Redaktionsgespräch mit Stefanie Münz

"Der wichtigste Faktor bei Transformationsthemen bleiben die Mitarbeiter"

Stefanie Münz, Foto: Landesbank Baden-Württemberg

Wie viele andere Institute wurde auch die LBBW im vergangenen Jahr vor große Herausforderungen gestellt. Stefanie Münz erklärt im Gespräch mit der Redaktion, dass ihr Haus die Zeichen der Zeit bereits vor der Verkündung bundesweiter Lockdowns erkannt und die Strategie auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Agilität ausgerichtet hatte, wodurch der Übergang in den neuen Status quo für die LBBW vergleichsweise sanft verlief. Im Allgemeinen geht Münz davon aus, Digitalisierung wird in Zukunft das bestimmende Thema sein, das alle zukünftigen Herausforderungen begleiten wird. Sei es die Ansprache der Kunden, das Sammeln und die Verwaltung von Nachhaltigkeitsdaten oder die Konkurrenz mit Fintechs, die althergebrachte Banken und Sparkassen mit neuen Geschäftsmodellen herausfordern. Ist ein Institut digital nicht entsprechend aufgestellt, werde es im Wettbewerb zurückfallen. Und dieser - auch wenn Aufseher einen Blick auf die Fairness haben - bleibt angesichts neuer Entwicklungen und Herausforderungen wie digitalem Zentralbankgeld nicht stehen. (Red.)

Frau Münz, "Bereit für Neues" ist das Motto für den Vorstand der LBBW. Wie viel Neues haben Sie denn im vergangenen Jahr erleben und kennenlernen dürfen?

Das vergangene Jahr war wegen der Pandemie insgesamt in jeder Hinsicht sehr veränderungsreich. Erfreulicherweise sind in der LBBW aber alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von den Auszubildenden bis zum Vorstand, bereit für Neues, sodass wir mit den enormen Veränderungen gut zurechtkommen. Wie die meisten Unternehmen haben wir praktisch über Nacht unsere Arbeitsweise komplett neu organisieren müssen. Große Teile der Belegschaft wechselten ins Homeoffice, was ganz neue Herausforderungen für die Zusammenarbeit der Teams mit sich brachte. Neben dem Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht für uns seit Beginn der Pandemie im Mittelpunkt, unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen und unserer Verantwortung als Teil der systemrelevanten Infrastruktur gerecht zu werden. Denn auch unsere Kunden befanden sich ja in einer extremen Ausnahmesituation, die sie vor völlig neue Fragen stellte. Gerade in den ersten Monaten der Krise war der Beratungsbedarf enorm. Meiner Meinung hat die deutsche Wirtschaft insgesamt die Pandemie aber sehr verantwortungsbewusst gemanagt und bisher im Rahmen des Möglichen erfolgreich gemeistert.

Darüber hinaus haben wir den mit der Pandemie einhergehenden "Push" in Sachen Digitalisierung und Nachhaltigkeit in entsprechenden Projekten sehr gut aufnehmen können. Beide Themen gehören seit 2017 zu den strategischen Stoßrichtungen der LBBW. So haben wir beispielsweise erstmals eine vollständig digitale, rechtssichere Schuldscheindarlehenstransaktion durchgeführt oder die digitale Signatur erfolgreich eingeführt. Zusätzlich haben wir unter anderem im Bereich Corporate Finance ein Sustainability Advisory aufgebaut und die Klimaschutz-Selbstverpflichtung der deutschen Finanzbranche gemeinsam mit weiteren Banken erarbeitet und unterzeichnet.

Wird sich das Reagieren auf immer wieder neue Situationen auch im weiteren Verlauf dieses Jahres noch fortsetzen?

