Redaktionsgespräch mit Edith Weymayr

"Wir erleben eine Renaissance der Förderbanken"

Edith Weymayr, Foto: L-Bank (Wagenhahn)

Nicht nur der Rückblick auf die Pandemie und die Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen spielen für die L-Bank derzeit eine große Rolle. Auch die Fragen, wie sich das Fördergeschäft nach der Pandemie entwickeln muss und welche Investitionen zur nachhaltigen und digitalen Transformation des Landes Baden-Württemberg beitragen werden, beschäftigen Edith Weymayr. Sie stellt fest, dass der Trend zu Neugründungen mittelständischer Unternehmen entgegen der Pandemie ungebrochen ist und viele junge Menschen an einem wirtschaftlichen Fortkommen abseits etablierter Strukturen interessiert sind. In den Förderbanken müsse sich dieser Trend spiegeln: Im Tandem mit der forcierten Förderung von Innovationen und junger Unternehmen müsse auch die Bank selbst ihre Organisation nachhaltig, digital und zukunftsorientiert ausrichten. Nicht zuletzt, weil auch die Fördernehmer mit diesen neuen Ansprüchen an die Förderbanken herantreten werden. (Red.)

Frau Weymayr, das abgelaufene Jahr war sicher auch ein spannendes für die L-Bank. Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?

Das Jahr 2020 war von bisher nicht gekannten Turbulenzen geprägt. Natürlich in erster Linie durch die Corona-Pandemie. Aber auch die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und der befürchtete Anstieg der Handelskosten durch einen ungeregelten Brexit haben die Investitionsentscheidungen der Unternehmen beeinflusst. Dabei hat sich gezeigt, dass weite Teile des Mittelstands auf vorübergehende Schwierigkeiten oder konjunkturelle Rückschläge gut vorbereitet waren. Ein Grund dafür ist die gestiegene Unabhängigkeit der Unternehmen. Lag die Eigenkapitalquote der Mittelständler Anfang der 2000er-Jahre noch unter 20 Prozent, so wurden 2019 fast 32 Prozent erreicht. Allein dies ist ein Indikator dafür, dass der Mittelstand deutlich an finanzieller Stabilität gewonnen hat. Aber ein derartiger exogener Schock wie die Corona-Pandemie, von vielen auch als Black-Swan-Ereignis bezeichnet, war in den unternehmerischen Planungen nicht abgebildet. Für Unternehmen besonders betroffener Branchen war und ist deshalb der Einbruch existenzgefährdend.

Unterstützung war notwendig - und wer, wenn nicht wir als Förderbank, könnte diese geben? Wir haben durch engagiertes Eingreifen zunächst zur Überlebenssicherung von unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommene Unternehmen beigetragen. Hier waren natürlich die Corona-Soforthilfen ein wichtiger Baustein, aber auch Tilgungsaussetzungen, Zuschüsse und das Bereitstellen von Fremdkapital trugen zur Verhinderung einer Liquiditätskrise bei. Je länger die Pandemie andauerte, desto wichtiger wurde es für die Unternehmen, ihr Geschäftsmodell neu auszurichten, zu stabilisieren und zukunftsfest zu machen. Wir haben unsere Angebote entsprechend weiterentwickelt und angepasst. Und das in kürzester Zeit! Die Einführung neuer Produkte, sonst ein Prozess, der sich über Monate hinzieht, wurde auf wenige Wochen verkürzt. Neben der Stärkung des Eigenkapitals lag unser Augenmerk im weiteren Verlauf der Krise immer stärker auf der Finanzierung innovativer Investitionsprojekte, damit die Unternehmen die Chancen eines kommenden Aufschwungs ausschöpfen können. In Summe wurden Corona-Hilfen in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Euro an rund 270 000 Unternehmen in 20 Förderprogrammen ausbezahlt.

Auch für die L-Bank als Organisation hatte die Umsetzung der Corona-Hilfen sicher eine neue Qualität.

