Redaktionsgespräch mit Thomas Ullrich

"Amazon und auch Ebay werden langfristig nicht an Paydirekt vorbeikommen"

Thomas Ullrich, Mitglied des Vorstands, DZ BANK AG Deutsche Zentral- Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main

Die durch Digitalisierung ermöglichten Veränderungen im Produktspektrum für Verbraucher müssen Banken analysieren und gegebenenfalls in ihr Geschäftsmodell integrieren. Im Hinblick auf zunehmende Regulierungsanforderungen, die die Banken dazu veranlassen, viele Prozesse zu überarbeiten, gewinnt das Thema jedoch einen zusätzlichen Schub, so DZ-Bank-Vorstand Thomas Ullrich im Redaktionsgespräch: Bei jeder Veränderung prüft sein Haus, ob durch neue Anwendungen weitere Optimierung möglich ist. Das neue Online-Bezahlsystem der deutschen Kreditwirtschaft funktioniert und ist sicher, so äußert er seine Überzeugung. Ende September ist der Pilot mit etwa 30 Genossenschaftsbanken sowie einigen Händlern gestartet. In seinen Augen ist eine Erweiterung von Paydirekt mit Finanzierungs- und Versicherungslösungen sinnvoll, um mit Paypal konkurrieren zu können. Selbstbewusst gibt Ullrich zu Protokoll, dass auch Amazon und Ebay langfristig nicht an Paydirekt vorbeikommen werden. (Red.)

Herr Ullrich, der Hype um das Thema Digitalisierung ist groß. Aber ist das wirklich etwas Neues? Vor einigen Jahren hießen die Themen nicht Digitalisierung, sondern IT, was ist der Unterschied?

Es ist nicht das Gleiche. Zum einen hat es die Kreditwirtschaft heute mit neuen Wettbewerbern zu tun, die wir so vor einigen Jahren noch nicht gesehen haben. Diese Unternehmen, Fintechs, nutzen das Themenfeld Digitalisierung, um sich immer tiefer in die Wertschöpfungsketten der Banken und Sparkassen zu integrieren. Diese Unternehmen zielen auf Kundengruppen ab, für die das Thema Convenience eine hohe Bedeutung hat, und man muss zugeben, für diese Kunden bieten die Fintechs auch Mehrwerte.

Zum anderen, und das ist für mich die viel größere Herausforderung, verändert die Digitalisierung die internen Prozesse in den Instituten. Das wiederum verändert möglicherweise sogar die Geschäftsmodelle und die Geschäfte stärker als der Wettbewerb um bestimmte Kundengruppen. Damit müssen sich Banken sehr intensiv beschäftigen.

Können Sie dafür schon Beispiele nennen?

Eine aus heutiger Sicht revolutionäre Innovation wären dezentrale Protokolle, auch "Blockchain-Technologie" genannt. Diese Technologie ist eine Art digitaler Kontoauszug, der aus aneinandergereihten Datenblöcken besteht. Diese enthalten Informationen über Transaktionen, die gleichzeitig auf vielen Rechnern abgelegt sind. Mit einer solchen "Kette von Transaktionsblöcken" können Nutzer Zahlungen einfach und schnell nachverfolgen. Die Transaktionskosten wären gering.

Dezentrale Protokolle haben das Potenzial, bisherige Strukturen im Finanzwesen zu verändern und möglicherweise sogar den Markt neu zu sortieren. Das kann das Korrespondenzbankensystem genauso tangieren wie das Clearing im Wertpapiergeschäft oder den Zahlungsverkehr.

Aber was heißt das für die Institution Bank? Bleibt eine Bank noch eine Bank oder muss sie künftig mehr ein Technikunternehmen sein?

Eine Bank wird immer eine Bank bleiben. Aber unsere Aufgabe ist es auch, uns diese neuen Prozesse und Ideen anzuschauen, zu bewerten und gegebenenfalls in das Geschäftsmodell, in die Prozesse zu integrieren. Alles im Sinne des Kundennutzens, des Mitarbeiternutzens und damit auch des Nutzens für die Eigentümer.

