Segment ist der Bereich Marktdaten & Indizes, der für 26,1 Prozent der Umsätze steht, gefolgt vom Verwahrgeschäft (26,1 Prozent) und den IT-Services (9,4 Prozent). Während das Handelsgeschäft einen Umsatzrückgang verzeichnete, gelang es in allen anderen Bereichen, die Erlöse zu steigern. Unter dem Strich ging das Ergebnis vor Steuern um 6,4 Prozent zurück auf 34,2 Millionen Euro, was laut Boschan dennoch über dem Plan lag.

Für das laufende Jahr ist die Wiener Börse viel optimistischer, nicht zuletzt durch den Coronabedingten massiven Anstieg der Volatilität. So erwartet der CEO für 2020 "deutliches Wachstum in fast allen Dimensionen". Ein "sehr, sehr gutes Ergebnis" erwartet die Wiener Börse auch bei ihrem Zentralverwahrer in Prag, was vor allem der Emissionstätigkeit der tschechischen Regierung geschuldet sei, die sich für die Kriseninterventionsprogramme refinanzieren muss.

Ein weiteres Thema, das die Börsenbetreiber generell umtreibt, ist die Branchenkonsolidierung. Erst kürzlich hatte Theodor Weimer (siehe ZfGK 11/2020) angekündigt, dass das Thema Akquisitionen im neuen Strategieprogramm, das im Herbst veröffentlicht werden soll, eine zentrale Rolle spielen werde. Auf die Frage, ob sich die Wiener Börse dabei als ein potenzielles Übernahmeobjekt sehe und ob eine solche Übernahme strategisch überhaupt Sinn machen würde, reagierte Aufsichtsratschef Heimo Scheuch, der gleichzeitig auch CEO des neuntgrößten Aktionärs der Wiener Börse ist, leicht verschnupft. Die Wiener Börse hat demnach keinerlei Ambitionen, sich irgendwelchen Fusionen "zu unterwerfen". Scheuch sieht eine stabile und zukunftsgerichtete Aktionärsstruktur bei dem österreichischen Börsenbetreiber. In Wien wird Theodor Weimer allem Anschein nach also nicht fündig werden bei der Suche nach möglichen Übernahmezielen.

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