Redaktionsgespräch mit Nils Bulling

" Tokenisierung eröffnet eine attraktive Möglichkeit, in non-bankable Assets zu investieren"

Nils Bulling, Foto: Avaloq

Anlageprodukte mit hoher Rendite sind eine Seltenheit geworden oder mit entsprechendem Risiko verbunden. Bei der Suche nach Alternativen stößt man abseits der üblichen Vehikel auf den Kauf von Gemälden, Sammlerstücken oder Immobilien. Der Handel mit diesen non-bankable Assets hat jedoch hohe Einstiegshürden und birgt durch Intransparenz gewisse Risiken. Abhilfe soll hier die Distributed-Ledger-Technologie schaffen. Diese würde es erlauben, Anteile an den Assets auf Tokens zu platzieren und diese anschließend zu handeln. Banken könnten so eine neue Assetklasse für sich entdecken und Anleger könnten ihr Portfolio differenzieren. Auch der Handel mit Tokens eines Assets, das vor seiner Digitalisierung eingehend geprüft wurde, wäre um ein Vielfaches transparenter, als beispielsweise ein Bild selbst zu kaufen. Nils Bulling erklärt im Interview, wie der Handel mit non-bankable Assets digitalisiert werden und in Zukunft aussehen könnte. Dabei geht er auch auf mögliche Geschäftsmodelle für Banken und Verwahrer ein, die sich durch diese Technologie ergeben könnten. (Red.)

Herr Bulling, Sie sehen Chancen für non-bankable Assets durch die Tokenisierung. Welche nicht-bankfähigen Assets meinen Sie im Speziellen?

Wenn ich an Tokenisierung denke, meine ich nicht nur die non-bankable Assets, sondern auch standardisierte Finanzprodukte wie Bonds und Fonds. Zum Beispiel entwickeln wir derzeit zusammen mit einem Finanzinstitut einen Proof-of-Concept, um Bonds auf der Ethereum Blockchain als Tokens auszugeben. Diese tokenisierten Bonds können dann effizient und vollständig digital an die Kunden verteilt werden.

Der große Vorteil dabei ist, dass dies zu niedrigeren Kosten möglich ist, zum Beispiel auch durch die Handhabung von Corporate Actions, und diese tokenisierten Produkte somit prinzipiell einen größeren Adressatenkreis ansprechen können. Wenn man an non-bankable Assets denkt, dann lässt sich die Tokenisierung entsprechend auf Real Estate, Private Equity und später auch Sammlerstücke sowie Luxusgüter anwenden.

Warum sollte man in einem Portfolio auch illiquide Assets berücksichtigen, bei all den Problemen wie schwerer Handelbarkeit und fehlender Liquidität sowie Intransparenz des Marktes?

Heutzutage können insbesondere wohlhabendere Investoren wie High Net Worth und Ultra High Net Worth Individuals in diese Assets investieren und kommen so in den Genuss von Assetklassen mit einem sehr attraktiven Risiko-Rendite-Verhältnis. Mittels Tokenisierung dieser illiquiden Assets entsteht die Möglichkeit, non-bankable Assets, die bislang den wohlhabenden Kunden vorbehalten waren, auch dem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen.

Insbesondere in der derzeitigen Null-Zins-Politik ist dies besonders interessant. Mit illiquiden Assets wie Real Estate kann man hingegen auch heute noch sechs bis acht Prozent Rendite erzielen und mit ausgewählten Gemälden noch mehr. Existierende Anlageprodukte wie etwa Real Estate Investment Trusts sind keine echte Alternative für den normalen Investor, da sie für den Endkunden meist sehr teuer sind. Neben den Renditemöglichkeiten gibt es noch weitere Argumente für ein Investment in illiquide Assets. Eines wäre die Möglichkeit der breiteren Diversifizierung. Häufig ist die Korrelation zwischen illiquiden Assets und traditionelleren Assetklassen gering gegebenfalls sogar negativ und ermöglicht auch eine effizientere Risikostreuung.