Banken werden auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung haben, denn keiner der Start-ups oder der Technologiekonzerne, die sich bestimmte Teile der Wertschöpfungskette und damit auch der Erträge herauspicken, wollen eine Bank werden. Denn damit müssten sie sich der strengen Regulierung unterwerfen. Das heißt, je mehr reguliert wird, desto mehr werden wir auch in Zukunft Bank sein. Aber das darf uns nicht in trügerischer, weil regulierungsbedingter Sicherheit wiegen. Daher werden wir uns einem enormen Wandel stellen müssen, um all die Themen in die Bank nachhaltig zu integrieren. Und das tun wir auch.

Muss all das denn zwangsläufig in der Bank stattfinden?

Die meisten Prozesse im heutigen Bankgeschäft finden natürlich in der Bank statt, die Anwendungsentwicklung nicht immer. Viele innovative Entwicklungen finden schon jetzt außerhalb der Institute statt. Warum ist das so? Uns bieten Produktentwicklungen und Innovationen außerhalb der Bank eine sehr viel größere Flexibilität. Dabei stellen wir fest, dass die Mitarbeiter in diesen Einheiten auch mehr Flexibilität einfordern. Außerdem würden wir einige Talente, die "digital minds", gar nicht bekommen, müssten wir diese in den traditionellen Bankbetrieb eingliedern.

Was heißt das konkret für die Personalarbeit, für die Sie auch zuständig sind?

Um genau diese Talente für die Bank zu gewinnen, muss der Rekrutierungsprozess angepasst werden. Das beginnt schon mit der Bewerberauswahl, denn mit den klassischen Vorstellungen eines Bankmitarbeiters werden Sie nie IT-Talente entdecken, begeistern und anwerben können. Das heißt, wir setzen heute schon bei der Personalsuche andere Recruiter mit einem anderen Mindset ein, wenn es um solche Themen geht. Denn wir brauchen ganz andere Profile, sowohl bei denjenigen, die entwickeln, als auch bei denjenigen, die die Entwicklungen dann in der Bank umsetzen und in die Bankprozesse integrieren. Hier wird sich noch viel verändern.

Wie wichtig ist es, dass all die Schnittstellen aus Organisation, IT, Personal, Transaction Banking und Payment bei Ihnen als Vorstand zusammenlaufen, und nicht auf mehrere Köpfe verteilt sind?

Diese Aufstellung erleichtert die Koordination und es erleichtert den Wandel, denn all die Prozesse müssen auch angestoßen werden. Ich habe dadurch die Möglichkeit und ein Stück weit auch die Freiheit, innovative Themen zu besetzen und anzusprechen, um ein Nachdenken und damit auch Veränderungen zu bewirken.

Haben Verbünde bei Themen wie der Digitalisierung, die Veränderungen bedeuten, Nachteile gegenüber Konzernen aufgrund einer geringeren Handlungsgeschwindigkeit?

Ihre Dezentralität und die Unabhängigkeit der Primärbanken-Vorstände sind ein klares Plus in der genossenschaftlichen Organisation. Zwar sind die Diskussionen sehr intensiv, aber dadurch kommen sehr viele Anregungen und neue Ideen zusammen, die uns bereichern. Außerdem können so auch Fehler vermieden werden. Wenn wir das mit einer Kultur der Dringlichkeit bei diesen Themen verknüpfen, sind wir in der genossenschaftlichen Finanzgruppe auf dem richtigen Weg.

Wie funktioniert die Arbeitsteilung und die Abstimmung zwischen DZ und WGZ Bank, dem BVR und dem Rechenzentrum?

Alle drei Beteiligten, und ich nenne hier den BVR, den IT-Dienstleister Fiducia GAD und die Zentralbanken bewusst gemeinsam, arbeiten auf das Engste zusammen, und dies auch erfolgreich. Die Arbeitsteilung funktioniert hervorragend. Je nach Projekt oder Produkt wird der jeweilige Verantwortliche festgelegt, der immer eine sehr gute Unterstützung erfährt. Bei Paydirekt beispielsweise sind die beiden Zentralbanken führend.

