Leitartikel

Jetzt wird verhandelt

sb - Jahrelang hat es sich der Handel in Sachen Entgelte für Kartenzahlungen vergleichsweise einfach gemacht. Auf nationaler wie europäischer Ebene haben seine Verbände so nachdrücklich und vernehmlich über zu hohe Händlerentgelte für Debitund Kreditkartenzahlungen geklagt, dass ihnen schließlich Erfolg beschieden war. Auf europäischer Ebene hat die Kommission in die Preisgestaltung eingegriffen und eine Senkung durchgesetzt. Das Bundeskartellamt hat hierzulande zwar noch nicht durchgegriffen. Seine Signale waren aber doch so deutlich, dass die Kreditwirtschaft von sich aus tätig geworden ist. Mit den neuen Girocard-Händlerbedingungen, die zum 1. Januar 2013 in Kraft treten werden, ist der Einheitspreis von 0,3 Prozent für Girocard-Transaktionen passé.

Eine pauschale Preissenkung, wie sie der Handel immer wieder gefordert hatte, gibt es aber nicht. Vielmehr werden die Konditionen Verhandlungssache. Damit ist man wettbewerbsrechtlich aus dem Schneider, ohne dass bei den Preisen tabula rasa gemacht werden muss. Und für den Handel bedeutet es, dass ein bloßes Wettern gegen überhöhte Preise vorbei ist. Jetzt müssen Händler beziehungsweise ihre Konzentratoren, seien es nun Netzbetreiber oder auch Einkaufsgenossenschaften, verhandeln, wenn sie es billiger haben wollen. Ähnliches schwebt der EU-Kommission auch für die grenzüberschreitenden Interchanges vor.

Für die Emittentenseite heißt das zunächst einmal: Für einen Großteil des Kartenumsatzes werden niedrigere Entgelte zu erwarten sein (siehe Beitrag Martin auf Seite 12). Banken und Sparkassen müssen dem Handel aber auch nicht grenzenlos entgegenkommen. Zwar stehen für den PoS mittlerweile Alternativen in den Startlöchern. Aber gerade die Großen des Einzelhandels haben nicht unbeträchtlich in die Girocard-Infrastruktur investiert - und ihre Kunden sind längst an die Akzeptanz gewöhnt. Ganz ohne Weiteres können und werden sie deshalb auch dann nicht auf die Girocard-Akzeptanz verzichten, wenn das preisliche Entgegenkommen der Emittentenseite nicht ihren Erwartungen entspricht. Das alles ist Banken und Sparkassen selbstredend bekannt. Und so haben die beiden Verbünde schon in jüngerer Vergangenheit deutlich gemacht, dass es Zugeständnisse bei den Konditionen nur dann geben kann, wenn die Akzeptanten im Gegenzug mehr als die heutigen Umsätze in die Waagschale werfen. Will heißen: wenn der Girocard-Umsatz deutlich steigt, weil an der Kasse aktiv für die Kartenzahlung geworben wird. Denkbar wäre vielleicht auch, dass etwa ein Discounter günstigere Konditionen erhält, wenn er sich zugleich für die Kreditkartenakzeptanz öffnet. Dramatisch müssen die Ertragseinbußen für die Emittentenseite also gar nicht sein - und vielleicht lassen sie sich sogar überkompensieren.

Kleinere Kartenakzeptanten sind naturgemäß in einer deutlich schwächeren Verhandlungsposition. Sie müssen sich auf des Verhandlungsgeschick und/oder Marktgewicht ihrer jeweiligen Dienstleister verlassen - womit für die Netzbetreiber die heute schon wichtigen Mengeneffekte nochmals an Bedeutung gewinnen werden. Andererseits wird die Kreditwirtschaft den "Kleinen" gegenüber vielleicht mehr Kulanz zeigen, als es ihrer tatsächlichen Verhandlungsposition entspricht. Denn einen Exodus kleiner Unternehmen aus der Kartenakzeptanz aus Verdruss über eine allzu große Schere zwischen den eigenen Konditionen und denen der großen Wettbewerber wird niemand wollen. Schließlich lebt die Kartennutzung durch den Karteninhaber von einer möglichst dichten Akzeptanz, nicht nur bei den Branchenriesen. Eines ist klar: Händler werden auch weiterhin über zu hohe Kosten der Kartenzahlung jammern - das ist ihr Geschäft. Sie werden aber von nun an mehr für günstigere Konditionen tun müssen und können sich nicht mehr allein auf die Unterstützung der Regulatoren verlassen. Oder sie müssen es trotzdem mit dem Surcharging versuchen.

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