Mit Sicherheit! Die Covid-19-Pandemie ist trotz der erfreulichen Impffortschritte noch nicht vorbei und die nachgelagerten Effekte werden uns noch lange beschäftigen. Außerdem leben wir ja nicht erst seit Ausbruch des Corona-Virus in einer Welt mit extremer Komplexität und Unsicherheiten. Dabei hat die Corona-Krise aus meiner Sicht keine wirklich neuen Themen hervorgebracht, sondern im Wesentlichen den Finger in die Wunde der seit Jahren bekannten Megatrends gelegt, etwa die Profitabilität im deutschen Bankenmarkt, Globalisierung oder geopolitische Volatilität.

Insgesamt verlangt unsere Arbeitswelt - völlig unabhängig von der Pandemie - von allen Unternehmen permanente und schnelle Anpassungen an ein sich rasant veränderndes Umfeld. Denken Sie nur an die geopolitischen Unsicherheiten und die Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen. Oder den tiefgehenden Strukturwandel in zahlreichen Industrien aufgrund der Digitalisierung, der unsere Kunden stark beschäftigt. Hier sind wir als Bank gefordert, unsere Kunden partnerschaftlich zu begleiten. Und auch wir selbst müssen uns permanent weiterentwickeln, um mit den Entwicklungen Schritt zu halten.

Unabhängig von der Corona-Pandemie: Welche Neuerungen sind von der LBBW in näherer Zukunft zu erwarten?

Wir haben vor vier Jahren unsere Strategie mit den vier Stoßrichtungen Geschäftsfokus, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Agilität definiert, die wir seit dem konsequent umsetzen. Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Deswegen gibt es keinen Grund, an der grundsätzlichen Marschroute etwas zu ändern - im Gegenteil. Gerade auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit passiert sehr viel. Wir legen im eigenen Geschäftsbetrieb großen Wert auf Nachhaltigkeit und bieten unseren Kunden immer mehr nachhaltige Anlagemöglichkeiten und Finanzierungen an. Die Nachfrage nach diesen Produkten ist enorm, ebenso der Beratungsbedarf.

Deswegen haben wir sowohl für unsere Unternehmenskunden als auch für Sparkassen und institutionelle Kunden ein Sustainability Advisory aufgebaut. Auch in kommenden Jahren werden wir das Thema Nachhaltigkeit massiv vorantreiben und unsere nachhaltige Positionierung weiter ausbauen. Sei es im Bereich Green Bonds, in dem wir in Europa zu den Marktführern gehören, oder in einer konsequenten Transformationsstrategie für unser Kreditportfolio, um die in Paris 2015 vereinbarten Klimaziele aktiv zu unterstützen. Zusätzlich wird ein Schwerpunkt die Integration von Nachhaltigkeit ins Risikomanagement sein. Außerdem wollen wir Wachstumspotenziale etwa im Corporate Finance und in unserem neuen Geschäftsfeld Asset und Wealth Management ausschöpfen.

Die Landesbank investiert seit 2017 viel Geld in die Modernisierung der Informationstechnologie und in neue digitale Produkte. Wie froh sind Sie, dass damit schon deutlich vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ein Transformationsprozess angestoßen wurde? Und wie ist der Status quo heute Mitte 2021, wie weit sind Sie schon gekommen?

Rückblickend war es sehr wichtig, dass wir Digitalisierung schon seit Jahren als eine unserer vier strategischen Stoßrichtungen forcieren. Wir haben bereits Anfang 2017, nach einer turbulenten Zeit der Restrukturierung, unsere Vision als "beste mittelständische Universalbank" mit den genannten strategischen Stoßrichtungen definiert.

Die ersten Jahre waren sicherlich geprägt von einem Aufholprozess, sei es die Migration auf die Finanz Informatik, dem zentralen IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe, insbesondere im Retail-Segment, die Verabschiedung der neuen IT-Strategie 2018 oder die Einführung diverser digitaler Enabler. Gleichzeitig haben wir mit zahlreichen Projekten im Blockchain-Bereich Pionierarbeit geleistet oder bereits 2019 mit Debtvision eine digitale Schuldscheinplattform zur Marktreife geführt. Diese zwei Stränge haben wir 2019 in eine einheitliche Digitalstrategie überführt.