Welche Vorteile bringt denn in diesen Märkten die Nutzung der Blockchain/DLT-Technologie?

Die Blockchain ist die Grundlage, um Tokens effizient anbieten zu können; also die technische Plattform, um illiquiden Assets wie auch traditionelle Assets zu digitalisieren und im Anschluss kostengünstig den einzelnen Marktteilnehmern anzubieten. Den Effizienzgewinn und Kostenvorteil sieht man insbesondere, wenn das Investitionsobjekt - der tokenisierte Fonds - als auch das Zahlungsmittel - zum Beispiel ein Stablecoin - in digitaler Form vorliegt. Durch die Blockchain ermöglicht die, den Delivery-versus-Payment-Prozess vollständig zu digitalisieren. So ermöglicht die Blockchain ganz neue Geschäftsmodelle.

Der Effizienz- und Kostenvorteil ist nur ein Aspekt. Die Blockchain-Technologie bringt weitere Vorteile bezüglich Sicherheit, Robustheit und Transparenz mit. Transaktionsdaten, beispielsweise um Preise zu bestimmen, sind zentral verfügbar und einsehbar. Diese Transparenz und strukturierte Speicherung vereinfacht nicht nur Experten den Zugang zu erforderlichen Informationen für eine fundierte Schätzung, sondern ermöglicht auch den Einsatz von maschinellen Algorithmen.

Ein Problem könnte dabei die Bewertung darstellen. Schon jetzt braucht es viel Fachwissen, um beispielsweise bei Kunstgegenständen die Marktpreise richtig einzuschätzen. Was ändert sich daran durch die Tokenisierung?

Das ist ein sehr guter Punkt. Prinzipiell bleibt dieses Problem weiterhin bestehen. Wenn ich etwas in tokenisierter Form anbieten möchte, muss ich trotzdem den Marktpreis bestimmen und eine Vorstellung über die Wertentwicklung haben. Gerade auch wenn ein Investor fundiert sein Investmentportfolio optimieren möchte. Ein Vorteil, den die Blockchain-Technologie meiner Ansicht nach mit bringt, besteht darin, dass historische und andere Daten durch die erhöhte Transparenz und Zugänglichkeit besser genutzt werden können. Nehmen wir zum Beispiel das Bewertungsmodell einer Immobilie. Sicherlich spielt die Lage neben den anderen intrinsischen Faktoren eine entscheidende Rolle.

Die digitale Natur der Daten erlaubt die Kombination all dieser Datenquellen mit etwa historischen Transaktionen ähnlicher Immobilien, um Vorhersagen über den Preis beziehungsweise dessen Entwicklung zu tätigen. Mehr noch, Smart Contracts - das heißt Programme, die ausführbar auf der Blockchain "leben" - können Bewertungsalgorithmen transparent implementieren. Das ermöglicht eine insgesamt effizientere Möglichkeit der Evaluierung von Informationen. Auch wenn die Evaluierung, das heißt die Wert- beziehungsweise Preisbestimmung, selbst bestehen bleibt, bin ich überzeugt, dass die weitere Digitalisierung, die mit der Blockchain einhergeht, den Einsatz maschineller Methoden ermöglichst, die die Preisberechnung unterstützen.

Im zweiten Schritt, nach einer erfolgreichen Tokenisierung und Herausgabe des Produkts, lässt sich sehr einfach ein liquider Sekundärmarkt schaffen und dadurch eine effiziente und resistentere Preisbildung ermöglichen. Hier wird der Preis dann primär über das klassische Prinzip von Angebot und Nachfrage geregelt.

Also kann man sagen, das funktioniert dann alles einfacher und man muss weniger Mittel einsetzen. Aber nach wie vor sollte man sich auf den Märkten auch noch auskennen, wenn man dort auch über Tokens Assets emittieren möchte?

