Strategien für Europa

EAPS in Italien: Erfahrungen der Raiffeisen Landesbank Südtirol

Die Raiffeisen Landesbank Südtirol AG ist das Zentralinstitut der Raiffeisenkassen in der Provinz Bozen - Italien. Unter den vom Statut vorgegebenen Aufgaben als Geldausgleichsstelle für die Raiffeisenkassen zu fungieren, hat sie auch die Aufgabe, die Interessen und Pflichten der Raiffeisenkassen im Debit- und Kredit-Kartensektor zu vertreten, das heißt die Abwicklung in technischer/operativer Hinsicht sicherzustellen. Die Bank ist einerseits territorial verankert, hat also keine Geschäftsstellen außerhalb der Region; auf der anderen Seite gibt es aufgrund der Bedeutung des Tourismus relativ hohe Abwicklungsvolumen besonders mit Deutschland.

Die "Euro Alliance of Payment Schemes" (EAPS) ist ein "Zusammenschluss" von Zahlungssystemen. Die Mitglieder haben den EAPS-Konsortialvertrag unterschrieben und sich auf die konkrete Umsetzung der Verknüpfung ihrer Debitsysteme verständigt und damit die notwendigen Arbeiten zur Initiierung von Allianzen begonnen.

EAPS-Zahlungen sind für die Teilnehmer die einzige vernünftige Lösung, unabhängige pan-europäische Debit-Kartenzahlungen neben den Angeboten der internationalen Kartenorganisationen für Handel und Karteninhaber kostengünstig und effizient anzubieten. Die getroffene Vereinbarung ist offen für alle Systeme, unter Berücksichtigung des Sepa-Cards-Framework. Die Karten der beteiligten kartenausgebenden Institute (Issuer) werden inner halb der Allianz an allen PoS-Terminals und Geldautomaten der beteiligten Acquirer angenommen und verrechnet.

Der Karteninhaber eines der EAPS-teilnehmenden Institute bezahlt im Ausland mit seiner Karte wie bisher, nur werden diese Transaktionen nicht über das Mastercard-Netz geroutet, sondern über die in der Zwischenzeit realisierten Verbindungen zwischen den Teilnehmern. Bei einer solchen Transaktion entfällt Mastercard als Intermediär und die entsprechenden Kommissionen kommen hier nicht zur Anwendung.

Die genutzten technischen Spezifikationen sind jene, welche die "Berlin Group" für die Autorisierungs- und Clearing-Schnittstellen ausgearbeitet hat. Zurzeit wird die Abwicklung und Verrechnung zwischen Italien und Deutschland auf der Grundlage eines bilateralen Vertrages hergestellt.

Keine gemeinsame Marke Bei der Umsetzung des Projektes wurden wir mit verschiedenen Vorwürfen konfrontiert:

Keine gemeinsame Marke: Der Kunde kann derzeit noch nicht aufgrund eines eindeutigen Logos die Akzeptanzstellen erkennen. Die derzeitigen verwendeten Markenzeichen sind jene des deutschen und italienischen Kartensystems.

Keine oder zu niedrige Interchanges.

Zu komplex und daher zu teuer. Dabei ist die Komplexität wesentlich nur auf den Umstand der derzeitigen bilateralen Abkommen zurückzuführen.

Das erste EAPS-Gespräch der Raiffeisen Landesbank Südtirol fand Ende Januar 2006 zwischen den Vertretern des BVR (Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken), der SRC (SRC Security Research & Consulting GmbH), der italienischen Kopfstelle SIA -SSB und unserem Institut statt. Bei diesem Treffen wurden die ersten Details zum Projekt vorgestellt und diskutiert.

Innerhalb kürzester Zeit hat der Vorstand der Bank beschlossen, an diesem Projekt teilzunehmen und dies mit dem oben er wähnten Partner umzusetzen. Somit war es möglich, bereits im August 2006 die erste GAA-Transaktion in Produktion vor zunehmen, und im April 2007 wurde auch die erste Transaktion am PoS erfolgreich abgewickelt.

Derzeit sind alle Geldausgabeautomaten (GAA) der Raiffeisen Landesbank Südtirol und ein Drittel aller unserer PoS-Geräte für die Akzeptanz der deutschen Karten konfiguriert. Die Aktivierung der restlichen PoS-Geräte erfolgt schrittweise. In der Zwischenzeit ist in Deutschland die Testphase bezüglich der Akzeptanz unserer Karten an den GAA gestartet und für Anfang 2009 ist auch die Abwicklung am PoS-Gerät vorgesehen. Schließlich ist die Ausweitung der Akzeptanz auf andere europäische Länder geplant.

