Redaktionsgespräch mit Petra Pflaum

"Umweltbewusstsein ist mehr als der reine CO2-Fußabdruck"

Petra Pflaum, Foto: DWS

Dass etwas für eine nachhaltigere Finanzwirtschaft getan werden muss, ist in den Köpfen der Vorstände der Institute bereits erfolgreich verankert worden, so Petra Pflaum, die vor Kurzem in den Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung bestellt worden ist. Ihrer Auffassung nach hat auch die Corona-Pandemie dieses wichtige Thema nicht in den Hintergrund gerückt. Ganz im Gegenteil, einer der Nebeneffekte, die sich aus dem Shutdown ergeben haben, ist beispielsweise eine Besserung der Luftqualität. Um die Pariser Klimaziele erreichen zu können, müsse aber selbstverständlich noch mehr getan werden. Es sei generell ein Umdenken in den Unternehmen vonnöten und auch die Digitalisierung könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen. Welche Maßnahmen für Unternehmen erforderlich wären, um das hohe Ziel der Bundesregierung umzusetzen, Deutschland zum führenden Standort für Sustainable Finance zu entwickeln, erläutert Pflaum im Redaktionsgespräch. (Red.)

Das Corona-Virus hat den Kampf gegen den Klimawandel aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Hat das Thema an Bedeutung verloren?

Es stimmt, dass die Corona-Pandemie seit Monaten die Schlagzeilen beherrscht, aber die menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tragödien und Auswirkungen suchen auch ihresgleichen. Es ist zu erwarten, dass die Weltwirtschaft in die schwerste Rezession seit Ende des zweiten Weltkriegs fällt, obwohl sich Notenbanken und Regierungen massiv gegen den Einbruch stemmen. Die geplanten Gelder des EU-Konjunkturprogramms "Next Generation EU" sollen aber so gezielt eingesetzt werden, dass die europäische Wirtschaft "grüner, digitaler und widerstandsfähiger" werden soll. Ich frage mich also, ob am Ende die Corona-Krise sogar eine Chance sein kann, das Klima zu retten? Das milliardenschwere Programm versteht sich als eine Stärkung des European Green Deal und sieht Investitionen in wichtige Infrastrukturen, wie erneuerbare Energien, Gebäudesanierungen, klimafreundliche Mobilität, vor.

Somit stehen die Ziele des Green Deal, also die Wirtschaft bis zum Jahr 2050 zu dekarbonisieren, weiterhin im Mittelpunkt und ich glaube nicht, dass der Kampf gegen den Klimawandel aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt wird.

Kommt der im Rahmen der Covid-19-Pandemie erzeugte Schub für die Digitalisierung auch dem Klimawandel zugute?

Auf jeden Fall. Der Shutdown des gesellschaftlichen Lebens und der globalen Wirtschaft haben sich in vielen Bereichen positiv auf die Umwelt ausgewirkt. So hat sich beispielsweise die Luftqualität an vielen Orten der Welt massiv gebessert, da deutlich weniger CO2 ausgestoßen wurde. Unterstützend wirkten der stark eingebrochene Flug- und Pendelverkehr, aber auch die stark gedrosselte Produktion in vielen Fabriken. Die Digitalisierung hat es ermöglicht, dass viele Angestellte und Selbstständige von zu Hause arbeiten und Kinder digital am Unterricht teilnehmen konnten. Die geplanten Lockerungen werden natürlich einige positive Effekte wieder nivellieren, aber ich denke, dass das Homeoffice und Videokonferenzen zukünftig einen stärkeren Stellenwert in den Unternehmen einnehmen und sich somit positiv auf die Umwelt auswirken werden. Dies wird allerdings bei Weitem nicht ausreichen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Es wurden ja mittlerweile gigantische Investitionen von der EU angekündigt, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern. Da ist ja der European Green Deal von Frau von der Leyen beinahe vergessen, vor allem dürften da kaum noch Mittel dafür übrig bleiben, wenn alle versprochenen Programme in voller Höhe durchgeführt werden. Oder wie könnte man sicherstellen, dass die vielen Milliarden auch gleich eine ökologische Lenkungswirkung erzielen?