Absolut. Auch wenn der Einsatz von algorithmischen Methoden, wie zum Beispiel Machine Learning oder anderen KI-Methoden, in Zukunft vereinfacht wird, so wird Fachwissen weiterhin notwendig oder zumindest hilfreich sein. Zum Beispiel muss bestimmt werden, welche Faktoren bei der Preisbestimmung eines Kunstwerks sinnvoll sind, um diese als Input für die maschinellen Methoden heranzuziehen. Diese Faktoren unterscheiden sich zwischen verschiedenen Assetklassen. In der Vergangenheit gab es bereits Auktionen, bei denen KIs den Preis von zu versteigernden Bildern zu bestimmen versuchten. Dies hat manchmal besser, manchmal weniger gut funktioniert. Sicherlich waren hier die Eingangsfaktoren ein entscheidender Faktor.

Ein Beispiel, wo die Bewertung durch Algorithmen meines Erachtens besser funktioniert, ist etwa der Real-Estate-Markt. Hierbei ermöglichen verschiedene Eigenschaften der Immobilie, beispielsweise die Anzahl der Zimmer, die Lage, das Bestehen eines Swimmingpools oder das Steueraufkommen der Region, und das Vorhandensein entsprechender Daten eine robustere Bewertung. Da ist es leichter, die richtigen Faktoren zu finden. Je exotischer die Assets sind, zum Beispiel teure Gemälde, Uhren, vielleicht Yachten, die es nicht so oft gibt, für die ist es sehr viel schwerer, geeignete Faktoren zu bestimmen. Und da braucht man immer noch Experten für die Preisfindung, auch mit maschinellen Methoden. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade bei non-bankable Assets oftmals auch die Datenbasis eher zu gering sein dürfte, um etwa Faktoren durch Deep-Learning-Ansätze vollautomatisiert bestimmen zu können, um so das Erfordernis von Expertenwissens weiter zu reduzieren.

Wie muss man sich das als Laie vorstellen? Kann dann da jeder auf die Daten in der Blockchain zugreifen oder muss man dann schon ein halber IT-Profi sein, um Daten extrahieren zu können?

Auf die Daten einer Public Blockchain kann prinzipiell jeder zugreifen, auf verschlüsselte Daten natürlich nur bei Besitz des richtigen Schlüssels. Private Blockchain sind nur einem bestimmten Kundenkreis zugänglich. Generell lassen sich auf einer Blockchain somit alle Transaktionen einsehen. Sicherlich kann der Laie manuell nicht wirklich schlau aus diesen Daten werden. Mithilfe von Programmen lassen sich so jedoch Transaktionen analyisieren. Smart Contracts, die etwa Bewertungslogik oder Verträge kodieren können, liegen aber oftmals nicht in lesbarer Form vor.

Erklären Sie uns doch einmal konkret, wie die Gestaltung eines tokenisierten illiquiden Assets aussehen könnte, zum Beispiel anhand eines Kunstgegenstands. Welche Geschäfts- und Gestaltungmöglichkeiten könnten sich daraus ergeben?

Ich glaube, da sind der Fantasie fast keine Grenzen gesetzt. Es gibt eine Vielzahl von möglichen Use Cases. Stellen Sie sich etwa einen wohlhabenden Eigentümer eines wertvollen Gemäldes vor, der kurzfristig auf Liquidität angewiesen ist. Er könnte mit diesem Bild zur Bank gehen und es von der Bank tokenisieren lassen, das heißt eine digitale Stückelung von dem Bild erstellen lassen - natürlich nur im übertragen Sinne. Das Bild könnte bei der Bank hinterlegt werden oder auch im Privatbesitz des Eigentümers verbleiben, zum Beispiel mit einer gewissen Versicherung, falls das Bild beschädigt wird. Die Tokens, die das Bild repräsentieren, können an Anleger als Investment herausgegeben werden. Sie könnten die Tokens für eine gewisse Anzahl von Jahren halten, eine stetige Rendite während dieser Zeit erhalten, bis der Besitzer des Bildes die Tokens zurückkauft. Die Investoren könnten entsprechend von den unterjährlichen Zahlungsflüssen als auch von der Wertsteigerung des Bildes profitieren.