Seitdem richten wir unsere Digitalisierungsprojekte konsequent an den zwei wesentlichen Zielen der Digitalisierungsstrategie aus: zum einen der Stärkung der Kundenbeziehung und zum anderen der Verwirklichung nachhaltiger Effizienzsteigerungen. An der Kundenschnittstelle haben wir einen digitalen Schuldschein über Debtvision ohne papierhaften Parallelprozess vertrieben, Handelsgeschäfte über das Trade-Finance-Netzwerk Marco Polo auf Basis der Blockchain-Technologie durchgeführt oder ein Onlineportal für unsere Unternehmenskunden sowie eine digitale Lösung zur Abwicklung von Avalen eingeführt. Auf der Effizienzseite haben wir einen Enabler-Baukasten etabliert, mit dem wir mithilfe von Robotics, Smart Data und Workflow-Optimierungstools unsere Prozesse konsequent durch Digitalisierung verbessern. Zusätzlich wurden bereits vor der Pandemie die Weichen für mobiles Arbeiten gestellt.

Somit waren wir in der akuten Krisenphase nicht zu einer Reaktion gezwungen, sondern konnten den seit 2017 eingeschlagenen Weg kontinuierlich fortsetzen und den "Corona-Push" für uns und unsere Kunden aktiv nutzen. Aber wir sind noch nicht am Ziel angekommen. Dabei spielt die Weiterentwicklung unserer Informationstechnologie, die Nutzung von Opportunitäten durch Digitalisierung für uns und unsere Kunden sowie die Begleitung unserer Kunden in ihren Transformationsprozessen auch rund um die Industrie 4.0 eine wesentliche Rolle. Wir sind hier insgesamt auf einem guten Weg, auf dem wir regelmäßig innehalten und den Fortschritt reflektieren und gegebenenfalls neue Schwerpunkte setzen. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Weg auch erfolgreich fortsetzen werden.

Kann man den "Ergebnisbeitrag" dieser Transformation abstrakt messen, soll heißen, wie viel schlechter wäre das Ergebnis der LBBW ohne die eingeleiteten Schritte. Können Sie mir da ein Gefühl geben?

Es geht um weit mehr als kurzfristige Ergebnisverbesserungen. Die Wahrheit ist: Ohne Digitalisierung ist eine Bank heutzutage auf Dauer schlicht nicht überlebensfähig. Der digitale Wandel betrifft alle Facetten des Bankgeschäfts, die Mitarbeiter und natürlich auch die Kunden und ihre Ansprüche an uns Banken. Dabei geht es zum Beispiel um das aktive und frühzeitige Einbinden von Kunden in die Entwicklung neuer Produkte oder das Neudenken von Prozessen. Nur so können sie im Rahmen der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und Ökosystemen von Industrie 4.0 die bestmöglichen Lösungen für die Kunden erarbeiten.

Aber auch unsere internen Projekte und Prozesse laufen durch die Nutzung von digitalen Enablern und Tools effizienter und mit deutlich weniger Medienbrüchen ab. Zusätzlich verändern digitale Kommunikations- und Kollaborationstools unser Miteinander und ebnen den Weg in ein digitales und flexibles New Work, welches sich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirkt. Zusammenfassend würde ich sagen, dass diese Transformation daher auf alle Werttreiber der LBBW wirkt, sowohl auf die Kosten- als auch auf die Ertragsseite, aber eben auch auf eher weiche und dabei genauso wichtige Faktoren wie Arbeitgeberattraktivität.