Der European Green Deal von Frau von der Leyen ist keineswegs in Vergessenheit geraten, sondern er ist gerade durch das milliardenschwere Konjunkturprogramm wieder gestärkt worden. Ökologische Lenkungswirkung wird aber auch über andere regulatorische Entwicklungen zustande kommen, Stichpunkt: "EU Aktionsplan für ein nachhaltiges Wachstum". Ein viel diskutierter Punkt der vorgestellten zehn Aktionspunkte stellt die geplante EU-Taxonomie für ein nachhaltiges Finanzwesen dar.

Hier wird insbesondere der Privatsektor in die Pflicht genommen, seine Ertragsquellen und Investitionsziele in wirtschaftlichen Aktivitäten so zu klassifizieren, dass es in der Berichterstattung offengelegt wird. Beispielsweise sollen Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter offenlegen, wie viel Prozent ihres als nachhaltig deklarierten Produktes in nachhaltig gekennzeichnete wirtschaftliche Aktivitäten geflossen sind. Es geht also um Transparenz, welche dann die Lenkungswirkung erzielt.

In den vergangenen Monaten konnte weiterhinein ein großes Interesse an nachhaltigen Produkten beobachtet werden. Viele nachhaltige Publikumsfonds haben neue Kundengelder eingesammelt und damit den Trend des vergangenen Jahres fortgesetzt und Marktanteile gewonnen. Nach Angaben des BVI flossen im vergangenen Jahr rund 40 Prozent aller neuen Kundengelder in nachhaltige Publikumsfonds. Aber auch die relative Performance der nachhaltigen Fonds zeigt sich bisher recht stabil. Obwohl es zu früh ist, eine systematische Outperformance festzustellen, haben ESG-fokussierte ETFs im ersten Quartal viele Standardindizes outperformt. So konnten 60 Prozent der europäischen ESG-ETFs den MSCI Europe Index schlagen.

Sie sind jüngst in den Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung berufen worden, herzlichen Glückwunsch. Welche Themen stehen dort im Moment ganz oben auf der Prioritätenliste?

Vielen Dank. Zunächst vielleicht ein wenig Hintergrund zu dem Beirat: Der Sustainable-Finance-Beirat berät die Bundesregierung mit dem Ziel, Deutschland zum führenden Standort für Sustainable Finance zu machen, indem Impulse gesetzt und bestehende Kräfte gebündelt werden. Er hat unter anderem die Aufgabe, Empfehlungen für eine Sustainable-Finance-Strategie zu entwickeln.

Seine Mitglieder setzen sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Finanzbranche, Realwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen und werden durch ständige Beobachterinnen und Beobachter in ihrer Arbeit unterstützt.

Im März 2020 Jahres hatte der Sustainable-Finance-Beirat seinen Zwischenbericht veröffentlicht, der als eine erste Diskussionsgrundlage für die Sustainable-Finance-Strategie für Deutschland dient. Bis Anfang Mai konnte das Feedback zu den vorgeschlagenen 53 Handlungsempfehlungen eingereicht werden. Aktuell stehen die Auswertung dieser Konsultation und die Einarbeitung der Ergebnisse in den Abschlussbericht zur Strategie auf der Prioritätenliste des Beirats. Vertiefte Diskussionen finden unter anderem in den Arbeitsgruppen "Resilienz und Risiko" und "Transparenz und Offenlegung" statt.

Welche Lehren werden aus den aktuellen Erfahrungen mit Covid19 für die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Soziales gezogen. Es heißt immer, es wird sich für uns alle etwas ändern. Was genau?

Neben dem bereits angesprochenen Fokus auf Klimawandel ist zu erwarten, dass Firmen sich noch stärker auf ihre sogenannte gesellschaftliche "license to operate" konzentrieren werden. Das gilt insbesondere im Umgang mit ihren Mitarbeitern, das heißt Zugeständnisse an flexiblere Arbeitsmodelle wie Homeoffice und ein verstärkter Fokus auf Work-Life-Balance, um generell auch attraktiver für junge Arbeitnehmer und junge Familien zu bleiben.