Eine weitere Idee wäre es, die Tokens mit Nutzungsrechten zu verknüpfen. Zum Beispiel kann ein Museum Tokens von diesem Bild kaufen mit der Erlaubnis, es auszustellen. Oder der Investor könnte an den Eintrittspreisen des Museums mitverdienen. Wenn das Bild tokenisiert wurde, dann erhalten alle Investoren einen gewissen Anteil von den Eintrittspreisen des Museums. Da gibt es sehr viele Business-Use-Cases, was eben auch das Schöne an Smart Contracts ist, weil man darin beliebige Logik codieren kann.

Man könnte also zur Bank gehen und das Bild tokenisieren lassen. Aber welche Voraussetzungen brauchte eine Bank dafür? Für kleinere Institute wäre das wohl keine Option. Oder gibt es schon standardisierte Lösungen, die jeder nutzen kann?

Das ist ganz unterschiedlich. Wir bauen gerade selbst eine Lösung, die es der Bank erlaubt, sozusagen selbst Tokens zu erstellen. Das klingt komplizierter als es ist. Man hat eine Eingabemaske für ein Objekt, das man tokenisieren möchte. Darin enthalten sind auch die ganzen Konfigurationen, zum Beispiel die Laufzeit dieses Smart Contracts oder wie viel das Objekt pro Jahr ausschütten soll. Das kann die Bank selbst machen. Ich glaube nicht, dass die Bank diese Lösung selbst bauen wird. Es gibt da verschiedene Plattform-/Lösungsanbieter am Markt, die solche Tokenisierungs-Lösungen anbieten, die also die ganze Transformation vom Objekt zu den Tokens bewerkstelligen. Essenziell geht es also darum, ein digitales Objekt im System zu erstellen und dann wie bei einer bisherigen Issuance von Finanzprodukten die Kernparameter einzugeben. Natürlich brauch man für eine Ende-zu-Ende-Lösung noch mehr als die pure Tokenisierungs-Lösung.

Von einem operativen Gesichtspunkt aus könnte die Bank in einer Zweckgesellschaft, einem Special Purpose Vehicle (SPV), teurere Vermögensgegenstände kapseln, um das Risiko von der Bilanz der Bank zu reduzieren. Da wird beim Beispiel eines teuren Bildes ein SPV gegründet, die dieses Bild umarmt und von dem SPV werden dann die Tokens ausgegeben. Die Ausgabe der Tokens entspricht mehr oder weniger dem gleichen Prozess der Ausgabe von Schuldscheinen. Nur dass eben alles digital passiert.

Und wie bereits erwähnt, entweder kauft die Bank eine eigene Issuance-Lösung ein und führt diesen Issuance-Prozess inhouse selbst durch. Oder es gibt auch Anbieter, die den ganzen Issuance-Prozess für die Bank übernehmen. Es gibt zum Beispiel Real-Estate-Tokenisierungs-Plattformen, die bieten schon tokenisiertes Real Estate an und die Bank muss dann diese Tokens nur noch ihren Kunden zur Verfügung stellen.

Für wen wären solche Investments ein Thema? Nur für institutionelle Anleger oder auch für Banken oder Privatanleger?

Ich denke mal, das gilt eigentlich für alle. Der Privatanleger, der heute nicht in den Genuss kam, in solchen illiquiden Assets anlegen zu können, weil ihm einfach die finanziellen Mittel fehlen. Aber auch für institutionelle Anleger gelten die gleichen Eigenschaften. Sie können auch ihre Rendite mit solchen Produkten steigern und oftmals konnten sie ja bereits in solche Produkte anlegen, aber das geht jetzt eben mit geringeren Kosten und schnellerer Time-to-Market. Wenn man sich jetzt überlegt, einen Real Estate Fund aufzusetzen, dann gibt es Anbieter, die versprechen das in wenigen Wochen hinzubekommen, statt bisher Monaten. Das sind sehr viel schnellere Zeitleisten, in denen sie diese Produkte anbieten können. Da wird es gerade auch für Banken interessant, eine schnellere Time-to-Market zu haben.

