PODIUMSDISKUSSION

Instant Payments - erste Erfahrungen

Dr. Heike Winter, Deutsche Bundesbank, interviewt Hays Littlejohn, Geschäftsführer der EBA Clearing; Corinna Lauer, Director Payment Products Germany, UniCredit Bank AG; Helmut Wacket, Head of the Market Innovation and Integration Division, EZB, und Axel Weiß, Leiter Zahlungsverkehr beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) (v.l.) (Foto: Deutsche Bundesbank)

Das Thema Instant Payments ist für das Eurosystem von zentraler Bedeutung. Dies wird gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion von Helmut Wacket (EZB) deutlich gemacht. Sowohl ein Rahmenwerk als auch die notwendige Infrastruktur wurden bereits geschaffen. Mit Target Instant Payment Settlement (TIPS) bietet das Eurosystem ein eigenes System zur Verrechnung von grenzüberschreitenden Instant Payments an. Der nächste wichtige Schritt ist die Umsetzung am Markt durch die Banken. Der Implementierungsgrad ist noch zu gering. Dabei gibt es jedoch noch große Unterschiede in Europa. Außerdem wurden die Vorteile von Instant Payments den Verbrauchern noch nicht hinreichend vermittelt. Die Lösungen der Banken sind noch nicht weit genug verbreitet. Hier besteht noch Verbesserungsbedarf, wobei eine von vorneherein europäische Ausrichtung nötig ist.

Zunehmende Nutzung - wachsende Verbreitung bei Banken

Von den praktischen Erfahrungen im Umgang mit Instant Payments berichtet Frau Corinna Lauer von der Unicredit, die als erste Bank in Deutschland ihr Instant-Payments-Angebot bereits am 21. November 2017 startete. An diesem Tag erfolgte die erste Cross-border-Zahlung von München nach Italien innerhalb von 2 Sekunden. Eine positive Überraschung stellte für die Unicredit die schon in der Startphase hohe Anzahl und der Ursprung eingehender Zahlungen dar, der alle Kundensegmente umfasste. Mittlerweile, nach dem Start zahlreicher weiterer Banken, ist auch in Deutschland eine signifikante Anzahl erreicht. Es ist zu beobachten, dass die Kunden in weiter zunehmendem Maße Instant Payments nutzen. Dazu erläutert Hays Littlejohn, Geschäftsführer der EBA Clearing, die positiven Entwicklungen von RT1. Neben TIPS ist RT1 ebenfalls ein paneuropäisches Instant-Payments-System, das mittlerweile etwa eine Million Transaktionen pro Woche verarbeitet. Bis Mitte Mai passierten die Transaktionen in RT1 bereits die 25 Millionen-Marke und die Tendenz ist, laut Littlejohn, rapide steigend. Entscheidend für den Erfolg von Instant Payments wird aber sein, dass jede Bank in Europa zuverlässig erreicht werden kann. RT1 erreicht bisher 60 Prozent aller Banken, so Hays Littlejohn, und er erwartet, dass diese Prozentzahl bis 2020 auf 90 Prozent anwachsen wird.

Während die Infrastrukturen sehr gut aussehen, sind auf der Bankenseite insgesamt noch viele Anpassungen nötig. So müssen die Banken neue Prozesse einführen, was etwas mehr Zeit benötigt. Zu seinen Erfahrungen mit Instant Payments äußert sich Axel Weiß von der Sparkassen-Finanzgruppe dahingehend, dass sich die Sparkassen-Finanzgruppe sehr früh für die geschlossene Einführung von Instant Payments entschieden hat und die Ausführung von Echtzeitzahlungen bereits seit Sommer 2018 im Online- und Mobile-Banking anbietet. Auch Kwitt wurde auf Instant umgestellt. Derzeit werden zirka 80 000 Transaktionen täglich verarbeitet - mit stark steigender Tendenz. Im Juli vergangenen Jahres wurde Kwitt auf Instant umgestellt. Kwitt soll zudem als Basis für den Ausbau, möglicherweise in Richtung B2P, auf Zahlungsprozesse im Handel oder bei mobilen Händlern, für die sich kein Bezahlterminal rentiert, dienen.

Notwendigkeit einer paneuropäischen Infrastrukturlösung

Auf die Publikumsfrage, wer von den Symposiumsteilnehmern schon einmal mit einer Echtzeitüberweisung gezahlt habe, gab es verhaltene Rückmeldungen. So antworteten 29 Prozent mit Ja und 71 Prozent mit Nein. Die Moderatorin verdeutlichte, die von den Experten genannten Zahlen zu den Instant-Payments-Systemen seien zwar hoffnungsvoll, im Vergleich zu dem sonstigen Zahlungsverkehr jedoch noch gering. Verglichen mit den 16 Millionen täglich abgewickelten Zahlungen über den Sepa-Clearer gäbe es bei Instant Payments noch ausreichend Luft nach oben.