Darüber hinaus gibt es bei großen Themen wie Paydirekt immer auch unsere sogenannten "Sounding Boards", bei denen die Primärbankvertreter uns mit Rat und Tat unterstützen. Auch die Einbindung des DG Verlags bei allen Themen des Zahlungsverkehrs funktioniert reibungslos.

Wenn ich es richtig verstanden habe, sieht sich die DZ Bank durchaus auch als Inkubator für Fintechs für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe, oder?

Nein, wir sehen uns nicht als Inkubator, sondern als Accelerator. Wir wollen jungen Unternehmen mit interessanten Ideen und Produkten zu einer schnelleren Entwicklung verhelfen. Hierfür kooperieren wir mit dem Axel Springer Verlag bei dem Start-up-Fördernetzwerk Plug and Play sowie mit Spinlab, dem Accelerator der HHL, Leipzig. Damit erhöhen wir auch die Wahrnehmung der DZ Bank Gruppe, stellvertretend für die Volksbanken und Raiffeisenbanken, bei relevanten Start-ups und Fintechs.

Darüber hinaus kommen sehr viele Ideen und Anregungen aus den Genossenschaftsbanken selbst. Über das Konzept I-ADG, eine Innovationsplattform für Genossenschaftsbanken der Akademie Montabaur, binden wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Primärbanken aktiv mit in diesen Prozess ein. I-ADG unterstützt die genossenschaftliche Finanzgruppe dabei, sich institutsübergreifend zu vernetzen, Ideen auszutauschen und diese systematisch zu Innovationen auszuarbeiten.

Das klingt alles nach einem relativ hohem Aufwand. Wie haben Sie den Geschäftsverlauf moderner, digitaler Produkte und Angebote kalkuliert, ab wann wird Geld verdient?

Wir tasten uns heran. Wichtiger als nennenswerte Umsätze sind im ersten Stadium die gemachten Erfahrungen in einem zukünftigen Wachstumsmarkt. Der Business Case ist längerfristig ausgerichtet. Profitabilität ist aber auch nicht der primäre Zweck. Natürlich soll auch mit digitalen Angeboten Geld verdient werden, aber in erster Linie geht es darum, Kunden zu halten und neue Kundengruppen zu erschließen.

Nun sind aber Kunden hier in Deutschland in Sachen "Online" deutlich zurückhaltender als in anderen Ländern. Ist der Bedarf an neuen Produkten und Angeboten wirklich so groß?

In der Tat gibt es deutliche Unterschiede in der Online-Affinität der Verbraucher im internationalen Vergleich. Da hinkt Deutschland ein Stück weit hinterher. Daher haben die Kreditinstitute hier zu Lande etwas mehr Zeit, den Wandel zu vollziehen. Es ist aber ein Trugschluss zu glauben, man könne den Veränderungsprozess aussitzen oder vor sich herschieben. Je nach Produkt wird die Digitalisierung schneller oder etwas langsamer voranschreiten. Der Zahlungsverkehr ist ein gutes Beispiel. Zwar wird immer noch hauptsächlich mit Bargeld bezahlt. Aber der Trend geht zu alternativen Bezahlverfahren, weil der Kunde das ausprobiert und mehr Bequemlichkeit wünscht.

Doch der Verbraucher ist nur ein Faktor, der den Wandel treibt. Ein weiterer ist die Regulierung. Kreditinstitute werden gezwungen, eine Menge anzupacken. Die Stichworte sind BCBS 239 oder auch Financial Data Warehouse, im Prinzip ein vollintegriertes Finanz- und Risikomanagement. All das erfordert viele Umstellungen insbesondere in den Prozessen.