"Unsere Strategie mit den vier Stoßrichtungen Nachhaltigkeit, Agilität, Geschäftsfokus und Digitalisierung hat sich bewährt. Unser weiterer Fokus liegt auf Kapital- und Prozesseffizienz." So lassen Sie sich auf der Webseite der LBBW zitieren, Frau Münz. Wie groß ist der Beitrag der Digitalisierung zu den übrigen Themen wie Nachhaltigkeit, Agilität, Kapital- und Prozesseffizienz? Gibt es einen wichtigeren Faktor bei der Transformation?

Die Wechselwirkungen zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit oder zwischen Digitalisierung und Prozesseffizienz sind nicht von der Hand zu weisen und bereits an der einen oder anderen Stelle zur Sprache gekommen. Agilität und Digitalisierung haben meines Erachtens eine recht enge Verbindung, da sich agile Projektmethoden für viele Digitalisierungsprojekte besonders gut eignen, um schnell an den Markt zu kommen und wirklich die Kundenbedürfnisse mit neuen digitalen Lösungen zu befriedigen.

Darüber hinaus sind Daten das verbindende Element bei all diesen Themen. So wird diejenige Bank im Bereich Nachhaltigkeit am erfolgreichsten sein, die das ESG-Datenproblem in all seinen Facetten, also sowohl regulatorisch als auch in der Kundenbeziehung, durch digitale Lösungen am besten lösen kann. Auch bei Fragen rund um Kapital- und Prozesseffizienz wird die Entscheidungsqualität umso höher ausfallen, je effektiver bestehende Daten im Sinne von "data driven banking" zur Anwendung kommen. Darüber hinaus stellt die Digitalisierung die Basis für neue Prozesse, Workflows und die Reduktion von Systembrüchen dar.

Insofern ist Digitalisierung ein wichtiger Faktor bei der Transformation, aber nicht der wichtigste. Das bleibt bei allen Transformationsthemen der Mensch beziehungsweise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn ich bin davon überzeugt, dass die persönliche Kompetenz unserer Mitarbeiter, Digitalisierung hin oder her, das zentrale Differenzierungsmerkmal am Markt bleiben wird.

Konzentrieren Sie sich bei der Digitalisierung auf Kostensenkungs- oder eher Ertragssteigerungspotenziale?

Wir gehen das Thema ganzheitlich an. Nachhaltige Prozesseffizienz ist dabei ebenso ein zentrales Element wie die Kundenschnittstelle oder die Entwicklung neuer Produkte. Es geht also nicht um ein "Entweder-oder", sondern um eine vollständige Front-to-Back-Betrachtung der Prozesse vom Kunden beginnend.

Durch Lockdowns und ähnliche Erfahrungen rücken Themen wie Digitalisierung und Transformation der Wertschöpfungskette bei fast allen Unternehmen in den Fokus. Stellen Sie diesen Digitalisierungsschub auch beim Großteil Ihrer Unternehmenskunden fest und was heißt das für die LBBW, mit welchen Wünschen und Anforderungen wird Ihr Haus konfrontiert?

Die Bereitschaft der Unternehmen, in digitale Lösungen zu investieren, ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Das erwarten die Kunden aber natürlich auch von uns Banken. Das heißt, dass wir als Finanzpartner unserer Unternehmenskunden in enger Abstimmung an gemeinsamen Lösungen arbeiten - daher sehen wir den neuerlichen Digitalisierungsschub durch Corona als Chance und nicht als negativen Lockdown-Effekt. Generell ist es unseren Kunden wichtig, mobil und schnell im Rahmen von Self-Service-Lösungen ihre Bankgeschäfte digital zu tätigen. Das beginnt beim klassischen Onlinebanking oder der Einführung digitaler Signaturen. Bei unseren Unternehmenskunden spielt zusätzlich die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen im Rahmen von Industrie 4.0, DLT et cetera eine große Rolle.

Wie nehmen Sie die Mitarbeiter auf dem Weg hin zu einer digitalen, agilen, fokussierten Bank mit? Wie groß ist die Bereitschaft, bekannte Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen?