Wie könnte dann der Handel für die Anleger und Besitzer funktionieren? Wird es da einen liquiden Zweitmarkt geben?

Ich glaube, es muss auf jeden Fall einen liquiden Zweitmarkt geben, um das ganze zum Erfolg zu führen. Es gibt jetzt schon gewisse Sekundärmärkte, die sind aber eher für gewisse Use-Cases, für gewisse Sphären vorgesehen. Nehmen wir zum Beispiel die Tokenisierungs-Plattform für Real Estate, die ich eingangs angesprochen hatte. Wenn der Anbieter diese Tokens herausgibt, dann bietet sie auch oftmals einen Sekundärmarkt an. Also auf einem Small Scale gibt es schon Sekundärmärkte, aber auf einem größeren Scale, wo man wirklich tokenisierte Assets handeln kann, das gibt es meines Wissens noch nicht. Aber das ist sicher der Schlüssel zum Erfolg der ganzen Tokenisierung.

Da sind aber auch noch keine Projekte im Aufbau? Gibt es da Unternehmen, die in der Hinsicht vorpreschen?

Zum Beispiel SDX, der digitale Arm der Schweizer Börse, baut an einem Sekundärmarkt. Meines Wissens sollte der im nächsten Jahr live gehen. Es gibt da schon verschiedene Spieler, die solche Märkte gerade aufbauen. Mir ist aber nicht bewusst, dass es schon einen produktiven, größeren Sekundärmarkt gibt.

Ich glaube, es fehlt im Moment einfach noch an der kritischen Masse, dass das wirklich vorangetrieben wird. Auch wenn wir mit unseren Kunden reden, da gibt es viele unter ihnen, die am Thema Digital Assets Interesse haben. Aber es gibt noch nicht den größeren Industrie-Use-Case, den man jetzt vorzeigen kann. Alle Use Cases, die es heutzutage gibt, sind eher kleinerer Natur. Ich glaube, sobald einmal die größere Bewegung losgetreten ist, dann hat man die Masse und dann wird es auch ganz schnell gehen.

Ist das alles noch nur ein Zukunftskonzept oder gibt es schon konkrete Umsetzungen in der Tokenisierung von non-bankable Assets?

Genau, ich hatte anfangs schon erwähnt, dass es bei Auktionen genutzt wird, dass Gemälde tokenisiert und angeboten werden. Es gibt Firmen wie Harbor, die schon 100 Millionen Euro in Real Estate Funds verkauft haben. Es gibt Lösungen von meist abgegrenzten Use Cases, entweder Real Estate, Gemälde oder Luxusgüter. Aber bisher sind das oftmals eher Leuchtturmprojekte, abgesehen von Real Estate, wo es schon ein paar größere Firmen gibt, die aktiv sind. Unter ihnen auch welche, die damit Umsätze erzielen. In den nächsten zwei Jahren wird das skalieren.

Gerade Kunstwerke sind ja bekannt für spektakuläre Raubzüge. Wie sieht es denn da mit der Sicherheit aus, wenn diese tokenisiert sind? Wie sicher ist diese Technologie?

Das kommt darauf an, wie die Schlüssel verwahrt werden. Wir bieten mit unserem Partner Metaco eine Hardware-basierte Lösung zur Verwahrung kryptografischer Schlüssel an, welche State-of-the-Art-Sicherheitsstandards gewährleistet. Sie beinhaltet zum Beispiel eine konfigurierbare Hot/Warm Wallet beziehungsweise Cold-Wallet-Lösung. Bei Letzteren werden die Schlüssel vom Internet getrennt aufbewahrt. Das heißt, es gibt keine Möglichkeit vom Netwerk aus, auf die Schlüssel zuzugreifen. Warm Wallets sind mit dem Netzwerk verbunden. Sie bieten daher eine viel bessere User Experience. Die Bank kann das selbst entlang ihrer Bedürfnisse konfigurieren. Natürlich ist alles auf höchstem Level sicher. Das sind alles Public-Key-kryptografische Methoden, also State-of-the-Art-Methoden. Natürlich prinzipiell, wie bei jedem passwortgeschütztem System, kann man diesen Algorithmus knacken, aber das ist eben nicht realistisch, sondern eine theoretische Überlegung.