Dabei prüfen wir bereits jetzt bei jeder Prozessveränderung, ob durch Anwendungen von Fintech- oder Start-up-Unternehmen eine weitere Optimierung möglich ist. Vor diesem Hintergrund bekommt das Thema Digitalisierung einen gewaltigen Schub, den ich für sehr viel bedeutsamer halte als die Veränderungen im Produktspektrum für die Verbraucher.

Digitalisierung treibt also hier im Hause auch sehr stark Veränderungen im organisatorischen Betrieb: Was heißt das für die Volks- und Raiffeisenbanken, welche Schritte müssen hier angegangen werden, wie reagieren die Verantwortlichen dort, wenn ein DZ-Bank-Vorstand vom notwendigen Wandel spricht?

Bei den Vorständen der Volks- und Raiffeisenbanken dominieren Themen wie Kundenfokus 2020, also die Vertriebsseite. Im BVR-Fachrat IT, Arbeitskreis Prozesse, werden aber alle relevanten Themen, auch die Frage nach der Digitalisierung der Prozesse, offen angesprochen und auch angegangen.

Das Gleiche gilt für die möglichst tiefe technische Integration der Produkte der Verbundunternehmen in die Prozesse der Volks- und Raiffeisenbanken über alle Vertriebskanäle hinweg. Hier arbeitet die DZ Bank Gruppe permanent an einer Optimierung, mit großem Entgegenkommen der Primärstufe. Natürlich gibt es mitunter unterschiedliche Vorstellungen über Geschwindigkeiten. Ein Beispiel ist die Authentifizierung von Neukunden. Heute setzt sich langsam die Idee "Videoident" durch, aber es hat mehr als zwei Jahre gedauert.

Inwieweit belastet die Fusion der genossenschaftlichen Rechenzentralen Fiducia GAD, die viele Kapazitäten bindet, die notwendigen Schritte?

In der Tat meistert das fusionierte Rechenzentrum eine gewaltige Herausforderung. Bis 2019 sollen alle ehemaligen GAD-Banken auf das System Agree-21 migriert werden. In dieser Übergangsphase wird das System Bank-21 nicht mehr runderneuert, aber noch gepflegt. Gleichzeitig werden viele technische Fusionen von Volks- und Raiffeisenbanken bei der Rechenzentrale angemeldet. Auch das bindet Kapazitäten. Daher lautet mein Fazit: Die Fusion zu einem IT-Dienstleister hat oberste Priorität.

Empfindet die Gruppe das neue Online-Bezahlsystem Paydirekt eher als Chance oder eher als Belastung?

Als große Chance. Paydirekt hat einen noch nie da gewesenen Schub in der genossenschaftlichen Finanzgruppe ausgelöst. Unsere Gruppe hat erkannt, dass der Weg in die "Welt der Digitalisierung" zwingend erforderlich ist. Dies zeigt sich schon am Erfolg der Roadshows, die der BVR sowie die WGZ Bank und die DZ Bank veranstaltet haben, um die Vorstände der Primärbanken von den Vorteilen des Bezahlverfahrens zu überzeugen.

Von unseren insgesamt mehr als 1 000 Genossenschaftsbanken in Deutschland haben über 800 Banken teilgenommen. Und alle sind vom Konzept überzeugt. Die Zustimmung, besonders in den Führungsetagen der Volksbanken und Raiffeisenbanken, ist enorm.

Wie zufrieden sind Sie Stand heute mit der Entwicklung von Paydirekt?

Paydirekt funktioniert hervorragend und ist sicher. Das ist das Ergebnis des ersten Piloten bei der HVB. Und wir liegen nach wie vor voll in dem mit allen Beteiligten abgestimmten Zeit- und Vorgehensplan. In der Finanzgruppe haben wir den Piloten Ende September mit rund 30 lokalen Genossenschaftsbanken sowie ausgewählten Händlern unterschiedlicher Branchen gestartet.

Kann man hierbei wirklich von einem Gemeinschaftsprojekt sprechen? Da nur ein Konto bei jedem Paydirekt-Account hinterlegt werden kann, konkurrieren die beteiligten Banken doch um dieses Konto?