Die Krise hat viele Unternehmen dazu gezwungen, ihre internen Abläufe, aber auch ihre komplette Wertschöpfungskette, unter den neuen Gegebenheiten auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls neu zu überdenken. Bestimmte kritische Teile oder systemrelevante Dienstleistungen ihrer Wertschöpfungskette könnten wieder vermehrt im Heimatland produziert oder angeboten werden.

Aber auch die Notwendigkeit vieler Geschäftsreisen werden hinterfragt, da viele Unternehmen gute Erfahrungen mit Videokonferenzen machen konnten. Die aktuelle Krise kann also auch zu einem generell langfristigeren Denken führen, das dem Nachhaltigkeitsgedanken zuträglich ist.

Was heißt das für Finanzdienstleister?

Finanzdienstleister werden vermehrt ESG-Informationen in ihren Investmentprozess berücksichtigen oder diesen Prozess transparenter gestalten müssen. Dies wird nicht nur einen Einfluss auf die Unternehmensanalyse, sondern auch auf ihre Asset-Allokation ausüben. Gründliche ESG-Analysen der berichteten Unternehmensdaten werden beweisen, wie ernst die Vorstände von Unternehmen ESG-Informationen in ihre Unternehmensstrategie integriert haben oder ob Teile der Bezahlung vom Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele abhängen. Nach der bereits angesprochenen EU-Taxonomie und Offenlegungsverordnung steht die ESG-Integration ohnehin ganz oben auf der Agenda. Erst Ende Mai wurden über die ESG "Smart Integration"-Aktivitäten bei der DWS ausführlich berichtet.

Auch den Vermögensverwaltern kommt beim Klimawandel eine enorme Bedeutung zu als Investoren. Können diese die Aufgabe überhaupt erfüllen oder braucht es mehr politische Führung?

Es gibt bei der DWS eine lange Erfolgsgeschichte in der Bewertung der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen. Mithilfe der Task Force on Climate-related Financial Disclosures, kurz TCFD-Empfehlungen, konnten klimabezogene Risiken und Chancen von Unternehmen identifiziert werden. Aus diesem Grund wird TCFD eine entscheidende Rolle spielen, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Die DWS ist seit Dezember 2017 ein offizieller Unterstützer der TCFD-Empfehlungen und seit 2008 Unterzeichner der PRI, also der Principles for Responsible Investment. Aus diesem Grund ist das Verständnis über und das Messen von klimabezogenen Auswirkungen eine der wichtigsten Prioritäten für die DWS geworden.

2019 wurden deutliche Fortschritte gemacht, indem ein Rating entwickelt wurde, dass die Chancen und Risiken aus dem Klimawandel (Climate Transition Risk Rating - CTRR) bewertet und dabei auch zukunftsgerichtete Informationen einfließen lässt. Der CTRR ist eine wesentliche Kennzahl, die seit dem dritten Quartal 2019 in den Research- und Investmentprozess der DWS integriert wurde.

Grundsätzlich sind Investoren aber von dem Datenumfang und der Datenqualität der Unternehmen abhängig. Neben den TCFD-Empfehlungen ist auch die Berichterstattung nach der geplanten Taxonomie (EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Wachstum) sowie die geplante Überarbeitung der sogenannten Non-Financial Reporting Directive wegweisend. Je mehr relevante und materielle Klimainformationen von Unternehmen veröffentlicht werden, desto besser können diese analysiert, bewertet und für die Fonds berichtet werden. Viele Initiativen sind bereits auf dem Weg gebracht worden, die zu einer verbesserten Datenqualität führen sollten, aber es wird am Ende von den Unternehmen abhängen, wie gut die Datenqualität wirklich sein wird. Um diese Datenqualität weiterhin zu verbessern, wäre es wünschenswert, dass beispielsweise bestimmte regulatorische Reportinganforderungen auf einen größeren Anwenderkreis erweitert und Angaben der Nachhaltigkeitsberichtspflicht weiter präzisiert werden.

Kunden und Investoren werden verstärkt darauf achten, dass Finanzdienstleister als Unternehmen selbst auch klimafreundlich operieren. Wie schätzen Sie hier den Stand ein, wie weit sind die betreffenden Unternehmen da heute schon?

