Konturen für einen EU-weiten Zahlungsverkehr

Swantje Benkelberg

Ein vereinheitlichter Zahlungsverkehr innerhalb der EU ist zentraler Baustein des EU-weiten Binnenmarktes. In der Eurozone ist dieses Ziel großenteils erreicht: Die Verfahren sind standardisiert, die Preise reguliert, der Markt für neue Wettbewerber geöffnet. Und mit den Instant Payments, die im November 2017 gestartet sind, werden Transaktionen noch schneller und günstiger. Kurz vor Ostern hat die EU-Kommission jetzt einen neuen Vorstoß gemacht, mit dem die Nichteuroländer in die Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs ein bezogen werden sollen. Der Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 924/2009 über grenzüberschreitende Zahlungen hat zwei Stoßrichtungen, die beide dem gleichen Ziel dienen: Die Kosten für grenzüberschreitende Zahlungen in Euro sollen in der gesamten EU sinken. Damit sollen die ersten beiden Maßnahmen des Aktionsplans "Finanzdienstleistungen für Verbraucher" vom März 2017 verwirklicht werden.

Zum einen will die EU-Kommission die Regelungen für Sepa-Zahlungen von den Euroländern auf alle weiteren EU-Mitgliedsstaaten ausdehnen. Die Kosten für grenzüberschreitende Zahlungen in Euro sollen damit denen für inländische Zahlungen in nationaler Währung gleichgesetzt werden. Auf diese Weise will Valdis Dombrovskis, Vizepräsident und für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zuständiges Kommissionsmitglied, für die Bürger und Unternehmen in EU-Ländern außerhalb des Euroraums dieselben Bedingungen für grenzüberschreitende Zahlungen in Euro schaffen, wie sie für die Menschen im Euroraum schon gelten.

Die Begründung: Die in den Nicht-Sepa-Ländern von Banken berechneten hohen Entgelte von bis zu 24 Euro für einen Transfer von zehn Euro sind ein Hemmnis für den Binnenmarkt, da sie vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen Barrieren beim grenzüberschreitenden Geschäft darstellen. Auch für Privatpersonen sieht die Kommission durch die bisherigen Regelungen den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Währungsgebiet innerhalb der EU erschwert. Außerdem hält sie angesichts der unterschiedlichen Entgelte für die gleiche Art des grenz über schreitenden Austauschs den Grundsatz der Gleichbehandlung für verletzt. Das alles ist natürlich richtig - es lässt aber außer Acht, dass sich die Nichteuroländer ganz bewusst gegen den Euro entschieden haben. Der Euro ist für sie trotz der EU-Mitgliedschaft eine Fremdwährung. Zwingend ist die Gleichbehandlung, wie sie die EU-Kommission nun will, deshalb mitnichten, zumal die Staaten sich auch bisher schon freiwillig dafür entscheiden konnten. Außer Schweden hat dies jedoch kein Land getan.

Das Bestreben, möglichst viel Einheitlichkeit zu schaffen und den Menschen in der gesamten EU die Vorteile aufzuzeigen, die die Mitgliedschaft bietet, ist in einer Zeit des Auseinanderdriftens und nationaler Bestrebungen in vielen Ländern nachvollziehbar. In den Nichteuroländern wird die Stimmung der Bevölkerung durch den Vorschlag der Kommission allerdings kaum europafreundlicher werden. Im Gegenteil, denn es bedarf künftig keiner mühsamen Anpassungen mehr, da man von den Vorteilen des Binnenmarktes im Zahlungsverkehr profitieren kann, ohne sich für den Euro zu entscheiden.

Erreicht würde durch die geplante Vereinheitlichung indessen vor allem eins: Die Ertragsbasis der Banken im Zahlungsverkehr erodiert weiter - zumindest für europäische Banken außerhalb des Euroraums. Denn für sie würde der Anteil des potenziell ertragsstärkeren Auslandszahlungsverkehrs beträchtlich reduziert, wenn alle Eurozahlungen mit Zahlungen in nationaler Währung gleichgesetzt werden. Die EU-Kommission beziffert den Vorteil für Verbraucher und Unternehmen, der im Gegenzug eine Ertragseinbuße für die Banken bedeutet, auf etwa eine Milliarde Euro. Davon profitieren sollen etwa 150 Millionen Verbraucher und sechs Millionen Unternehmen in Bulgarien, Dänemark, Ungarn, Kroatien, Rumänien, Polen und der Tschechischen Republik. Ein Beispiel: Durch die von der Kommission vorgeschlagene Änderung dürfte der Preis einer Transaktion in Höhe von 10 Euro von Bulgarien nach Finnland von derzeit 15 bis 24 Euro auf etwa 1 Euro zurückgehen. Wie es künftig bei Transaktionen nach oder aus Großbritannien aussehen wird, ist im heutigen Stadium der Brexit-Verhandlungen noch kaum absehbar.