Es geht weniger um die Mehrmandantenfähigkeit als um die Bequemlichkeit der Kunden. Ganz ehrlich: Wer will denn schon mehrere Zugänge mit noch mehr Passwörtern haben, wenn auch ein Konto reicht. Die entscheidende Frage lautet daher, über welches Konto die Kunden mit mehreren Kontoverbindungen ihre Paydirekt-Geschäfte abwickeln. Alle beteiligten Banken wissen das. Volksbanken und Raiffeisenbanken bewerben Paydirekt deshalb schon jetzt, weit vor dem Marktstart intensiv, um die Kunden zu informieren und einzu binden. So steigt die Zahl der online geführten Konten bei den Genossenschaftsbanken monatlich um fünf Prozentpunkte.

Ist es ein Problem, wenn noch nicht alle beteiligten Banken von Anfang an dabei sind? Vor allem die Sparkassen halten sich mit einer Teilnahme noch zurück.

Das ist kein Problem. Wenn derart unterschiedliche Bankenverbünde und -sektoren eine gemeinsame Plattform wie Paydirekt stemmen müssen, ist eine flächendeckende Einführung nicht realistisch. Es wird definitiv keinen Big Bang geben, also keinen Stichtag, an dem alle auf einmal live geschaltet werden. Das würde die technischen Möglichkeiten weit übersteigen. Ziel ist es, das System Paydirekt sukzessive hochzufahren. Erste Transaktionen sind bereits erfolgreich und sicher abgewickelt, und nun werden jeden Tag weitere Banken und Händler zugeschaltet.

Sie haben jüngst von möglichen Erweiterungen im Produktangebot von Paydirekt gesprochen, was können Sie sich vorstellen?

Es bietet sich an, diese Plattform für weitere Produktlösungen zu nutzen. Wir haben einige Features auf eine mögliche Verbreitung über Paydirekt untersucht, die alle nah am Geschäftsmodell und dem Geschäftszweck der Unternehmung sind. Es wäre aber zu früh, um hier schon konkrete Produkte oder Ideen zu äußern.

Sinnvoll wäre beispielsweise, Finanzierungs- und Versicherungslösungen anzubinden. Hier arbeiten wir mit der Teambank und der R+V Versicherung an Lösungen. Wer Paypal ebenbürtig sein will, muss auch den Ratenkauf mit einer Restschuldversicherung anbieten.

Werden die anderen Banken ihren Kunden auch Finanzierungslösungen anbieten oder wird es Unterschiede bei den Bezahlmöglichkeiten auf Paydirekt geben?

Ich gehe davon aus, dass solche oder ähnliche Lösungen auch bei den anderen Banken diskutiert werden.

Wie fallen die Reaktionen der Händler auf Paydirekt aus?

Überwiegend sehr positiv. Aus vielen Gesprächen und Rückmeldungen wissen wir, dass ein zusätzliches und in Deutschland verankertes Bezahlsystem unter Beteiligung der deutschen Banken vom Handel begrüßt wird.

Für Händler sind drei Punkte bei einem Online-Bezahlverfahren wichtig: Erstens Datenschutz und Sicherheit, zweitens der Preis, drittens die Anbindung der Händler und die reibungslose Abwicklung. Bei allen drei Punkten hat meines Erachtens Paydirekt die Nase gegenüber konkurrierenden Systemen vorn.

Vor allem beim dritten Punkt können wir natürlich mit unserem Bank-Know-how punkten und zusätzlichen Aufwand für die Händler vermeiden, denn es wird durch die Nutzung des Girokontos nur sehr wenige Fehlbuchungen oder Rückläufer geben. Das vermindert den Überwachungsaufwand und damit zusätzliche Kosten für die Händler.

Händler müssen mit jeder der beteiligten Banken bilateral Kosten für die Nutzung von Paydirekt aushandeln. Ist das hinderlich für den Prozess?

