LEASING

Bundesregierung nimmt ihre Arbeit auf

Chancen für die Leasing-Branche

Dr. Claudia Conen, Foto: BDL

Mit der neuen Bundesregierung werden ab 2022 große Veränderungen in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen eintreten. Auch die Leasing-Branche blickt gespannt auf die Maßnahmen der neuen Regierung. Dabei steht unter anderem der Zusammenhang von Klimaschutz und Finanzstabilität im Vordergrund, aber auch die Frage nach der Finanzierung politischer Vorhaben. Der Koalitionsvertrag lässt viel Gestaltungsspielraum. Die Autorin widmet sich diesen Aspekten, gibt einen Überblick über die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen für die Leasing-Branche und beschreibt, welche Schritte die Politik konkret unternehmen sollte. (Red.)

Unter der Überschrift "Mehr Fortschritt wagen" hatten SPD, Grüne und FDP am 24. November 2021 ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Rekordverdächtig schnell hatten sich die Parteien damit nur zwei Monate nach der Bundestagswahl auf die Leitplanken einer Politik bis 2025 verständigt. Die Koalitionäre müssen nun mit Beginn des Jahres 2022 Taten folgen lassen und konkret an die Umsetzung der angekündigten "Zukunftsinvestitionen" gehen.

Wie kann in der Praxis die politisch angestrebte Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft gelingen? Die Leasing-Wirtschaft kann einiges zur politischen Zielerreichung beitragen. Der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) wird der neuen Bundesregierung hierzu entsprechende Vorschläge unterbreiten. Denn ohne die Investitionen der Leasing-Branche werden die anstehenden Transformationsprozesse und damit die notwendigen Zukunftsinvestitionen der Wirtschaft nicht finanziert werden können.

Der BDL hatte seinen Mitgliedern bereits Ende November eine erste Analyse und Kommentierung des Koalitionsvertrages aus dem Blickwinkel der Leasing-Wirtschaft zur Verfügung gestellt. Dieser Beitrag baut darauf auf und beschreibt konkrete Schritte, die die Politik in diesem Jahr gehen sollte.

Innovationspolitik und -finanzierung

Die Innovationsschwerpunkte liegen im Koalitionsvertrag erwartungsgemäß im Bereich Klimaschutz und Digitalisierung. Allgemein werden zur Zielerreichung faire Rahmenbedingungen und die Beförderung technologischer, digitaler, sozialer und nachhaltiger Innovationskraft als Instrumente angeboten. Was bedeutet das konkret?

Die staatliche Förderpolitik wird künftig wesentlich stärker am Ziel der Klimaneutralität ausgerichtet werden, über Klimaverträge, über die Förderung von Wasserstoff(-Infrastruktur) und vor allem über Maßnahmen, die die Transformation einzelner Wirtschaftsbranchen bedeuten. So wird sich beispielsweise die Automobilindustrie, die einen großen Anteil am Leasing-Geschäft ausmacht, auf weitere Änderungen ihrer Rahmenbedingungen einstellen müssen. Künftig nimmt der Staat die Unternehmen und Hersteller von Gütern und Produkten wesentlich konkreter in die Pflicht bei der Frage nach den Auswirkungen eines Gutes beziehungsweise Produkts für den Klimaschutz.

Nach der Vorstellung der Bundesregierung soll diese Transformation im Dialog mit der Wirtschaft - über Kooperations- und Dialogformate - erfolgen. Die Expertise der Automobilwirtschaft soll in einer Strategieplattform "Transformation Automobilwirtschaft" ergänzt werden um Vertreter der Mobilitätswirtschaft, von Umwelt- und Verkehrsverbänden, von Sozialpartnern, von Vertretern der Wissenschaft, des Bundestages, von Vertretern der Länder und der kommunalen Spitzenverbänden sowie um Vertreter der zuständigen Bundesressorts. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, dass der so zu findende Kompromiss eine Herkulesaufgabe ist. Und natürlich bringt sich der BDL als Transformationsfinanzierer dabei gern ein.

Diese neue Ausrichtung ist gut erkennbar am Beispiel der Elektromobilität: Die bisherige Innovationsprämie zur Unterstützung der Anschaffung elektrischer Pkw wird bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Danach wird die "Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-In-Hybride" reformiert, sodass ab dem 1. Januar 2023 nur Kfz gefördert werden, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, über den elektrischen Fahranteil und die elektrische Mindestreichweite.

Zur Finanzierung der geplanten Innovationen wird die staatliche Förderbank KfW als Innovations- und Investitionsagentur umgebaut. Es werden folglich Investitionsanreizinstrumente neu entwickelt oder/und bestehende Förderprogramme für Unternehmen abgeändert. Damit sollen Unternehmen trotz der weiterhin bestehenden Auswirkungen der Coronapandemie investieren. Entsprechend laufen bis zum April auch noch die staatlichen Coronahilfen. Dass staatliche Förderprogramme die Ziele und Schwerpunkte der jeweils aktuellen Bundesregierung widerspiegeln, ist nichts Neues. Daher war die Modifizierung bestehender beziehungsweise die Auflegung neuer Förderprogramme von der neuen Bundesregierung erwartet worden. Bereits seit einigen Monaten ist der BDL deshalb im Austausch mit der KfW als auch mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF). Konkret wird ausgelotet, wie Leasing in Förderprogramme sinnvoll zu Gunsten des Mittelstandes eingebettet werden kann.