Wie könnten Banken daraus ein Geschäftsmodell machen?

Wenn man glaubt, dass in Zukunft viel mehr Assets digitalisiert werden können, dann gibt es auch viel mehr Möglichkeiten, diese Assets anzubieten. Der Normalkunde ist dann mit einer Explosion von Assetklassen konfrontiert und muss das erst einmal verstehen.

Für die Bank ist ein großer Punkt der ganze Beratungsprozess. Wie kann ich der neuen Kundenbasis, den wohlhabenden, aber auch den Retail- und Affluent-Kunden erklären, welche Investment-Möglichkeiten diese Assetklassen haben? Ich glaube, da gibt es großes Potenzial für Banken in der Beratung. Wie kann ich mein Portfolio breit aufstellen? Wie kann ich die neuen Assetklassen verstehen? Was ist Vor- und Nachteil von Real Estate Investing und so weiter. Dann natürlich, wenn ich non-bankable Assets bankable machen kann, kann ich auch prinzipiell meine Assets Under Management erhöhen. Das heißt, die Bank kann eben an den Gebühren für die Assets mitverdienen. Und die dritte Säule ist eigentlich die Kosteneffizienz. Das gilt nicht nur für non-bankable Assets, sondern auch für traditionelle Assets, wie zuvor erwähnt. Ich kann vielleicht Schuldverschreibungen viel günstiger herausgeben. Das heißt, ich kann die ganzen Prozesse effizienter und kostengünstiger abbilden.

Diese drei Punkte eigentlich: Beratungsleistung, Assets Under Management erhöhen und eben Kosten einsparen und Effizienz steigern. Und dazu kommt noch ein weiterer Punkt: neue Kunden gewinnen. Wenn man jetzt einen digital affinen Kunden hat, der in Krypto beziehungsweise Digital Assets investieren möchte, kann das eben auch für eine Bank ein Differenzierungsmerkmal sein, solche Assets anzubieten.

Wären dann irgendwann Drittparteien, so etwas wie Central Counter Parties, nicht überflüssig? Vor allem wenn alle Assets, auch Aktien und Anleihen, über diese Technologie herausgegeben würden und, wenn ja, ist dann nicht zu erwarten, dass diese Gruppen und Unternehmen gegen diese Technologie opponieren werden?

Das wäre zum Beispiel eine Möglichkeit für die Decentralised Exchanges, wo Endkunden direkt miteinander agieren. Da haben Sie vollkommen recht, da müsste es keine Intermediäre mehr geben. Ich glaube jedoch, dass es nicht so eintreten wird, weil es immer noch ein sehr regulierter Markt ist und Kunden vor allem Sicherheit brauchen und da werden sie weiterhin Banken oder andere regulierte Institute brauchen, um Ihnen dieses Gefühl von Sicherheit zu geben. Hinzu kommt der eben erwähnte Beratungsaspekt und das sichere Verwahren der Schlüssel: Ich bin überzeugt, dafür wird es auch immer noch Intermediäre benötigen. Sie müssen auch daran denken: Wenn man ein Bild tokenisiert, muss es ja auch irgendjemanden geben, der das Bild in sicherer Verwahrung hält beziehungsweise als Collateral akzpetiert, das heißt, die "physischen Assets under Custody" halten und Proof of Ownership erbringen. Da ergeben sich für Banken neue Business-Möglichkeiten.

Welche Erfordernisse gibt es auf der IT-Seite für Institute, die sich diesem Thema nähern wollen?

