Wettbewerb

Zeit für Veränderung

Die europäischen Banken haben sich angesichts der Covid-19-Pandemie als widerstandsfähig erwiesen. Doch trotz boomender Märkte und einer derzeit niedrigen Anzahl von Kreditausfällen bietet sich für die Bankenlandschaft noch kein Anlass zum Ausruhen. Denn Europas Banken hinken im internationalen Wettbewerb hinterher, so die aktuelle Studie "Transforming European Banks" von PwC und Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis europäischer Banken fällt nämlich laut der Studie mit 0,6 bis 0,8 deutlich geringer im Vergleich zu Akteuren in den USA und Asien aus. Insbesondere deutsche Banken bilden hier mit Werten von 0,3 bis 0,5 eines der Schlusslichter in Europa. Das bedeutet für europäische Institute ein erhebliches ungehobenes Wertpotenzial: Mit einer Annäherung an das Niveau der US-Banken könnte die Marktkapitalisierung börsennotierter europäischer Banken um bis zu 600 Milliarden Euro steigen.

Um dieses Potenzial heben zu können, sind die Institute allerdings dazu angehalten, eine tiefgreifende Neuausrichtung durchzuführen: "Europäische Banken sollten einen radikalen Umbau ihrer Geschäftsmodelle anstreben. Mit besser skalierbaren Plattformen können Banken mehr Geschäft zu niedrigeren Kosten realisieren. Gleichzeitig gehört zur umfassenden Neuausrichtung des Geschäftsmodells auch, das Thema Nachhaltigkeit konsequent in den Fokus zu nehmen", erklärt Dr. Philipp Wackerbeck, Global Head of Financial Services bei Strategy&.

Dass sich Banken aufgrund neuer Marktteilnehmer und veränderter Kundenbedürfnisse verändern müssen, ist allerdings wahrlich nichts Neues. Ebenso bekannt ist, dass die Institute für diese Transformation vor allem Kosten senken müssen. Nach den Berechnungen von PwC und Strategy& ließen sich aber die operativen Kosten von Banken schon innerhalb von drei bis vier Jahren um bis zu 40 Prozent reduzieren, wobei die meisten Ergebnisse bereits in den ersten zwei bis drei Jahren erzielt werden können: Kurzfristig durch taktische und schnell umsetzbare Maßnahmen (5 bis 10 Prozent), mittelfristig durch die selektive Straffung des Geschäftsmodells zur sukzessiven Steigerung der Profitabilität einzelner Geschäftszweige (15 bis 20 Prozent) und langfristig durch radikale Neukonzeptionierung des Geschäftsmodells (30 bis 40 Prozent).

Sparmaßnahmen allein reichen für die Neuausrichtung allerdings nicht aus. Es geht nämlich nicht darum sich gesund zu schrumpfen, sondern auf intelligente Weise Erträge zu generieren. Europäische Banken sollten daher schnellstmöglich damit beginnen, die seit Langem klaffende Lücke zwischen ihren Erträgen und den Kapitalkosten zu schließen, indem sie insbesondere ihr Aufwand-Ertrag-Verhältnis durch bessere Skalierungsmöglichkeiten optimieren.

Eine echte Chance für die europäische Bankenlandschaft insgesamt ergibt sich hier mit Blick auf ESG: Denn wenn die Häuser sich beim Thema Nachhaltigkeit konsequent im internationalen Markt positionieren, dann können sie - während beispielsweise beim Kapitalmarktgeschäft US-Banken oder asiatische Institute das Geschehen dominieren - verhindern, dass man in Zukunft noch an ihnen vorbeikommt. Viele Banken sind hier aber auch schon sehr aktiv geworden. Jetzt gilt es also, die schon beschlossenen Umbaupläne der kommenden Jahre konsequent umzusetzen und sich in Sachen ESG an die Spitze zu setzen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Instituten aus den USA sowie Asien zu erarbeiten. Denn es ist an der Zeit für ein stärkeres europäisches Image.

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