Im Finanzdienstleistungssektor liegt die materiellste Aktivität eines Asset Managers darin, welche Wirkung er über seine getätigten Investitionen in seinen Fonds erzielt. Natürlich ist es auch wichtig, wie klimaneutral die Vermögensverwalter selbst über das eigene Gebäude-, Fuhrparkmanagement oder Dienstreisen agieren. In unseren Augen sind viele Unternehmen bei diesen CO2-neutralen Selbstverpflichtungen schon recht weit.

Oftmals machen aber diese sogenannten Scope-1- und Scope-2-Emissionen nur einen kleinen Teil der Gesamtemissionen aus. Entscheidend ist, welche Emissionen beispielweise über den Kauf von Aktien (Scope 3) finanziert werden. Hier bestehen noch große Herausforderungen in der Datenverfügbarkeit und Messung.

Die EZB hat jüngst angekündigt, dass sich die Banken des Euroraums von 2021 an wieder stärker mit Klima- und Umweltrisiken auseinandersetzen sollen. Es wird erwartet, dass Banken ihre Klima- und Umweltrisiken in die Geschäftsstrategie, ihre internen Kontrollen, in ihr Risikomanagement und die Kommunikation gegenüber den Märkten integrieren. Spüren Vermögensverwalter einen ähnlichen Druck von der Aufsicht?

Diese Entwicklung konnte bereits 2017 im Zusammenhang mit dem überarbeiteten CSR-Richtlinienumsetzungsgesetz, welches kapitalmarktintensive Unternehmen in Deutschland dazu verpflichtete, eine nichtfinanzielle Erklärung als Teil des Lageberichtes zu veröffentlichen, wahrgenommen werden. Weitere Beispiele waren die geplante Regulierung des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Wachstum, der 2018 in Kraft trat, und die PRI-Berichterstattung (TCFD-Komponente) im Jahr 2019. Des Weiteren publizierte die BaFin im Herbst vergangenen Jahres ihr "Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken", das große Aufmerksamkeit am Finanzplatz erregte, da die dort ausgesprochenen Empfehlungen teilweise über die Ziele des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Wachstum hinausgingen. Bereits in diesem Merkblatt und in dem EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Wachstum werden die von Ihnen aufgezählten Themen intensiv behandelt. Derzeit diskutiert die Branche stark über die Datenherausforderungen der Offenlegungsverordnung; insbesondere wenn es um wesentliche nachteilige Nachhaltigkeitsauswirkungen geht. Es ist zu erwarten, dass sich dies weiter formalisieren wird.

Geht es vor allem darum, Verantwortungsbewusstsein zu zeigen oder sehen Sie auch die Chance auf nachhaltige Geschäftsmodelle mit entsprechenden Erträgen und Gewinnen?

Die Frage, ob ein Fokus auf Nachhaltigkeit sich auch in operativer Performance auszahlt, ist längst beantwortet worden. Es gibt hinreichende akademische Studien, die sowohl Umwelt-, Soziale oder Kriterien der Unternehmensführung als Treiber von Erträgen und Gewinnen identifizieren. Angefangen hat alles bei der Unternehmensführung, die nach wie vor als Grundbaustein gesehen werden kann, von der sich das Umweltbewusstsein und Soziales ableitet. CO2-Emissionen haben den Vorteil, dass sie leicht zu messen sind. Es muss allerdings dem Transitionsrisiko (Climate Transition Risk), also dem Risiko, das beim Übergang in eine kohlenstoffarme Umwelt entstehen kann, und physischen Risiken, wie zum Beispiel Dürren oder Überflutungen, ein höherer Stellenwert beigemessen werden als dem reinen CO2-Fußabdruck.

Aber auch das "S" in ESG sollte nicht vernachlässigt werden, wie wir in der aktuellen Corona-Pandemie-Diskussion sehen. Eine erst kürzlich veröffentlichte Studie hat den Faktor "S" (Soziales) als den wesentlichsten Treiber identifiziert, um Risiken zu reduzieren und Kontroversen zu vermeiden.