Die Gründe, welche unser Institut dazu bewogen haben, die Alternative EAPS zu wählen und somit die Einführung und Ver breitung zu unterstützen, sind

die geringeren Kosten im Processing;

das Entfallen der Lizenzgebühren an die internationalen Systeme;

die Erweiterung der Akzeptanzsstellen, da derzeit nicht alle PoS-Geräte die Akzeptanz von internationalen Karten unterstützen;

die Vernetzung auch von nicht inter national agierenden Banken innerhalb Europas zu fördern, welche derzeit von Großbanken schon gegeben ist; wie zum Beispiel Unicredito mit zehn Prozent italienischem Marktanteil, fünf Prozent deutschem Marktanteil und 18 Prozent österreichischem Marktanteil;

die technische Interoperabilität und Kompatibilität;

das Vertrauen in die Verfügbarkeit von Infrastrukturen und die Förderung der Produktentwicklung auf der Grundlage einer standardisierten Infrastruktur;

die Vermeidung von Verdoppelungen nationaler und internationaler Standards; die Entwicklung unter Berücksichtigung existierender technischer Voraussetzungen;

auf bereits etablierten Standards aufzubauen und frühzeitig/rechtzeitig am Markt sich den neuen Trends anzupassen.

Ausschlaggebend war natürlich auch die Aussage der EZB im dritten Fortschrittsbericht zu Sepa, wo man den europäischen Banken nahe gelegt hat, ein drittes Kartenzahlungssystem in Europa einzuführen.

Lob für die Berlin Group

Die Raiffeisen Landesbank Südtirol nimmt die bilaterale Abwicklung von Transaktionen, aber auch die gegenseitige Akzeptanz der Karten über die Grenzen eines einzelnen Zahlungssystems hinweg. Dies bedeutet eine entscheidende Verbesserung für Karteninhaber und Akzeptanzpartner der beteiligten Systeme und bietet den Banken in Europa neue Möglichkeiten zu einer effizienten Transaktionsabwicklung. Bankkunden werden in Zukunft mehr Akzeptanzmöglichkeiten für ihre Debitkarten in Europa vorfinden und der Handel wird kostengünstiger und leichter Karten aus ganz Europa akzeptieren können, ohne zusätzliche Akzeptanzverträge schließen zu müssen.

Mit unseren Partnern haben wir nun die bisherigen, nationalen Systeme vernetzt. Es wurde eine Infrastruktur, die den Anfor derungen eines modernen und leistungsfähigen Zahlungsverkehrsraumes genügt und ein hohes Effizienzniveau der bestehenden nationalen Verfahren und deren flächendeckende Akzeptanzinfrastruktur als Basis für die weitere Entwicklung er reicht. Dies wäre allerdings nicht möglich gewesen ohne die hervorragende Arbeit der sogenannten "Berlin Group Initiative", an der die führenden Betreiber von Kartenzahlungssystemen in Europa beteiligt sind.

Erfolgreiches Pilotprojekt

Das Pilotprojekt ist sehr gut gelaufen. Schon allein die Tatsache, dass drei verschiedene Nationalitäten am Projekt beteiligt waren, gab den Arbeiten einen europäischen Touch. Der vorgegebene Terminplan konnte eingehalten werden. Die telefonischen Besprechungen und Abstimmungen haben dazu geführt, dass Fragen und Probleme schnell und unbürokratisch abgeklärt werden konnten und mittels E-Mail waren alle Beteiligten immer über den Stand der Arbeiten informiert.

Das einzige Problem hat es bei der Ver schlüsselung des Clearing-Files gegeben, wo es aufgrund der unterschiedlichen eingesetzten technischen Plattformen zu Bearbeitungsproblemen kam.

Das Roll-out ist im Hintergrund problemlos erfolgt, ohne dass die Nutzer etwas davon bemerkt haben. Die Umstellung wurde mittels Rundschreiben, einer Tagung und Presseaussendungen publik gemacht. Die Rückmeldungen innerhalb der Gruppe sind positiv. Unser Institut wur de bereits von verschiedenen italienischen Banken kontaktiert, die Erfahrungen über das Projekt einholten. Es gab außerdem schon Kontakte zu ausländischen Netzbetreibern, welche sich über unser Projekt informiert haben. Wir können zum heutigen Zeitpunkt sagen, dass das Projekt ein Erfolg ist und die getroffene Entscheidung die richtige war.

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