Geldpolitik

"Yield Curve Control" - ein Instrument für die EZB?

Edgar Walk, Chefvolkswirt, Economic Research, Metzler Asset Management
Quelle: Metzler Asset Management

In der Vergangenheit senkte die Bundesbank beziehungsweise die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in Rezessionen um durchschnittlich etwa 3,0 Prozentpunkte. Derzeit befindet sich der De-facto-Leitzins in der Eurozone schon bei minus 0,4 Prozent und die EZB hält Wertpapiere in Höhe von 2,64 Billionen Euro auf ihrer Bilanz. Nach Schätzungen der Bundesbank gibt es kaum noch Spielraum für Leitzinssenkungen auf ein Niveau von unter minus 0,4 Prozent. Welche Optionen hätte die EZB noch in dem Fall, dass die Talfahrt der Konjunktur weiter an Fahrt gewinnt und die Wirtschaft der Eurozone in einer Rezession schlittert?

Ein mögliches Instrument wäre die "Yield Curve Control", die schon von der Bank von Japan (BoJ) eingesetzt wird. Die BOJ setzt dabei nicht mehr nur den Zinssatz am Geldmarkt fest, aktuell bei 0,1 Prozent, sondern strebt auch eine Zielgröße für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen an, aktuell bei 0 Prozent. Dazu musste sich die BoJ jedoch verpflichten, im Falle einer größeren Verkaufswelle ein unbegrenztes Volumen an Staatsanleihen zu kaufen, also die Rendite von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf einem künstlich niedrigen Niveau zu fixieren. Dies kann einen zusätzlichen geldpolitischen Impuls liefern, da viele Unternehmen und Haushalte eher Kredite mit einer langen Laufzeit und einem fixierten Zins aufnehmen, als sich am Geldmarktzins zu orientieren.

Die Frage nach dem Erfolg dieser Geldpolitik in Japan wird derzeit intensiv diskutiert. Denn die Bank von Japan scheitert schon seit Jahren daran, ihr Inflationsziel von 2,0 Prozent zu erreichen, obwohl sie schon alle denkbaren geldpolitischen Instrumente einsetzt - unter anderem eben auch die "Yield Curve Control". Auch scheint es derzeit keine Perspektive dafür zu geben, das Ziel in Zukunft zu erreichen. So prognostizieren die Finanzmarktakteure eine Inflationsrate von nur 0,8 Prozent für das Jahr 2021. Diesem "Misserfolg" steht jedoch eine außerordentlich gute Entwicklung am Arbeitsmarkt entgegen: Die Arbeitslosenquote sank um mehr die Hälfte - von über 5 Prozent im Jahr 2010 auf voraussichtlich 2,3 Prozent in diesem Jahr. Die Geldpolitik der Bank von Japan scheint also zumindest die konjunkturellen Kräfte gestärkt zu haben.

Wäre die "Yield Curve Control" also auch ein mögliches Instrument für die EZB? Im Falle einer Rezession dürfte die EZB wahrscheinlich versuchen, nach jedem geldpolitischen Strohhalm zu greifen. Bei der "Yield Curve Control" würde sich jedoch das Problem stellen, dass es keine sogenannten Eurobonds mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren gibt. Die EZB müsste dann eine synthetische Rendite eines theoretischen Eurobonds berechnen, indem sie die Rendite der ausstehenden 10-jährigen Staatsanleihen der einzelnen Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion mit dem Eigenkapitalanteil dieser Länder an der EZB gewichtet. Diese synthetische Rendite würde derzeit bei etwa 0,8 Prozent liegen. Selbst mit dem Versprechen, unbegrenzt Bundesanleihen zu kaufen, würde es der EZB kaum gelingen, die Rendite von derzeit minus 0,07 Prozent nennenswert zu reduzieren. Das heißt: Um die synthetische Rendite auf 0 Prozent fixieren zu können, müsste die EZB die Rendite aller im Euroraum ausstehenden 10-jährigen Staatsanleihen auf 0 Prozent reduzieren. Theoretisch müsste sie also dazu bereit sein, alle ausstehenden italienischen Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von etwa 10 Jahren zu kaufen, damit deren Rendite auf 0 Prozent fallen kann. Damit würde die EZB sofort in Konflikt mit dem Verbot der Staatsfinanzierung kommen. Realistisch gesehen stehen der EZB also keine neuen geldpolitischen Instrumente mehr zur Verfügung, und sie hat damit mehr oder weniger die Kontrolle über die Inflation verloren. Es bleibt also nur noch die Fiskalpolitik übrig.

Edgar Walk, Chefvolkswirt, Economic Research, Metzler Asset Management

Edgar Walk , Chefvolkswirt, Economic Research, Metzler Asset Management
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