Die Umsetzung einer derartigen Förderleistung wäre vor Ausbruch der Corona-Pandemie als unmöglich angesehen worden. Und eines hat sich bestätigt: Ohne ein starkes Team steht man auf verlorenem Posten. Die Herausforderung war enorm. Wir konnten das nur gemeinsam bewältigen. Alle unsere mehr als 1 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben am Wochenende oder in die Nacht hinein gearbeitet. Sachbearbeiter, Koch, Vorstand, die komplette Mannschaft war in die Antragsbearbeitung eingebunden. Alle haben eine wahnsinnige Leistung und eine unglaubliche Leidenschaft gezeigt. Das hat uns näher zusammengebracht. Und diesen Zusammenhalt wollen wir in die Zukunft mitnehmen.

Auch die Außensicht hat sich verändert. Die Institution Förderbank wird anders wahrgenommen. Wir erleben eine Renaissance der Förderbanken. Sie haben gezeigt, wie wichtig sie für die Menschen und die Unternehmen in ihrem Bundesland sind.

Was waren die größten Herausforderungen, die es zu bewältigen galt?

Zunächst einmal ganz einfach die Antragsmenge. In normalen Jahren haben wir weniger als 10 000 Unternehmenskunden, jetzt waren es in Summe rund 270 000. Das ist ein Quantensprung. Bei den Familienleistungen sind wir mit dem Elterngeld große Antragszahlen gewöhnt und können damit umgehen. Aber beim Elterngeld wurde der Ablauf systematisch geplant, die Ressourcen entsprechend aufgebaut, die IT auf die Antragsbearbeitung ausgerichtet. Ganz anders die Situation zu Beginn der Corona-Pandemie. Von jetzt auf nachher mussten Programme von Grund auf neu entwickelt und umgesetzt werden - und das teilweise mit externen IT-Vorgaben und Schnittstellen, die erst im Prozess optimiert werden konnten. Das war schon ziemlich viel Neuland auf einmal.

Aber nicht nur das Volumen, auch die Gestaltung des Antragsbearbeitungsprozesses war herausfordernd. Ein für die Antragsbearbeitung zentraler Aspekt ist die Balance von Schnelligkeit und Sorgfalt. Die beiden Anforderungen unter einen Hut zu bringen ist ein Drahtseilakt! Besonders wenn, wie in diesem Fall für manche Unternehmen und Soloselbstständige, schnelle Auszahlungen überlebenswichtig sind. Andererseits sind wir dem Steuerzahler verpflichtet und müssen eine sachgerechte Verwendung der Mittel sicherstellen. Schließlich werden sämtliche Hilfsprogramme aus Steuergeldern bedient. Dies macht Prüf- und Kontrollschritte unumgänglich. Dabei versuchen wir mit Augenmaß vorzugehen, können aber Kritik aus beiden Richtungen nicht gänzlich vermeiden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Man darf den Blick auf die Zukunft nicht aus den Augen verlieren. Es besteht die Gefahr, dass man sich allein auf das operative Hier-und-Jetzt konzentriert. Das gilt für die Unternehmen, aber auch für uns. Wir haben sehr früh erkannt, dass neben den überlebenssichernden Hilfen auch die Förderung von Zukunftsinvestitionen forciert werden muss. Auch als Signal und Aufforderung an die Unternehmen, die kommenden Chancen zu nutzen.

Gab es auch strukturell Veränderungen an der Aufstellung und Organisation der L-Bank?

Wir haben bereits vor der Corona-Pandemie einen hohen Wert auf Flexibilität gelegt und waren deshalb auch in der Lage, auf die Herausforderung adäquat zu reagieren. Innerhalb der bestehenden Strukturen konnten wir, wo dies notwendig war, mit Leasingkräften schnell zusätzliche Kapazitäten bereitstellen, aber wir haben auch Personal aufgebaut. Die Zahl unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist zum 31. Dezember 2020 auf 1 351 angestiegen. Zum gleichen Vorjahreszeitpunkt hatten wir 1 307 Beschäftigte.