Also erstmal brauchen sie einen Safe, sozusagen, wo sie den Schlüssel wegsperren können, also eine Crypto Key Custody Solution, die Infrastruktur, um die Schlüssel zum Wallet sicher zu verwahren. Das ist erst einmal die Grundvoraussetzung. Dann haben die Banken bestehende Banksysteme und da ist es wichtig, dass sich die Crypto und Digital Assets nahtlos in diese Systeme integrieren lassen. Es ist wichtig, dass ich nicht verschiedene Applikationen brauche, zum Beispiel um mein traditionelles Portfolio als auch meine Crypto Investments zu sehen. Ich möchte den Kunden ja holistisch beraten, in all seinem Vermögen, das er hat.

Das bedeutet, das ist ein zweiter wichtiger Punkt, dass eben digitale Assets wie andere Assets auch im gleichen System verwaltet werden. Und dann müssen Compliance und regulatorische Themen gewährleistet werden. Ich muss AML-Prozesse einhalten. Wenn man zum Beispiel Crypto Assets von einer anderen Person erhalten oder zu ihr transferieren möchte, muss das mit sogenannten Travel Rules konform sein. Ich muss wissen, wer ist der Sender, wer ist der Empfänger, was eben bei Crypto Currencies nicht von Haus aus gewährleistet ist. Da hat man nur eine Adresse einer Wallet und weiß nicht zwingend, wer dahinter steckt.

Hier sind also regulatorische Anforderungen zu bedienen. Das sind sozusagen die Grundvoraussetzungen: die drei Ebenen Crypto Custody, Integration ins Portfolio und regulatorische Compliance-Lösungen. Und dann benötigt man Lösungen, um die verschiedenen Use Cases zu bedienen. Bei Crypto Currencies zum Beispiel Investing und Trading Lösungen. Ich muss die Bitcoins und andere Crypto Currencies kaufen und verkaufen können. Da brauche ich zum Beispiel einen Anschluss zu einem Broker. Und auch wenn ich an Security Tokens denke, muss ich primär eine Lösung haben, um auf dem Primärmarkt Assets herausgeben zu können und dann die Anknüpfung an einen Sekundärmarkt.

Die BaFin hat ja als eine der ersten Aufsichtsbehörden in Europa die Beaufsichtigung der Verwahrung von Crypto Assets aufgenommen und damit in gewisser Weise geadelt. Was braucht es noch von regulatorischer Seite, um einen florierenden Handel mit tokenisierten non-bankable Assets voranzutreiben und daraus eine ernst zu nehmende Alternative im Asset Management und für Anleger zu machen?

Es gibt ja in gewissen Ländern regulatorische Sandboxes, die es gewissen Start-ups oder kleineren Instituten erlauben, mit leichteren regulatorischen Anforderungen solche Produkte anzubieten. Es wäre ein wichtiger Beschleuniger - damit der Markt an Traktion gewinnt -, dass man die Einstiegshürden bis zu einer gewissen Größe relativ gering hält.

Eignet sich das Investment in tokenisierte non-bankable Assets auch für die Depot-A-Anlage einer Bank? Oder nur als Angebot für Kunden?

Prinzipiell würde ich sagen, kann die Bank auch selbst in die Assets investieren. Natürlich muss man regulatorische Anforderungen berücksichtigen. Aber prinzipiell geht das meiner Ansicht nach genauso. Es könnte eben langfristig eine attraktive Möglichkeit bieten, um in non-bankable-Assets anzulegen und sich so weiter zu diversifizieren.

Aber regulatorische Vorschriften gibt es da noch keine?

Doch, es gibt bereits regulatorische Vorschriften. Zum Beispiel in der Schweiz, wenn eine Bank Kryptowährung selbst halten würde, müsste sie, soweit ich weiß, das Achtfache an Risikogewicht für die Anlage vorsehen.

Und bei digitalisierten Assets wie Gemälden oder Immobilien?

Welche speziellen Anforderungen es für Banken bei digitalisierten Assets wie Gemälde oder Immobilien gibt, kann ich Ihnen auf Anhieb gar nicht genau sagen.

Nils Bulling Head Digital Strategy and Innovation, Avaloq, Zürich
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