Haben Sie den Eindruck, dass ESG-Themen mittlerweile bei den meisten Unternehmen auf Vorstandsebene angekommen sind, ist das überall Chefsache?

Ich glaube schon. Wie Sie wissen, befragt das World Economic Forum in Davos seit Jahren die weltweit wichtigsten Entscheidungsträger, also etwa 750 Manager und Experten, über ihre größten Sorgen. Das Ergebnis in diesem Jahr war sehr eindeutig. Umweltthemen haben die ersten fünf Plätze der wahrscheinlichsten globalen Risiken eingenommen. Themen wie extremes Wetter, Naturkatastrophen sowie der Rückgang der Artenvielfalt bis hin zum Versagen im Umgang mit dem Klimawandel wurden hier aufgeführt. Das Thema ist also wirklich in den Vorstandsebenen angekommen, in vielen Fällen wäre aber eine noch aussagekräftigere Berichterstattung wünschenswert.

Im Zuge der Sustainable-Finance-Taxonomie wurde Begrifflichkeiten und Offenlegungspflichten besser geregelt. Sprechen wir nun alle vom Gleichen und reichen Ihnen als Investor die vorliegenden Informationen aus?

Leider nicht. Um die bevorstehenden regulatorischen Anforderungen erfüllen zu können benötigen wir in Zukunft von den Unternehmen deutlich mehr Daten, um nach der geplanten EU-Taxonomie zu berichten. Das wird für die Realwirtschaft als auch für uns Vermögensverwalter eine Herausforderung.

Können Sie Beispiele nennen, welche Negativkriterien eine Investition ausschließen?

Oftmals gelten hier populäre Ausschlusslisten über kontroverse Sektoren oder Geschäftspraktiken. Hier wären beispielsweise Erträge aus Kohleförderung, Verstromung aus Kohle, Tabak oder Rüstung zu nennen. Diese wurden auch als Mindestausschlüsse für nachhaltige Produkte nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung vom BVI und dem Bankenverband vorgeschlagen. Aber auch sektor-agnostische Kriterien spielen eine Rolle wie kontroverse Geschäftspraktiken, wenn beispielsweise Unternehmen oder Staaten signifikant gegen den UN Global Compact verstoßen beziehungsweise unzureichend beim sogenannten Freedom House Index abschneiden.

Deutschland soll zu einem der führenden Standorte für Sustainable Finance werden, aber andere Länder liegen gefühlt weit vor uns. Wie stehen die Chancen?

Die Bundesregierung verfolgt das ambitionierte Ziel, dass Deutschland zu einem führenden Standort für Sustainable Finance werden soll. Die im Zwischenbericht aufgezählten 53 Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung zeigen das weite Spektrum des Aktionsrahmens. Der Zwischenbericht weist auch darauf hin, dass nur die Bundesregierung und die öffentliche Hand gemeinsam mit den Unternehmen der Realwirtschaft und den Akteuren am Finanzmarkt wie Banken oder Vermögensverwaltern dieses Ziel erreichen können. Für Anfang 2021 ist nun der Abschlussbericht des Beirats geplant, der die notwendigen Empfehlungen für die Bundesregierung und für die öffentliche Hand aussprechen soll, damit Deutschland einer der führenden Standorte für Sustainable Finance werden kann. Entscheidend wird aber auch sein, wie stark die Bundesregierung beispielsweise den rechtlichen Rahmen schaffen wird und auch ihre Vorbildfunktion in vielen Bereichen ausüben wird. Es hängt aber auch davon ab, wie schnell die Akteure der Realwirtschaft und die des Finanzmarktes die Empfehlungen umsetzen wollen und können.

An welchen Stellschrauben müsste die Bundesregierung also noch drehen?

Ungern möchte ich die Empfehlungen des Abschlussberichts in irgendeiner Weise vorwegnehmen, daher bitte ich Sie und Ihre Leser, sich bis zur Veröffentlichung des Abschlussberichts zu gedulden.

Petra Pflaum Mitglied der Geschäftsführung, CIO Responsible Investments, DWS Investment GmbH, Frankfurt am Main
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