Zum größten Teil dienen Instant Payments dabei zur Begleichung von eiligen Rechnungen, sowohl von Privatpersonen als auch Firmen. Als Verwendungszweck für Instant-Zahlungen werden teilweise die Gehaltszahlungen kleiner Mittelständler, Reisen sowie der klassische Autokauf genannt. Darüber hinaus wird dieses Zahlungsinstrument verstärkt im Onlinebereich eingesetzt, wie beispielsweise Bezahlungen bei Ebay-Kleinanzeigen. Die EBA Clearing arbeitet daran, wie der Einsatz von Instant Payments im Online-Handel und in anderen Kontexten besser unterstützt werden kann, so Littlejohn. Die Idee sei ein "Request to Pay", welches als wichtiges Puzzleteil oder "Missing Link" gilt, um Instant Payments den Weg zu ebnen und das Entwickeln von Kundenprodukten zu erleichtern.

"Request to Pay" ist eine standardisierte Zahlungsaufforderung, basierend auf ISO 20022. Der Begünstigte, zum Beispiel ein Händler, kann den Zahlungsprozess mit "Request to Pay" direkt anstoßen, womit Echtzeitzahlungen zum Beispiel besser in den Verkaufsprozess integriert werden können. Auf die Notwendigkeit einer paneuropäischen, produktagnostischen Infrastrukturlösung als Bindeglied zwischen den verschiedenen nationalen "Request to Pay"-Endkundenlösungen ist die EBA Clearing zusammen mit einer Taskforce von 30 Teilnehmern aus 14 Ländern gekommen, die derzeit an einem Blueprint zu diesem Thema arbeitet.

Ähnlich zur heutigen Beziehung von Euro-1 der EBA Clearing zu Target2 des Eurosystems, arbeiten auch RT1 und TIPS parallel. Als Vorteile von TIPS erläutert Helmut Wacket, dass TIPS als gänzlich paneuropäisches System alle Banken erreichen kann. Alle Target-Teilnehmer könnten potenziell ebenfalls TIPS-Teilnehmer werden und die Erwartungshaltung ist, dass dies zukünftig auch sukzessive erfolgt.

Ein Vorteil ist zudem, dass das Settlement in Zentralbankgeld auf dem Zentralbankkonto erfolgt und hierfür vorhandenes Guthaben zur Mindestreserveerfüllung angerechnet wird. Das primäre Ziel der Europäischen Zentralbank besteht in der Schaffung eines zukunftsorientierten Instruments, das eine paneuropäische Erreichbarkeit gewährleistet und innovative Lösungen fördert.

Auf die Frage an das Publikum, in welchen Fällen schon einmal in Echtzeit bezahlt worden sei, stellt sich heraus, dass dies bei 34 Prozent bezüglich des Zahlens einer dringenden Rechnung der Fall gewesen ist, während 34 Prozent noch nie das Bedürfnis für die Nutzung einer Echtzeitzahlung gehabt haben. Darüber hinaus wurde das Zusammenspiel zwischen den beiden Instant-Payment-Systemen TIPS und RT1 sowie die Kooperation mit Clearing-Systemen in anderen Ländern hinterfragt. Hays Littlejohn bekräftigt, dass TIPS und RT1 analog zu Target2 und Euro-1 komplementär seien. Sie bieten demnach ähnliche Angebote mit einem differenzierten Fokus. Er ergänzt, dass die EBA Clearing alles tue, was in ihren Kräften steht, um Zahlungsdienstleistern die bequeme Nutzung beider Systeme, über die TIPS Instructing Party Functionality von RT1, zu ermöglichen. Die Zusammenarbeit mit nationalen Clearinghäusern laufe ebenfalls reibungslos; hier nennt Hays Littlejohn als Beispiel die Anbindung spanischer Institute über Iberpay, die gleich zum Start von RT1 aktiviert wurde.

Maximalbetrag als Hindernis für Firmenkunden

Zu der künftigen Entwicklung von Instant Payments äußert sich Corinna Lauer, es gebe einige Punkte, die noch ausbaufähig sind, wie zum Beispiel die Erreichbarkeit. In Deutschland sind inzwischen zwar sehr viele, aber eben noch immer nicht alle Institutionen angebunden. Wenn Instant Payments zum "New Normal" werden sollen, müssen sie alternativ zur normalen Sepa-Überweisung, insbesondere im geschäftlichen Zahlungsverkehr, mit dem gleichen Funktionsumfang zur Verfügung stehen. So wollen Firmenkunden beispielsweise häufig nicht nur eine Einzelzahlung durchführen, sondern ganze Dateien einreichen. Auch möchten Unternehmen Sammelbuchungen erhalten und demnach das gleiche Serviceangebot wie für Sepa nutzen können, nur eben auf Basis der Abwicklung 24 x 7, mit sofortiger Finalität innerhalb von 10 Sekunden.

Für Firmenkunden ist unter anderem noch der Maximalbetrag mit 15 000 Euro pro Transaktion ein Hindernis. Es war eine große Enttäuschung für viele Marktteilnehmer, dass es im November dieses Jahr keine Erhöhung geben wird. Eine Erhöhung würde das Spektrum der "Use Cases" für den Firmenkunden deutlich verbreitern, wo beispielsweise Instant Payments im Rahmen des Liquiditätsmanagements in Betracht gezogen werden könnte. Bilateral lässt sich der Maximalbetrag jedoch bereits heute überschreiten ohne gegen das Scheme zu verstoßen.

Weiter beantwortet das Publikum die Frage, welche Rolle Instant Payments in fünf Jahren spielen werden, mehrheitlich (64 Prozent) damit, dass Instant Payments zum "new normal" werden. 36 Prozent sagen, Instant Payments werden lediglich als Neben- oder Premiumprodukte existieren.

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