Wir hätten natürlich gerne auf den Test verzichtet: Aber die Corona-Pandemie hat unsere Notfallplanung bestätigt. Wir konnten schnell reagieren, die notwendigen Maßnahmen sofort einleiten. Beispielsweise die konsequente Vereinzelung der Mitarbeiter. Rund ein Drittel unserer Mitarbeiter arbeitet seither kontinuierlich im Homeoffice. Im Juli vergangenen Jahres sind wir vom Krisenmodus zu einem New Normal unter Aufrechterhaltung pandemiespezifischer Einzelregelungen zurückgekehrt. Eine neu etablierte Betriebskoordination hat seither ein waches Auge auf die Entwicklung der Corona-Pandemie und die daraus resultierenden notwendigen (Schutz-)Maßnahmen.

Wie bewerten Sie im Zusammenhang der Krisenbewältigung das Zusammenspiel von Politik und Förderbanken?

Die in vielen Jahren aufgebaute gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Landeswirtschaftsministerium, aber auch mit den Wirtschaftskammern und Verbänden hat ihre Belastungsprobe bestanden. An dieser Stelle muss aber auch auf die sehr gute Zusammenarbeit mit unseren Finanzierungspartnern vor Ort, den Volksbanken, Sparkassen und Geschäftsbanken, hingewiesen werden. Nur durch die enge Zusammenarbeit mit ihnen und das hohe gemeinsame Engagement erreichen wir Jahr für Jahr eine enorme Breitenwirkung. Und nur gemeinsam mit ihnen können wir den Unternehmen auch jetzt Perspektiven aufzeigen. Wir bauen auch in Zukunft auf diese Partnerschaft - ebenso wie auf die seit vielen Jahren verlässliche und vertrauensvolle Kooperation mit der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg.

Schwieriger ist die bundesweite Koordination. In den Bundesländern sind die Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat hier sehr anspruchsvolle Koordinationsaufgaben. Diese wurden leider nicht immer gut gelöst und waren Auslöser für vermeidbare Verzögerungen.

Wenn Sie nach vorne blicken, welche Herausforderungen warten auf Förderbanken im Allgemeinen und die L-Bank im Besonderen?

Die Notwendigkeit der Transformation der Wirtschaft und die damit einhergehenden Herausforderungen sind durch Corona nicht kleiner geworden, die Budgets von Bund und Land hingegen schon. Es wird deshalb in Zukunft noch wichtiger sein, die Förderung punktgenau auszurichten. Gerade in Baden-Württemberg mit seiner industriellen Ausrichtung ist der Transformationsbedarf hoch. Die Digitalisierung betrifft alle Branchen, einzelne Branchen wie der Maschinenbau oder der Automotivbereich sind zusätzlich von der Transformation der Mobilität betroffen. Der Strukturwandel wird herausfordernd, bietet aber auch hervorragende Chancen, die Kernkompetenzen der baden-württembergischen Industrie in die Zukunft weiterzuentwickeln.

Ganz gleich, ob für Corona-Hilfen oder in den vielen anderen Förderprogrammen: Wir werden als L-Bank in den nächsten Monaten weiter stark gefordert sein und mit hohem Engagement unser Land unterstützen. Dazu greifen wir auf ein gut austariertes Förderangebot zurück, mit dem wir nicht nur bei der Überlebenssicherung, sondern auch bei der Zukunftsfestigkeit der Unternehmen gemeinsam mit der Landesregierung starke Impulse setzen können.

Trotz massiver Volumensteigerungen bei den Förderkrediten sinken bei vielen Förderbanken die Ergebnisse kontinuierlich - wie kann man da gegensteuern?