Ich nehme hier eine sehr große Bereitschaft wahr. Natürlich gibt es manchmal Berührungsängste und Widerstände. Aber tatsächlich sind es meist die Mitarbeiter selbst, die neue Wege gehen wollen und mit innovativen Ideen und Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Bank beitragen. Das war schon vor Corona so und hat sich während der Pandemie eindrucksvoll bestätigt. Mit welcher Selbstverständlichkeit sich die Kollegen an mobiles Arbeiten, neue Kollaborationstools und komplett neue Arbeitsweisen gewöhnt haben, war wirklich beeindruckend. Darauf setzen wir jetzt auf und erarbeiten neue Konzepte rund um New Work. Dabei unterstützen wir den Wandel mit Schulungen und Weiterentwicklungsangeboten zu Themen wie Agilität und Digitalisierung, Austauschformaten, Kollaborationstools und anderen Elementen, um alle Mitarbeiter zu erreichen. Und bei den Führungskräften ist das Thema "Agilität" längst in den Zielvereinbarungen verankert.

Die Digitalisierung gilt als sehr große Herausforderung für die Bankenbranche. Teilen Sie die allgemeine Ansicht, dass die Branche diesen Trend bislang verschlafen beziehungsweise etwas stiefmütterlich behandelt hat?

Die Banken waren mit Anwendungen wie Onlinebanking oder im Zahlungsverkehr einmal Vorreiter im digitalen Umfeld. Dieser Vorsprung wurde ein Stück weit verspielt. Beispielsweise haben sich unsere Unternehmenskunden in den vergangenen Jahren in teilweise atemberaubenden Tempo weiterentwickelt und sich im Rahmen von Industrie 4.0 komplett neu erfunden, während die Banken noch lange mit der Bewältigung der Finanzmarktkrise beschäftigt waren. Zugleich fordern Fintechs mit innovativen Geschäftsmodellen unsere Branche heraus. Aber gerade der Erfolg mancher dieser Newcomer hat die Banken wachgerüttelt. Mittlerweile packt die Branche das Thema Digitalisierung sehr energisch und konzentriert an. Umgekehrt zeigt sich, dass die Bäume bei vielen Fintechs auch nicht in den Himmel wachsen.

Wird die Digitalisierung die Zusammenarbeit bis hin zur besseren Arbeitsteilung vereinfachen und beschleunigen?

Ja, auf jeden Fall. Die Digitalisierung sorgt vor allem dafür, dass Medienbrüche reduziert und Prozesse schlanker und automatisiert werden. Darüber hinaus kommen noch digitale und flexible Kollaborationstools zum Tragen, die sich zusätzlich zu den Prozessverbesserungen positiv auf die Zusammenarbeit und Arbeitsteilung auswirken.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit innerhalb der S-Finanzgruppe bei diesen Themen? Bekommen Sie genug Unterstützung von Dienstleistern oder brauchen Sie die gar nicht, weil die LBBW allein gut genug ist?

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Sparkassen innerhalb der S-Finanzgruppe ist ein Grundpfeiler unseres Geschäftsmodells. Das gilt auch für die Themen rund um Digitalisierung und IT. Unser Privatkundengeschäft läuft beispielsweise bei den klassischen Privatkundenprodukten und -services nahezu ausschließlich über die Systeme der Finanz Informatik. Gerade im IT-Umfeld profitieren alle Beteiligten von dem gebündelten Know-how, der zentralen Weiterentwicklung der Produkte - und natürlich auch kostenseitig.

Welche gemeinsamen Projekte im Verbund sollten unbedingt angegangen und vorangetrieben werden?