Gleichzeitig braucht die Leasing-Branche geeignete Rahmenbedingungen, um den Mittelstand unterstützen zu können. So sollte Leasing auch in den geplanten Transformationsfonds des BMWi aufgenommen werden. Abzuwarten bleibt, ob und wie es gelingt, den identifizierten Förderbedarf und den Prozess der Förderbeantragung und -abwicklung einfach, digital und bürokratiearm auszugestalten.

Damit Innovations- und Investitionspolitik nicht abgebremst werden, muss die Verwaltung digital werden. Ähnlich wie bei der Ausgestaltung des Digital-Pakt Schule kann das aber nur gelingen, wenn IT-Investitionen einhergehen mit regelmäßiger Betreuung der Soft- und Hardware, mit Nutzer-Schulungen und dem regelmäßigen Austausch defekter und veralteter Geräte. Der indirekt im Koalitionsvertrag formulierte Ansatz der doppischen Buchführung - in Bezug auf den Überblick des öffentlichen Vermögens - kann dazu dienen, die tatsächlich anfallenden Kosten besser mit den Serviceleistungen aus Leasing-Verträgen vergleichbar zu machen. Immerhin lässt die neue Ausgestaltung des DigitalPakt Schule hoffen, dass Leasing mit allen seinen Services rund ums Leasing-Objekt und dessen Nutzung endlich Einzug ins öffentliche Leben hält. Insgesamt lassen sich im Bereich der Investitionsförderung zahlreiche staatliche Unterstützungen erkennen, die gleichzeitig Chancen für die Leasing-Branche bieten. Der BDL steht mit den genannten Akteuren im regen Austausch, um den Mehrwert des Leasings zu verdeutlichen und die Rahmenbedingungen entsprechend mitzugestalten.

Klimaschutz beeinflusst Finanzstabilität

Für die neue Bundesregierung stehen Klimaschutz und Finanzstabilität in einem unmittelbaren Zusammenhang. Auf europäischer Ebene wird dies bereits seit einigen Jahren als gemeinsames Thema bearbeitet (zum Beispiel Taxonomie, ESG-Kriterien). Es hat also auch nicht wirklich verwundert, dass im Koalitionsvertrag "angemessene Rahmenbedingungen für nachhaltige Finanzprodukte" in den Kontext von risikogerechten Eigenkapitalregeln gebracht wurden. Dass Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken künftig noch stärker zu den Finanzrisiken zählen, dafür ist die Leasing-Branche bereits sensibilisiert. Der BDL begleitet seine Mitglieder bei der Frage der "angestrebten europäischen Mindestanforderungen im Markt für ESG-Ratings". Ebenso erfolgt der Austausch mit den Refinanzierungspartnern bei der Umsetzung der "verbindlichen Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in Kreditratings".

Einige von der neuen Bundesregierung im Kontext von Klimaschutz und Finanzstabilität angestrebte Initiativen werden bereits seit geraumer Zeit auf EU-Ebene diskutiert (zum Beispiel die Corporate Sustainability Reporting Directive), sodass sich im Koalitionsvertrag keine per se "deutsche Handschrift" zeigt. Jedoch wird mit Initiativen wie einem europäischen, einheitlichen Transparenzstandard für Nachhaltigkeitsinformationen für Unternehmen oder mit in Rechnungslegungsstandards aufzunehmende ökologische und soziale Werte ein Link zwischen europäischen Zielen und nationaler Umsetzung geschlossen. Diese Verzahnung von europäischer Zielsetzung und nationaler Umsetzung ist sicher nicht zuletzt der Einflussnahme von EU-Abgeordneten geschuldet, die insbesondere seitens der SPD und der Grünen in den Arbeitsgruppen zur Erarbeitung des Koalitionsvertrages einbezogen worden sind.

Für den BDL als Interessenverband der Leasing-Branche ist jeder Dialog mit der Politik willkommen, der zur konstruktiven Lösungsfindung beiträgt. So bringt sich der BDL in die Weiterführung der nationalen Sustainable Finance Strategie ein, zu der das BMF mit einem Sustainable Finance Beirat schon 2019 den Startschuss gegeben hatte und der in diesem Jahr fortgeführt werden soll.

Dass die Implementierung von Basel III/IV nicht zur Disposition steht, war auch schon mit der früheren Bundesregierung deutlich. Der BDL hat das Bekenntnis zu investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen (Zugang zu Ratings und Erhalt des KMU-Faktors) begrüßt. Wir sehen jedoch die Herausforderung, den regulatorischen Vorschriften zu entsprechen und gleichzeitig den Mut aufzubringen, sich zu konkreten Erleichterungen und investitionsfreundlichen Sonderregelungen, das heißt zu Ausnahmen und Sonderwegen, zu bekennen. Insoweit wird auch das im Koalitionsvertrag enthaltene Bekenntnis zu Proportionalität in der Bankenaufsicht und -regulierung Mut brauchen.