Wir schauen auf ein - trotz der Belastungen - sehr erfolgreiches Jahr zurück. Natürlich haben wir wie alle Banken im Niedrigzinsumfeld gelitten. Die Zinssituation macht unser Geschäft nicht einfacher. Der Zinsüberschuss, der unverändert die wichtigste Ertragsquelle der L-Bank darstellt, war im Jahr 2020 mit 263,2 Millionen Euro erwartungsgemäß rückläufig (Vorjahr: 302,0 Millionen Euro). Auch macht sich die Krise im Verwaltungsaufwand bemerkbar und wir werden auch künftig in diesem und in den Folgejahren wegen der Digitalisierung für unsere IT in die Kasse greifen müssen. Mit strikter Kostendisziplin und der weiteren Digitalisierung unserer Prozesse werden wir aber auch in Zukunft erfolgreich für Baden-Württemberg agieren können.

Wann wird die L-Bank zur Refinanzierung mit grünen Anleihen neue Investorengruppen erschließen?

Natürlich befassen wir uns schon seit geraumer Zeit mit der Frage der grünen Anleihen. Sie müssen dabei aber sehen, dass wir bereits gute Refinanzierungsmöglichkeiten haben und uns auf EU-Ebene über die Europäische Investitionsbank und auf Bundesebene über die KfW und die Rentenbank refinanzieren. Da bleibt gar nicht mehr so viel Masse übrig, die wir vorhalten müssten, um von den Investoren als regelmäßiger Green-Bond-Emittent wahrgenommen zu werden. Wir haben zwar volumenstarke grüne Projekte. So haben wir allein für das Ressourceneffizienz-Programm unseren Unternehmen im vergangenen Jahr 530 Millionen Euro zugesagt. Aber genau dieses Förderprogramm ist zum Beispiel eine Kooperation mit der KfW.

Aber ganz grundsätzlich: Wir sehen uns als Institut ganzheitlich nachhaltig aufgestellt. "E" für Environment, "S" für Soziales und "G" für die Governance, wir stehen als nachhaltige Bank für alle drei Buchstaben ein. Das haben wir in unserer Geschäftsstrategie verankert und das ist für unsere Investoren wichtig: Für sie ist nicht nur die Art der aufgelegten Bonds relevant, noch wichtiger ist die Organisation als solche. Weit mehr als die Hälfte unserer Investoren sagen uns, dass sie an einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz interessiert sind. Das spiegelt sich auch in zunehmenden Nachfragen nach unseren Einstufungen in den Nachhaltigkeitsratings. Im Moment haben wir deshalb keinen speziellen Green Bond geplant, feilen aber derzeit mit Verve an einer erweiterten Nachhaltigkeitsstrategie im Kontext der aktuellen Sustainable-Finance-Debatten.

Können Sie den ganzheitlichen nachhaltigen Ansatz Ihres Instituts, mit Blick sowohl auf die eigene Organisation als auch auf die Fördermittel, genauer beschreiben? Wie begegnet die L-Bank dem Megathema "ESG"?

Ein Megathema mit vielen Facetten! Es wird von uns mit großer Ernsthaftigkeit bespielt. Ich möchte nur zwei ausgewählte Aspekte herausgreifen. Die L-Bank ist EMAS-validiert. Das Eco-Management and Audit Scheme (EMAS), auch bekannt als EU-Öko-Audit oder Öko-Audit, wurde von der Europäischen Union entwickelt und ist das Managementsystem, das am konsequentesten die ökologische Ausrichtung im Blick hat. Aktuell gibt es in Deutschland lediglich 15 Finanzinstitute, die EMAS-validiert sind. Die vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung durch einen Umweltauditor hilft uns, unser Bewusstsein für die Auswirkungen unseres Handelns zu schärfen, und sorgt dafür, dass wir Verbesserungspotenziale identifizieren und Schwachstellen beseitigen.

