Blickpunkte

Kontaktloses Zahlen - Wettbewerb der Systeme

Jetzt geht es also auch bei Visa los: Die Targobank will 2012 kontaktlose Visa-Karten ausgeben (siehe Beitrag Kirchner in diesem Heft), ebenso die Sparda-Bank Nürnberg. Die Landesbank Berlin setzt dagegen gemeinsam mit Swiss Post Solutions gleich auf das kontaktlose Zahlen per Handy. Am 23. Dezember 2011 wurde ein Pilotprojekt zum kontaktlosen Bezahlen mit i-Phone und Visa Paywave angekündigt. Die flächendeckende Einführung ist noch in diesem Jahr geplant. Im Handel wollen Montrada und Ingenico das Thema voranbringen. Damit ist klar: Auch beim kontaktlosen Zahlen, sei es nun kartenbasiert oder gleich übers mobile Endgerät, kommt der Wettbewerb in Gang. Wo bisher, wenn überhaupt, allein Paypass, das kontaktlose Zahlverfahren von Mastercard, angeboten wurde, wird zunehmend die Visa-Variante Paywave hinzukommen. Und - vorangetrieben namentlich von der Sparkassenorganisation - wird auch die kontaktlose Girocard ins Wettbewerbsgeschehen eingreifen.

Dass Visa hier deutlich später kommt als Mastercard, muss sich nicht als Nachteil erweisen - kann man doch ein Stück weit von der Vorarbeit profitieren, die der Wettbewerber bei der Marktbereitung geleistet hat. Umgekehrt sieht auch Mastercard die Aktivitäten auf der Visa-Seite nicht allzu ungern. Denn noch ist ein echter Massenmarkt nicht geschaffen, und je mehr Marktteilnehmer sich um dessen Aufbau bemühen, sei es nun durch Akquisition von Vertragspartnern im Handel, sei es durch die Emission von Karten, desto eher kann der Durchbruch gelingen.

Für die Händler ist die neue Technologie umso interessanter, je häufiger sie auch genutzt wird. Ob der Vertrag mit dem Dienstleister nur ein kontaktloses Zahlverfahren mit einschließt oder mehrere, macht keinen großen Unterschied; für die Nutzung der Terminals, die schließlich - gemietet oder gekauft - auch mit Kosten verbunden sind, dagegen schon. Und dafür, dass nicht für jedes Verfahren ein eigenes Gerät aufgestellt werden muss, ist Sorge getragen, so versichern es alle Beteiligten.

Auch für die Akzeptanz beim Kunden ist ein möglichst schneller Aufbau eines Massenmarkts von hoher Bedeutung. Denn nur so kann die Wahrnehmung des neuen Zahlverfahrens und die für den Durchbruch unerlässliche Akzeptanzinfrastruktur geschaffen werden, bevor das Interesse wieder erlahmt. Dass der Markt nun von verschiedenen Seiten aufgerollt wird, ist also nur positiv zu bewerten.

Mit dem Verfahren der beiden Kartenorganisationen und der kontaktlosen Girocard-Variante ist zudem ein Wettbewerb der Systeme in Gang gekommen: einerseits die kontogebundene Visa- oder Mastercard-Karte, andererseits die Prepaid-Variante der deutschen Kreditwirtschaft.

Die Notwendigkeit des vorherigen Aufladens bei der kontaktlosen Girocard ist dabei zweifellos ein Wettbewerbsnachteil. Hier muss sich zeigen, ob es wirklich gelingt, die Ladeinfrastruktur am Point of Sale mehr oder weniger flächendeckend zu integrieren. Denn auch wenn die Verbraucher - anders als in den Anfangszeiten der Geldkarte - Prepaid durch das Mobiltelefon längst verinnerlicht haben: Es macht doch einen Unterschied, ob man mangels Guthaben ein Telefonat nicht beenden kann oder sich in einer Kassenschlange unversehens als zahlungsunfähig erweist, weil die letzten zehn Cent Guthaben fehlen. Hier ist die Hemmschwelle gewiss größer.

Wenn es aber gelingt, die Ladeinfrastruktur am PoS zu etablieren, dann kann das Prepaid-Modell zumindest bei sicherheitsbewussten Kunden sogar im Vorteil sein. Schließlich bräuchte ein unberechtigter Nutzer die PIN, um eine gefundene oder gestohlene Karte wieder "aufzutanken".

Die Lademöglichkeiten dürften also zur Nagelprobe für die kontaktlose Girocard/Geldkarte werden. Das hat die deutsche Kreditwirtschaft schmerzhaft gelernt. Noch eine andere Lehre wurde bereits gezogen: Während die Geldkarte seinerzeit nicht zuletzt an der völlig unzureichenden Kommunikation siechte, wird nun getrommelt, was das Zeug hält. Nicht immer sind die Meldungen, die über die Medien gehen, wirklich so neu, wie es die Schlagzeilen glauben machen wollen. Das schadet in diesem Fall aber nicht. Die einmalige Er wähnung auf dem Begleitschreiben zur Zusendung der neuen Bankkarte, wie es seinerzeit viel zu häufig praktiziert wurde, reicht nun einmal nicht aus. Soll die kontaktlose Girocard im Wettbewerb mithalten, ist ein bisschen Marktschreierei durchaus geboten. Red.

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