Regulatorisches Umfeld

Auch die Betrachtung des Risikogehalts von Geschäftsmodellen bei der Regulatorik ist ein grundlegend richtiger, wichtiger Ansatz, auf den die Leasing-Branche seit Jahren setzt. In der Praxis besteht dazu enormes Potenzial. Der Austausch mit der Aufsicht, nicht zuletzt in unseren High-Level- und Round-Table-Gesprächen, ist bestens geeignet, die Regulatorik in Breite und Tiefe am Risikogehalt der Leasing-Branche zu orientieren und nochmals auf den "Systemfehler" hinzuweisen, dass Leasing keinen eigenen Aufsichtsmechanismus hat.

An den Ergebnissen muss sich die neue Regierung dann messen lassen. Insoweit muss die von der Bundesregierung versprochene Evaluation der Wirksamkeit von Finanzregulierung insgesamt im Hinblick auf Proportionalität, Finanzstabilität, Verbraucherschutz und Bürokratie im Wesentlichen als erneute Chance für einen eigenen leasing-spezifischen Aufsichtsmechanismus begriffen werden.

Der bereits unter Bundesfinanzminister Scholz in der "Großen Koalition" eingeleitete Prozess, die BaFin organisatorisch zu verändern und "schlagkräftiger" zu machen, wird 2022 Fahrt aufnehmen. Neben den Kompetenzen soll die Personalausstattung der BaFin erhöht werden. Die BaFin hat sich jüngst schon als "attraktiver Arbeitgeber" vorgestellt. Inwieweit die dringend zu bearbeitenden Themen Verbraucherschutz und die Geldwäscheprävention vom Personalaufbau profitieren, wird sich zeigen. Fluktuation von Fachwissen innerhalb der BaFin kommt grundsätzlich keiner Branche zugute. Nicht nur für das Ziel, Verbraucherverträge zum beiderseitigen Vorteil (der Leasing-Branche und der Verbraucher) rechts sicher zu gestalten, bietet die Leasing-Branche der BaFin über den BDL Leasing-Know-how an.

Steuerpolitisches Umfeld

Im Interesse investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen ist die Einrichtung neuer Substanzsteuern beziehungsweise die Erhöhung von Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht angezeigt. Folglich stellt sich die Frage der Finanzierung der politischen Vorhaben. Der BDL steht zeitlich befristeten "Superabschreibungen" nicht uneingeschränkt positiv gegenüber. Im Rahmen der Superabschreibungen soll Steuerpflichtigen in diesem und im kommenden Jahr ermöglicht werden, einen Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, die in besonderer Weise dem Klimaschutz oder der Digitalisierung dienen, vom steuerlichen Gewinn abzuziehen. Bei der Umsetzung wird es aus Sicht des BDL entscheidend darauf ankommen, dass diese Investitionsprämie auch für Leasing "funktioniert". Denn Leasing ist aufgrund seiner besonderen Eigenschaften geradezu prädestiniert für die Ermöglichung innovativer Investitionen in den Zukunftssegmenten Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Raum für Steuerreduzierungen ist in diesem Jahr und wohl auch in den kommenden Jahren angesichts der "Zukunftsinvestitionen" nicht angezeigt. Die zur Abmilderung der Coronafolgen eingeführte erweiterte Verlustverrechnung soll zeitlich bis 2023 verlängert und auf die zwei unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeiträume ausgeweitet werden. Größere Reformimpulse in steuerpolitischer Hinsicht sind in diesem Jahr und - aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen von SPD und Grünen einerseits und der FDP andererseits - wohl auch in den nächsten vier Jahren nicht zu erwarten.

Der konkrete Mehrwert der von der Bundesregierung angestrebten Finanzierungs- und Investitionserfordernisse sowie das Erfordernis des Bürokratieabbaus werden im Detail anhand konkreter Maßnahmen zu erarbeiten und zu bewerten sein. Der BDL unterstützt die Politik aus dem Blickwinkel der Leasing-Branche und ihrer mittelständischen Kunden. Im Sinne des Titels "Mehr Fortschritt wagen" ist der politische Handlungsbedarf erkannt. Die Transformationsaufgabe ist und bleibt jedoch zuvorderst eine Herausforderung für die Unternehmen. Im Bereich der von der Bundesregierung geplanten Initiativen ist der häufige Bezug auf bereits in Gang gesetzte europäische Initiativen auffallend, weshalb sich der BDL auch auf europäischer Ebene für die Leasing-Branche einsetzt.

Aus einer positiv-konstruktiven Perspektive bieten die Vorhaben der neuen Bundesregierung insgesamt viel Raum und Platz für die Ausgestaltung der angestrebten politischen Ziele. Der BDL wird die Möglichkeiten für einen tiefergehenden Austausch zu den Bedürfnissen und dem Mehrwert der Leasing-Branche nutzen.

Dr. Claudia Conen , Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher-Leasing-Unternehmen e.V. (BDL), Berlin
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