Gleichzeitig haben wir damit eine gute Grundlage für die im Herbst 2020 mit dem Land Baden-Württemberg abgeschlossene Klimaschutzvereinbarung. Ziel der Klimaschutzvereinbarung ist es, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch im Unternehmen zu senken und dabei klimaneutral zu werden. Als einer der Erstunterzeichner verpflichtet sich die L-Bank unter anderem auf einen weitestgehend klimaneutralen Geschäftsbetrieb im Jahr 2030. Gleichzeitig soll ein Reporting- und Steuerungsregime etabliert werden, das den Zusammenhang zwischen eingesetzten Fördermitteln und der daraus resultierenden (Klima-)Wirkung abbildet. Aber wir sind natürlich nicht nur an den ökologischen Fragestellungen dran - auch bei sozialen Themen versuchen wir Zeichen zu setzen, beispielsweise mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt und einer hohen Sensibilität für Themen aus diesem Umfeld. Sicherlich werden wir uns in der kommenden Zeit vermehrt darum kümmern müssen, Nachhaltigkeitsaspekte in unseren Förderprodukten zu verankern.

Welche Art von Fördermitteln wird derzeit besonders stark nachgefragt?

Wir waren selbst überrascht: In der Krise waren unsere Innovationsfinanzierungen gefragter denn je. Wir fördern damit Innovationen in der Breite. Ausgangspunkt ist die Sicht des Unternehmens. Wo betritt es Neuland? Wo hat das Unternehmen noch keine Erfahrung? Projekte, die solche Lücken schließen, können förderfähig sein. Und aus der Förderung der innovativen Breite resultiert dann als Sekundäreffekt auch ein Impuls für Spitzenleistungen - aus einem breiten Hightech-Fundament resultieren Startchancen für umwälzende Neuerungen.

Aber unsere Programmnachfrage zeigt generell, dass die Unternehmen die gesellschaftlichen Zukunftsthemen nicht vernachlässigen. Gegen den Klimawandel wird angegangen und die Transformation der Wirtschaft wird von den Unternehmen weiter tatkräftig vorangetrieben. Die Entwicklung der Förderprogramme "Ressourceneffizienzfinanzierung", "Innovationsfinanzierung" und die "Digitalisierungsprämie" ist dafür ein Beleg. In Summe haben diese Programme im letzten Jahr ein Volumen von rund einer Milliarde Euro erreicht. Das ist ein starker Impuls für den Strukturwandel! Und auch der Start ins Jahr 2021 ist vielversprechend: Allein in der Digitalisierungsprämie, die in einer Darlehens- und einer Zuschussvariante angeboten wird, haben wir im ersten Quartal 2021 mehr als 3 300 Unternehmen gefördert!

Ein weiterer wichtiger Baustein zur Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität sind die Fördermittel für Gründer. Die Zahl der Start-ups in Baden-Württemberg ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Verfügen alle über nachhaltige Geschäftsmodelle?

Die Existenzgründungsfinanzierungen haben im Jahr 2020 an die guten Ergebnisse der Vorjahre angeknüpft. Im Rahmen von Existenzgründungsfinanzierungen wurden fast 2 600 junge Unternehmen begleitet. In Summe beträgt das in Anspruch genommene Finanzierungsvolumen 633 Millionen Euro. Die Nachfrage wird nicht durch Notgründungen ausgelöst, wie dies bundesweit in Krisen der Vergangenheit häufiger zu beobachten war. Wir sehen, dass die Entscheidung für den Schritt in die Selbstständigkeit in Baden-Württemberg aktuell weiter frei von Sachzwängen erfolgt und durch den Willen vorangetrieben wird, etwas gestalten zu wollen.

Die Motivation ist nicht das schnelle Geld, der Exit an der Börse. In Baden-Württemberg ist der Mittelstand das Ziel. Die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer wollen systematisch ein eigenes mittelständisches Unternehmen aufbauen. Mit der Einführung der "Meistergründungsprämie" im Dezember 2020, mit der wir seither fast 50 Meisterinnen und Meister in unterschiedlichen Gewerken auf dem Weg zum eigenen Unternehmen begleiten konnten, unterstützen wir gezielt dieses Bedürfnis.