Da gibt es noch großes Potenzial. Ein schönes Beispiel für die Bündelung der Kräfte in der Gruppe ist unsere Übernahme des Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagements für Firmenkunden der Sparkassen der Bayern-LB und der HCOB - als Nachfolger der HSH Nordbank. Kürzlich haben wir außerdem eine Kooperationsvereinbarung mit dem Fintech Treasur-Up geschlossen zur Einführung einer digitalen Lösung zum Management von Währungsrisiken speziell kleinerer und mittlerer Unternehmen. Diese wollen wir unseren eigenen Kunden, aber eben auch vor allem den Kunden der Sparkassen zur Verfügung stellen. Wir als LBBW sind auf jeden Fall immer offen für gemeinsame Projekte, sofern sich für uns und die Gruppe Vorteile ergeben.

Haben Sie Sorgen, dass Banken, die sich mehr und mehr in Richtung Technologiedienstleister entwickeln, austauschbarer werden?

Ich denke nicht, dass sich Banken in reine Technologiedienstleister verwandeln sollten. Dass wir unsere Produkte und Services digital anbieten müssen, steht außer Frage, denn das ist der Kundenwunsch. Aber letztlich ist Digitalisierung nur Mittel zum Zweck. Entscheidend ist im Bankgeschäft immer noch der Mensch. Die beste Technologie nützt am Ende nichts, wenn sie keine guten Kundenberater oder Risikomanager haben, die ihre Kunden und das Geschäft von Grund auf verstehen. Gerade bei wirklich bedeutsamen, komplexen Fragen erwarten die Kunden eine persönliche Beratung. Das gegenseitige Vertrauen auf Basis von langjährigen, gewachsenen Kundenbeziehungen ist im Bankgeschäft kaum zu ersetzen.

Gibt es andere Risiken, die Sie mit dem Thema digitaler Wandel verbinden?

Die Digitalisierung verändert das gesamte Wirtschaftsleben. So entstehen durch den digitalen Wandel bei unseren Kunden zum Teil völlig neue Wertschöpfungsketten. Die Industrie 4.0 zeigt, dass vieles neu definiert wird: Bezahlverfahren, Ertragsquellen und neue Geschäftsmodelle oder Ökosysteme. Das beeinflusst natürlich auch die Rolle der Banken und die Wettbewerbslandschaft, mit der Banken heute und künftig konfrontiert werden. Hier sind Wettbewerber wie Fintechs zu nennen, welche Banken mit Produktinnovationen herausfordern, wie vor allem das Beispiel Payment-Lösungen zeigt. Dann gibt es die großen Tech-Player wie Apple oder Google, die insbesondere die Kundenschnittstelle angreifen. Darüber hinaus darf man den Regulator nicht vergessen, wobei ich hier aktuell einen ambivalenten Blick habe.

Zum einen stellt der Regulator sicher, dass die Wettbewerbsbedingungen für tradierte Banken und neue Player fair bleiben, was ich sehr begrüße. Zum anderen zeigen die aktuellen Diskussionen zum digitalen Euro, welches Disruptionspotenzial digitale Geldpolitik entfalten kann. Ich möchte mir hier kein vorschnelles Urteil erlauben, sehe aber allein durch den möglichen Impact von digitalem Zentralbankgeld ein vergleichsweise hohes Chancen- wie auch Risikopotenzial, das es auch von regulatorischer Seite intelligent zu orchestrieren gilt. Ich bin aber überzeugt, dass Banken mit belastbaren Kundenbeziehungen und umfassendem Produkt- und Leistungsangebot als Lösungsanbieter die besten Voraussetzungen haben, auch in der neuen Welt erfolgreich zu sein.

Also überwiegen klar die Chancen und positiven Aspekte der Entwicklung, des Fortschritts, oder?

Definitiv. Ich sehe im digitalen Wandel vor allem Chancen, unsere eigenen Prozesse deutlich zu optimieren, neue Ertragsquellen zu erschließen, unsere Kunden in ihrer Transformation zu begleiten und für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Dafür brauchen Sie natürlich das nötige Mindset, also die Offenheit für Veränderungen. Deswegen lautet unser Motto ja "Bereit für Neues"!

Stefanie Münz Mitglied des Vorstands, Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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