Von dem zweiten Element des jüngsten Kommissionsvorschlags, das bei Transaktionen in europäischen Fremdwährungen für vollständige Transparenz sorgen soll, wären auch Banken und Payment-Dienstleister innerhalb des Euroraums und damit auch Deutschland stärker betroffen. Künftig sollen Verbraucher umfassend über die Kosten einer Währungsumrechnung informiert werden, bevor sie eine solche Transaktion zum Beispiel mit ihrer Bankkarte tätigen. Das soll ebenso für Transaktionen am Geldautomaten gelten wie bei Onlineeinkäufen oder auch am PoS-Terminal im stationären Handel.

Der Hintergrund für diesen Vorstoß sind laut EU-Kommission Verbraucherbeschwerden über die bisherigen Praktiken bei der sogenannten dynamischen Währungsumrechnung (DCC). Dabei wird den Kunden zwar angezeigt, wie viel sie ihr Kauf in ihrer Heimatwährung kostet. Ob diese angebotene Währungsumrechnung vorteilhaft ist oder ob es vielleicht günstiger ist, zunächst in lokaler Währung zu bezahlen und den Umrechnungsservice ihrer jeweiligen Bank zu nutzen, können Kunden dem ausgewiesenen Betrag aber nicht entnehmen. Und laut Erkenntnissen der Kommission werden Verbraucher bei diesem Verfahren häufig benachteiligt. Genau das soll künftig nicht mehr möglich sein. Wird den Verbrauchern mehr als eine Option der Währungsumrechnung angeboten (zum Beispiel die Dienste ihrer Bank und die der dynamischen Währungsumrechnung), dann sollen sie die Angebote vergleichen und sich für das günstigere entscheiden können.

Dass die praktische Umsetzung nicht ganz trivial ist, lässt sich schon an dem geplanten Umsetzungszeitraum von drei Jahren nach Verabschiedung ablesen. Im E-Commerce oder am GAA mag das Verfahren noch vergleichsweise reibungslos praktikabel sein. Am PoS-Terminal könnte es schon anders aussehen. Denn nach der Auswahl der gewünschten Anwendung am PoS über die Art des Bezahlverfahrens, wenn beispielsweise eine Karte das Girocard- und das Maestro- oder V-Pay-Logo trägt, käme bei Zahlungen in Nichteuroländern innerhalb der EU noch eine zusätzliche Ebene hinzu. Das bedeutet zumindest neuerliche Software-Updates der Terminals und bei den betroffenen Transaktionen eine zunehmende Komplexität, die sich nur schlecht mit der angestrebten Beschleunigung des Bezahlvorgangs verträgt. Die Details werden die technischen Regulierungsstandards, die derzeit von der EBA ausgearbeitet werden, zeigen müssen. Gleichzeitig wurde der Legislativvorschlag zur Annahme an das Europäische Parlament und den Rat weitergeleitet.

Für Carl-Ludwig Thiele Natürlich stehen die Sachfragen rund um das so herrlich öffentlich-emotionale Thema Bargeld im Vordergrund dieser besonderen Ausgabe der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. Aber sie muss auch Carl-Ludwig Thiele gewidmet sein. Denn ohne ihn gäbe es das "Bargeldsymposium" überhaupt nicht und damit auch nicht die hervorragenden Diskussionen für und wider das Bargeld in den vergangenen Jahren. Denn als der gebürtige und leidenschaftliche Osnabrücker 2010 auf Vorschlag der Bundesregierung in den Bundesbankvorstand einzog und dort neben den Bereichen Controlling, Rechnungswesen und Organisation auch die Verantwortung für den Zahlungsverkehr sowie das Bargeld von Hans Georg Fabritius übernahm, war das Zahlungsverkehrssymposium längst geübte Praxis. An eine ähnliche Veranstaltung zum zweiten Schwerpunkt des Vorstandsressorts "Zahlungsverkehr", nämlich dem Bargeld, dachte da noch niemand. Anders der liberale Finanzexperte Thiele, der 2012 erstmals und fortan im jährlichen Wechsel mit dem Symposium zum unbaren Zahlungsverkehr die mittlerweile sicherlich beste Bargeldveranstaltung in Deutschland etablierte. Hier zeigte sich einmal mehr der gute Instinkt Thieles, der vor seinem Wechsel Karriere in der Politik gemacht hatte. Zwanzig Jahre lang, von 1990 bis 2010, hatte das FDP-Mitglied im Bundestag gesessen. Er war acht Jahre lang Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Mitglied im Haushaltsausschuss, Vorsitzender des mächtigen Finanzausschusses und Mitglied des Verwaltungsrats der Finanzaufsicht BaFin. Wenn Thiele nun nach acht Jahren Ende April aus dem Vorstand der Deutschen Bundesbank ausscheidet, hinterlässt er große Spuren. Was nicht nur an seiner Körpergröße von 194 cm liegt. P.O.
Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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