Nach Corona braucht es sicherlich noch mehr Aufbauhilfen. Über welche Programme denken Sie nach?

Unser Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Unternehmen zu stärken. Aus dieser Zielsetzung versuchen wir, Programmoptionen abzuleiten, die es erlauben, den Strukturwandel der Wirtschaft voranzutreiben. Mit Programmen wie der Meisterprämie oder dem Programm "Start-up BW Pro-Tect" für krisengeschüttelte Start-ups haben wir in der Pandemie gezeigt, wie flexibel wir auf die Anforderungen der Wirtschaft reagieren können. Für die sehr herausfordernde Zeit stehen wir mit unserem Know-how und unserem vielfältigen Förderwerkzeugkasten der neuen Landesregierung zur Seite. Um den Strukturwandel nachhaltig zu begleiten.

Förderbanken sollen die Transformation der Wirtschaft - mehr Digitalisierung, mehr Nachhaltigkeit et cetera - nicht nur begleiten, sondern sogar beschleunigen. Kann das mit dem bestehenden Instrumentarium gelingen?

Wir haben an dieser Stelle vor allem den Hebel der Rentabilität. Durch attraktive Finanzierungslösungen können wir die relative Vorteilhaftigkeit von Investitionen beeinflussen und so Investitionsentscheidungen in einem gewissen Umfang steuern. Das Zinsumfeld schränkt unsere Gestaltungsmöglichkeiten natürlich ein, aber wir sind mit einer breiten Klaviatur unterwegs. Wir arbeiten mit Tilgungszuschüssen, mit einem sehr flexiblen Kreditverlauf, mit Sondertilgungsrechten, mit Bürgschaften und für die Zukunft sehen wir in Negativzinssätzen eine weitere Option. Den ersten Schritt haben wir bei den Kommunaldarlehen gemacht. Soweit das aktuelle Zinsniveau dies erlaubt, bezahlen seit Ende Januar 2021 die Kommunen bei ihren Zukunftsinvestitionen nicht nur keine Zinsen, sie bekommen sogar Geld gutgeschrieben. Ab Mitte des Jahres können wir bei Bedarf auch für Unternehmen Förderprogramme mit negativen Zinssätzen anbieten. In Zusammenspiel mit den weit größeren Möglichkeiten der Bundes- und Landesregierung können wir so einen Beitrag zur Transformation des Mittelstandes leisten.

Wie wird eine Förderbank wie die L-Bank im Jahr 2025 aufgestellt sein und arbeiten?

Die Fähigkeit zu fördern ist das strategische Primärziel der L-Bank. Grundlage unserer Geschäftstätigkeit als Förderinstitut des Landes Baden-Württemberg ist die permanente und dauerhafte Fähigkeit, Fördermaßnahmen für das Land Baden-Württemberg umzusetzen. Damit dies auch in Zukunft sichergestellt ist, haben wir einen umfassenden Dialog aufgesetzt, in dem alle Know-how-Träger zu Wort kommen. Unsere Mitarbeiter, unsere Stakeholder, der Verwaltungsrat, alle sind eingebunden. Wir wollen eine positive Diskussions- und Debattenkultur - auch bei strategischen Themen. Und so das umsetzen, was wir gerade in der Corona-Pandemie erlebt haben: Im Team gemeinsam ist man am stärksten. Nicht nur in unseren Förderungen spielen Nachhaltigkeit und Digitalisierung die Hauptrolle. Auch die L-Bank selbst als Förderdienstleiter wird im Jahr 2025 noch nachhaltiger und digitalisierter arbeiten müssen.

Edith Weymayr Vorsitzende des Vorstands, L-Bank, Karlsruhe
 
Noch keine Bewertungen vorhanden


X