Nein. Und es ist anders gar nicht möglich, denn sonst würde das Kartellamt Bedenken anmelden. Wir streben jedoch die Möglichkeit eine Vermittlerlösung an, die diesen Prozess für den Händler vereinfacht.

Ist es möglich, dass ein Händler freigeschaltet wird, ohne dass er mit allen Banken eine Einigung erzielt hat?

Das ist praktisch nicht vorstellbar, denn das hieße ja, dass Kunden bestimmter Banken bei bestimmten Händlern nicht mit Paydirekt bezahlen können. Eine solche Ausgrenzung hätte negative Folgen für das Produkt und für den Händler. Für die Kunden wäre das eher ein Hemmnis für die Nutzung von Paydirekt.

Gehen Sie davon aus, dass Paydirekt auch bei großen, wichtigen Spielern wie Amazon oder Ebay als Zahlungsmöglichkeit angeboten werden wird?

Amazon und auch Ebay werden langfristig nicht an Paydirekt vorbeikommen, wenn sie neue Kundengruppen im Online-Bezahlen suchen. Dass wir Banken nicht am Warenkorb der Kunden interessiert sind, spielt bei diesen Unternehmen eine eher untergeordnete Rolle.

Andere wichtige Marktteilnehmer haben sich schon für Paydirekt ausgesprochen. Die Metro AG will Paydirekt für alle angeschlossenen Vertriebslinien, und damit auch in den umsatzstarken Online-Shops bei Mediamarkt und Saturn einsetzen.

Zurück zu den allgemeinen Digitalisierungsthemen und dem Thema Cybersicherheit: Welchen Stellenwert hat dieses Thema im Hause DZ Bank und wie schützen Sie die Bank?

Das Thema hat einen enorm hohen Stellenwert, denn die Bedrohungen nehmen zu. Wie schützen wir uns? Seit Jahren befindet sich unser IT-Sicherheitsmanagement im Aufbau. Dieses unterteilt sich in ein strategisches und ein operatives Sicherheitsmanagement.

Die eingesetzten Anwendungen werden permanent überprüft, es werden unterjährig Tests, sprich Angriffe, simuliert. Wir beobachten tagtäglich, welche Bewegungen in der Cybersecurity stattfinden, sodass ich Ihnen beispielsweise jederzeit sagen könnte, mit welcher neuen Schadsoftware gerade unsere Firewall attackiert wird. Alle Risiken und alle Angriffe werden täglich protokolliert. Wir tun da eine ganze Menge.

Darüber hinaus stehen wir im engen Austausch mit anderen Banken und den Aufsichtsbehörden über neue Bedrohungen, sodass wir auch davon erfahren, wenn wir selber noch gar nicht betroffen sind. Das ist ein ganz wichtiger Schritt.

Die genossenschaftliche Finanzgruppe erwägt ein Person-to-Person-Zahlungssystem mit den Sparkassen. Was verbirgt sich dahinter, wann ist damit zu rechnen?

Viele Häuser prüfen zurzeit das Angebot von Person-to-Person-Zahlungen - auch die genossenschaftliche Finanzgruppe. Es ist aber zu früh, um hier schon über konkrete Termine oder Schnittstellen mit anderen Anwendungen zu sprechen. Wichtig ist, dass das Angebot in die Zielkundengruppe unserer Volksbanken und Raiffeisenbanken passt.

Auf welche Innovationen, die wir heute noch nicht kennen, freuen Sie sich am meisten: Wie sieht eine Bank der Zukunft in Ihren Augen aus?

Gespannt bin ich, welche Auswirkungen etwa die Blockchain-Technologie haben wird. Das wird enorme Veränderungen mit sich bringen, und ich hoffe, zum Positiven. Tatsächlich sind das Innovationen, auf die ich mich freue. Denn Banken werden diesen Prozess aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in punkto IT, Sicherheit und Regulierung mitgestalten können.

Sollten sich die Technologie und die damit verbundenen technischen Standards durchsetzen, könnte das für eine Bank enorme Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile haben, aber auch Prozessstrecken nachhaltig verändern.

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